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Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 15.03.2004 06:00

Ingenieurvermessung 2004
Mit Präzision durch den Berg

Die Geomatik spielt heute in vielen Bereichen eine entscheidende Rolle. So etwa bei der Überwachung des Lebensraums oder bei der Planung und beim Bau von Verkehrswegen. Auf dem Hönggerberg diskutieren diese Woche Experten über neue Aspekte der Ingenieurvermessung.

Von Felix Würsten

Die Geodäsie hat in den letzten Jahren einen rasanten Wandel erlebt. Die Einführung des satellitengestützten "Global Positioning System" (GPS) und die kontinuierliche Verbesserung der terrestrischen Messgeräte ermöglichen heute sehr präzise Positionsbestimmungen. "In der Öffentlichkeit ist man sich kaum bewusst, dass bei der dreidimensionalen Vermessung auf und unter der Erdoberfläche inzwischen wahre High-Tech-Geräte eingesetzt werden", meint Hilmar Ingensand, Professor am Institut für Geodäsie und Photogrammetrie der ETH Zürich (1), (2).

Dazu kommt, dass sich das Anwendungsspektrum der Geodäsie in den letzten Jahren laufend erweitert hat. Mit Hilfe von geographischen Informationssystemen lassen sich beispielsweise geodätische Daten problemlos mit beliebigen anderen Raumdaten kombinieren. Am 14. Internationalen Kurs für Ingenieurvermessung diskutieren diese Woche rund 250 Experten und Expertinnen auf dem Hönggerberg über neue Entwicklungen in der Geodäsie und Geomatik (3).

Schutz des exponierten Siedlungsraums

Drei Bereiche stehen in den nächsten Tagen im Vordergrund: aktuelle Ingenieur-Projekte, neue Entwicklungen im Gebiet Mess- und Auswertetechnik sowie Monitoring und Navigation. "Gerade im alpinen Raum ist das Thema Monitoring als Teil des Risikomanagements von zentraler Bedeutung", erklärt Ingensand. Dabei geht es nicht nur darum, sensible Bauwerke wie etwa Staumauern zu überwachen, sondern auch um den Schutz des Siedlungsraums. "Der Mensch dringt immer weiter in den Gebirgsraum vor und muss sich deshalb mehr und mehr vor Naturgefahren wie Felsstürzen, Hangrutschungen, Eisabbrüchen und Lawinen schützen", meint Ingensand.

Die Geodäsie liefert dazu einen wichtigen Beitrag. Mit den modernen Präzisionsinstrumenten lassen sich exponierte Hangpartien kontinuierlich überwachen und gefährliche Massenbewegungen rechzeitig erkennen. Wie eine Studie im Auftrag des Kantons Wallis im Zusammenhang mit potentiell gefährlichen Gletschern letztes Jahr zeigte (4), stellt die Überwachung mit Hilfe der Ingenieurvermessung eine vergleichsweise kostengünstige und effiziente Massnahme dar, um das Risiko zu minimieren.

Der Vermessungskreisel der ETH im Einsatz zur hochpräzisen Richtungsübertragung im AlpTransit-Schacht Sedrun. gross


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Der im Rahmen eines KTI-Projektes von der ETH mitentwickelte Gleismesswagen bei Testmessungen mit Studierenden im Wallis. (Bilder geomETH) gross

Tunnel in Bewegung

Ein anderes wichtiges Thema der Tagung, das insbesondere aus Schweizer Sicht interessiert, ist die Präzisionsnavigation unter der Erdoberfläche. "Der Bau des 57 Kilometer langen Gotthard Basistunnels stellt die Ingenieurvermessung vor neue Herausforderungen", erklärt Ingensand. So wird beim Durchschlag des Tunnels eine maximale Abweichung von 10 Zentimetern gefordert. Damit dieses Ziel erreicht werden kann, müssen die Tunnelbohrmaschinen mit hoher Präzision durch den Berg gelenkt werden. Je nach dem, wie die geologischen Verhältnisse sind, ist dies gar nicht so einfach zu bewerkstelligen.

Auch nach dem Ausbruch sind geodätische Messungen gefragt. "Ein Tunnel ist kein statisches Bauwerk", meint Ingensand, "Vielmehr verformt er sich im Laufe der Zeit." Im Fall des Gotthard-Basistunnels beispielsweise wirkt sich die regional unterschiedlich schnelle Hebung der Alpen auf das Bauwerk aus. Damit Abweichungen von der prognostizierten Deformation möglichst früh erkannt werden, wird der ausgebrochene Tunnel laufend überwacht.

Rasant auf Fester Fahrbahn

Noch strengere Anforderungen müssen schliesslich beim Einbau der Gleise erfüllt werden. Hier darf die Abweichung lediglich einen Millimeter betragen. Nur so kann sichergestellt werden, dass die Züge dereinst auch wirklich mit Geschwindigkeiten von bis zu 250 km/h durch die Alpen fahren können. Bei den modernen Hochgeschwindigkeitsstrecken werden die Schienen nicht mehr auf Schwellen im Schotterbett gelagert, sondern sie werden fest mit dem Gleiskörper verankert, damit sie durch die schnell fahrenden Züge nicht deformiert werden.

Das Prinzip der sogenannten Festen Fahrbahn funktioniert jedoch nur, wenn die vorgefertigten Elemente mit hoher Genauigkeit eingebaut werden. Kleine Abweichungen können sich über Kilometer hinweg zu beträchtlichen Differenzen summieren. Wird die geforderte Präzision jedoch eingehalten, ermöglicht die Feste Fahrbahn ein äusserst ruhiges Fahren der Züge. Dies zeigt sich etwa im neuen Eisenbahntunnel Zürich-Thalwil, bei dem eine Feste Fahrbahn installiert wurde. Beim Bau des Tunnels wurde auch ein neuer, von der ETH mitentwickelter Gleismesswagen eingesetzt, mit dem die genaue Position der Schienenelemente bestimmt werden kann.


Fussnoten:
(1) Homepage des Instituts: www.igp.ethz.ch/
(2) Homepage des Studiengangs Geomatik : www.geomatik.ethz.ch/
(3) Homepage der Konferenz: www.iv2004.ethz.ch/
(4) Siehe dazu ETH-Life-Bericht "Eisige Gefahr": www.ethlife.ethz.ch/articles/Glaciorisk.html



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