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Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 17.09.2003 06:00

Symposium der Schweizerischen Gesellschaft für Hydrologie und Limnologie in Luzern
Sorgenkind Wasser

Auch nach dem UNO-Jahr des Süsswassers bleibt das Thema Wasser aktuell. Sowohl bei der Wasserversorgung als auch bei der Siedlungshygiene gilt es in den nächsten Jahren, weltweit gewaltige Probleme zu lösen. Letzte Woche diskutierten Fachleute an einem Symposium in Luzern, welchen Beitrag die Schweiz zur Lösung dieser Probleme leisten könnte.

Von Felix Würsten

Es war nicht das erste Mal, dass Alexander Zehnder, Direktor der EAWAG in Dübendorf und Professor für Umweltbiotechnologie an der ETH Zürich, die Graphik erklärte. Doch das Diagramm, das den Zusammenhang zwischen Ernährung und Wasserverbrauch darstellt, hat nichts an Aktualität eingebüsst. An dem von der Schweizerischen Gesellschaft für Hydrologie und Limnologie (SGHL) (1) in Luzern organisierten Symposium rechnete Zehnder seinen Zuhörern vor, dass es mittelfristig unmöglich ist, die Weltbevölkerung in der bisherigen Art und Weise zu ernähren.

Um ein Kilo Brot herzustellen, braucht es etwa ein Kubikmeter Wasser. Will man dieselbe Energiemenge auf fleischlicher Basis erzeugen, benötigt man hingegen zehn Mal mehr Wasser. Wenn sich der gegenwärtige Trend fortsetzt, dass immer mehr Menschen einen Teil ihres Energiebedarfs mit Fleisch decken, kommt es zu einem Engpass, wie die Graphik deutlich macht. Wenn alle Menschen 20 Prozent ihres Energiebedarfs mit Fleisch decken, wird das verfügbare Süsswasser in zwanzig bis dreissig Jahren nicht mehr ausreichen, um genügend Nahrungsmittel für alle zu produzieren.

Zerstörung von Kulturland

Der Hunger nach immer mehr Lebensmitteln widerspiegelt sich auch in der bewässerten Fläche, wie André Mermoud von der EPF Lausanne zeigte. In den letzten 100 Jahren hat die bewässerte Fläche von 50 auf 260 Mio. Hektaren zugenommen. Immerhin konnte in den letzten Jahrzehnten die Zunahme gebremst werden. Zur Zeit nimmt die bewässerte Fläche um weniger als ein Prozent pro Jahr zu, deutlich weniger schnell also als die Weltbevölkerung. Mermoud wies darauf hin, dass nicht nur die Ausdehnung der bewässerten Fläche ein Problem darstellt. Sorgen bereitet auch, dass mehr und mehr Flächen durch den Einsatz von qualitativ schlechtem Wasser sowie Dünger und Pestiziden zerstört werden.

Heterogenes Bild

Wie viel Wasser für die Bewässerung zukünftig überhaupt zur Verfügung stehen wird, ist allerdings schwer zu sagen. Martin Wild vom Institut für Atmosphäre und Klima der ETH Zürich demonstrierte, dass die verschiedenen Klimamodelle bei den Niederschlägen ein sehr heterogenes Bild zeigen. Immerhin lassen sich doch generelle Aussagen machen. In Mitteleuropa dürfte die Entwicklung tendenziell in Richtung niederschlagreicher Winter gehen. Für die warme Jahreszeit rechnet Wild mit einer starken Abnahme der Bodenfeuchte, mit deutlich weniger Niederschlägen und mit höheren Temperaturen. Das Rekordjahr 2003 könnte also durchaus eine Vorahnung auf die zukünftige Entwicklung geben, so Wild.

