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Rubrik: Tagesberichte |
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Sola-Stafette 2002 Running in the Rain |
Von Christoph Meier Zäh klebt der nasse Sand an den Füssen. Ich stehe irgendwo inmitten von Pfützen und beginne im Nieselregen zu frösteln. Da ruft der Speaker der Sola 2002 auf der Sportanlage Buchleren: "Alle in den Warteraum!" Dieser ist nichts anderes als der matschige Sandplatz. Soll ich also diesen Aufruf begrüssen in der Hoffnung, dass massierte und massiert stehende Läufer vielleicht etwas Wärme abgeben? Oder bricht bei soviel geballter Sportlichkeit wieder mein ganzer Mut zusammen? Immerhin gibt es noch Läufer mit Baumwollleibchen. Sportler sind glücklich Trotzdem frage ich mich, wieso ich mich schon wieder überreden liess teilzunehmen. Denn mein Team gilt als stark - meines Wissens alles so vergiftete Freizeit-Triathleten -, und ich kann eigentlich nur versagen. Nun, wie sagte doch Camus: Sisyphus ist ein glücklicher Mensch - und ich denke, viele Sportler auch. So warte ich denn stoisch und werde immer kälter. Unter diesen Umständen gefriert mein Lächeln fast, als mein Vorläufer eintrifft. Kurzes Aufmuntern seinerseits und gequältes Ablaufen meinerseits.
Schlieren motiviert Steif trabe ich aus Albisrieden davon und verfluche den relativ steilen und asphaltierten Abstieg ins Limmattal, bei dem sich meine Waden verhärten. Doch das ist ja erst der Anfang: Unten angekommen, lädt die wunderschöne Zürcherstrasse zum Flanieren ein, gekrönt von der Ortstafel "Schlieren". Immerhin motiviert mich die Tafel, möglichst rasch hier wegzukommen. Gestoppt werde ich dann erst wieder durch den Getränkestand. Gerne genehmige ich mir eine vollen Becher, auch wenn die isotonischen Getränke etwa gleich garstig sind wie das Wetter.
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Ziel Hönggerberg Verdutzt stelle ich fest, dass ich der einzige bin, der zum Trinken anhält. Meine Triathlon-Kollegen im Hinterkopf, werfe ich den Becher - als braver Schweizer in den Kübel - weg und hechle weiter. Ruhig fliesst die Limmat, und ich finde es schon fast harmonisch, wie Wasser zu Wasser kommt. Erde zu Erde - dafür ist es doch noch zu früh und zum Träumen bleibt nicht viel Zeit, denn das Ziel heisst Hönggerberg. Zum ersten Mal begreife ich, woher der zweite Teil des Namens kommt. Saure Beine Es geht tatsächlich aufwärts. Hätte ich einen Rhythmus, dann würde der jetzt sicher gebrochen durch die vielen Richtungswechsel. Diese Überlegung bestätigt mir, dass ich im Kopf noch sportlich bin. Also Kopf hoch - nicht etwa "Gring abä" - und weiter. Doch meine mentalen Selbstanspornversuche werden durch den Anblick von Reben getrübt. Diese bringen mich nämlich auf den Gedanken, dass der Wein dort sicher so sauer wird wie meine Muskeln. Das kleinere Übel Mittlerweile regnet es aber kräftig, sodass die Reben hinter einem Regenvorhang verschwinden und Schlieren nur noch auf meiner Brille sind. Zudem ist die Strecke weniger steil und schlotternde Fussballer auf der linken Seite zeigen mir, dass man auch im Sport zwischen verschieden grossen Übeln wählen kann. Doch nicht nur das. Als ich den Turm des Physikgebäudes auf dem Hönggerberg erblicke, versuche ich, wie es sich für einen zukunftsorientierten ETH-Angehörigen ziemt, möglichst schnell dort zu sein und trample schon fast stürmisch durchs Ziel.
Mein Folgeläufer lächelt - der einzige Grund kann nur darin liegen, dass er endlich weg kann - und nimmt mir den Bändel ab. So suche ich, zumindest gewichtmässig etwas erleichtert, meinen Rucksack mit den Ersatzkleidern. - Frisch angezogen zieht eine angenehme Wärme durch den Körper. Ich bin so duselig, dass ich mich - würde mich jemand fragen - für eine Teilnahme an der nächsten Sola wahrscheinlich sofort wieder bereit erklären würde. |
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Literaturhinweise:
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