Iterativer Prozess

Einen ganz anderen Problemkreis schnitt Christian Zurbrügg von der Abteilung Sandec der EAWAG an. 1,1 Milliarden Menschen haben keinen direkten Zugang zu sauberem Trinkwasser, mehr als doppelt so viele haben keinen Anschluss an eine vernünftige Sanitäranlage. Das im letzten Jahr am Weltgipfel von Johannesburg deklarierte Ziel, bis ins Jahr 2015 diese Zahl zu halbieren, stellt eine gewaltige Aufgabe dar, die mit den bisherigen Ansätzen kaum zu bewältigen ist. Es brauche, so Zurbrügg, einen neuen Weg, der weder ein Top-Down-Ansatz noch eine Bottom-up-Lösung sei, sondern eine Kombination davon. Man müsse von den Bedürfnissen der einzelnen Haushalte ausgehen und anschliessend in einem iterativen Prozess sämtliche gesellschaftlichen Ebenen in die Problemlösung einbeziehen.

Gespräche auf verschiedenen Ebenen

Für einen mehrschichtigen Lösungsansatz sprach sich auch Simon Mason von der Forschungsstelle für Sicherheitspolitik der ETH Zürich aus. Im Rahmen des internationalen Projekts "Econile" suchen Vertreter der Nil-Anrainerstaaten Äthiopien, Sudan und Ägypten mit Fachleuten aus Industrieländern nach Wegen, wie die Konfliktsituation am Nil gelöst werden könnte. Dabei wird ein so genanntes Multi-track-Konflikt-Management angestrebt. Die Konfliktparteien sollen dabei auf verschiedenen Ebenen die Probleme diskutieren und nach Lösungen suchen. Dazu braucht es einen Dialog auf Regierungs-, Experten- und Bevölkerungsebene, der sich nicht an den Positionen orientiert, welche die Parteien vertreten, sondern an den Interessen, welche diesen Positionen zugrunde liegen.


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Gebirge spielen eine zentrale Rolle für die globale Wasserversorgung. Bei zahlreichen Flusssystemen sind die Tiefländer von der Wasserzufuhr aus dem Hochland abhängig - eine Tatsache, die immer wieder für Konfliktstoff sorgt. (Bild: Daniel Viviroli, Universität Bern) gross

Verantwortung stärker wahrnehmen

Einig waren sich die Teilnehmer des Symposiums, dass der Forschungsplatz Schweiz einen wichtigen Beitrag zur Lösung dieser Probleme beitragen könnte. Der Altmeister der Gebirgsforschung, der emeritierte Geographieprofessor Bruno Messerli, appellierte in seiner gewohnt engagierten Art an die Zuhörer, die Schweiz müsse ihre Verantwortung in diesem Bereich stärker wahrnehmen als bisher.

Tatsächlich besteht hierzulande ein beträchtliches Potenzial, verfügt doch die hydrologische Forschung in der Schweiz über eine lange Tradition. Dennoch wird sie - zu Unrecht, wie die Referate zeigten - in der Öffentlichkeit kaum als zukunftsträchtige Disziplin wahrgenommen. Mit ein Grund dafür ist, dass die Aktivitäten aus historischen Gründen auf zahlreiche Institutionen verteilt sind. Schon seit längerem wird daher in Hydrologenkreisen diskutiert, eine "Stiftung Wasser Schweiz" (2) zu gründen, welche die Vernetzung der schweizerischen Wasserexperten stärken soll. Dabei ginge es insbesondere auch darum, den Kontakt mit anderen Disziplinen zu suchen, etwa mit den Sozialwissenschaften. Denn die anstehenden Probleme, auch darin war man sich in Luzern einig, lassen sich mit naturwissenschaftlichen Methoden alleine nicht lösen.


Siedlungsentwässerung im Wandel

Die Siedlungsentwässerung steht im Zentrum des EAWAG-Infotages 2003, der heute im Hauptgebäude der ETH Zürich stattfindet (3). Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Forschungsanstalt stellen aktuelle Forschungsergebnisse vor. Sie zeigen beispielsweise, wie sich Pharmazeutika in Kläranlagen verhalten, in welchem Mass die neuartigen Trenn-WC von den Konsumentinnen und Konsumenten akzeptiert werden und welche Probleme heftige Regenfälle in der Stadt verursachen.




Fussnoten:
(1) Homepage der SGHL: www.sghl.ch/
(2) Informationen zur Stiftung finden sich unter: www.sghl.ch/project.htm
(3) Das Programm des Infotages findet sich unter: www.eawag.ch/events/infotag/



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