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Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 28.11.2003 06:00

CEPE-Studie zur Flexibilisierung des Wasserzins
Der Wert des Wassers

Die Besteuerung der Wasserkraft stellt für die Gebirgskantone eine wichtige Einnahmequelle dar. Das CEPE der ETH Zürich schlägt nun in einer Studie einen Systemwechsel vor. Aus ökonomischen Überlegungen soll der Wasserzins flexibilisiert werden. Bei den Auftraggebern der Studie stösst der Vorschlag auf Skepsis und Ablehnung.

Von Felix Würsten

Die Nutzung der Wasserkraft ist nicht nur ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für die Schweiz; sie ist auch eine bedeutende Einnahmequelle für die öffentliche Hand. Allein die Kantone nehmen 280 Mio. Franken pro Jahr an Wasserzinsen und Steuern aus der Wasserkraft ein; das sind 4,6 Prozent ihrer gesamten Steuereinnahmen. In einzelnen Gebirgskantonen – namentlich in Uri, Graubünden und im Wallis – machen die Wasserzinsen gar 12 bis 22 Prozent der Steuereinnahmen aus. Das Centre for Energy Policy and Economics (CEPE) (1) der ETH Zürich hat nun im Hinblick auf die sich abzeichnende Liberalisierung des Strommarkts das heutige Prinzip der Besteuerung kritisch unter die Lupe genommen. Die Forscher kommen zum Schluss, es brauche ein neues System, das sich an ökonomischen Grundsätzen orientiere.

"Suboptimale Lösung"

Heute werden alle Wasserkraftwerke mit einem einheitlichen Tarif besteuert, der von Kanton zu Kanton variiert. Der Bund legt einzig fest, wie hoch die Belastung maximal sein darf. "Durchschnittlich müssen die Kraftwerkbetreiber pro erzeugte Kilowattstunde 1,1 Rappen an Wasserzinsen entrichten", erklärt Massimo Filippini, Professor für Volkswirtschaft und Leiter der Studie. "Es handelt sich also um einen bedeutenden Kostenfaktor für die Kraftwerke." Filippini bemängelt nun, das bestehende System sei aus ökonomischer Sicht nicht optimal und passe nicht zu einem liberalisierten Markt.

Für einen Kraftwerkbetreiber hat das Wasser nicht überall den gleichen Wert, erklärt der Ökonom. Je nach dem , wo ein Kraftwerk steht, sind die Kosten für Bau und Betrieb unterschiedlich hoch. Umgekehrt können nicht alle Kraftwerke den Strom auf dem Markt gleich teuer verkaufen. "Die Frage ist also: wie bestimmt man den Wert der Ressource Wasser und wie viel muss man dafür bezahlen?"

Umverteilung auf beiden Seiten

Die Verfasser der Studie schlagen vor, die Kraftwerke nicht mehr anhand der Bruttoleistung zu besteuern, sondern auf Grund ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. "Unser System basiert auf der bekannten Theorie der Ressourcenrendite", erklärt Filippini. "Konkret heisst das: Der Wasserzins richtet sich nach dem Ertrag, den man abzüglich der Aufwendungen aus der Nutzung der Ressource Wasser erzielt. Wie gross der Anteil ist, den man davon als Wasserzins abschöpft, ist eine normative Frage und muss politisch festgelegt werden."

Möchte die Besteuerung der Wasserkraft flexibilisieren: Massimo Filippini vom CEPE. gross


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Für die Gebirgskantone ist die Nutzung der Wasserkraft von existentieller Bedeutung. Im Bild die Staumauer Solis (GR) (Bild: B. Etter / VAW Fotodienst) gross

Ein solcher Systemwechsel würde zu einer starken Umverteilung führen. "Hochrentable Werke müssten zukünftig mehr Wasserzins entrichten, kapitalintensive, wenig rentable Werke würden hingegen weniger stark belastet", meint Filippini. Auch auf Seiten der Kantone und Gemeinden gäbe es Gewinner und Verlierer. "Ein Systemwechsel müsste auf jeden Fall durch flankierende Massnahmen abgedämpft werden", räumt Filippini ein, "beispielsweise über den kantonalen Finanzausgleich." Der Forscher ist überzeugt, dass ein solches System durchaus funktionieren würde. "In Norwegen wendet man es bei der Besteuerung der Wasserkraft schon heute an", meint er.

Skepsis bei den Kraftwerkbetreibern

Bei den Auftraggebern der Studie stossen diese Vorschläge auf wenig Begeisterung. Die Interessengruppe Wasserkraft (IGW) begrüsst zwar grundsätzlich die Idee, die Besteuerung des Wassers zu flexibilisieren, wie Gianni Biasiutti, Direktor der Kraftwerke Oberhasli, erklärt. "Wir bezweifeln jedoch, dass das vorgeschlagene System umsetzbar ist." Die IGW könnte sich auch einfachere Lösungen vorstellen, die sich mehr am heutigen System orientieren. "Für uns ist vor allem wichtig, dass kapitalintensive Erneuerungen und Erweiterungen steuerlich entlastet werden", meint er. Die IGW sieht sich durch die Studie in ihrer Auffassung bestätigt, dass die Ressource Wasser heute in der Schweiz tendenziell zu hoch besteuert wird.

Ablehnung bei den Gebirgskantonen

Auf kategorische Ablehnung stösst der Vorschlag des CEPE bei der Regierungskonferenz der Gebirgskantone (RKGK). "Die im Bericht propagierte Methode stelle keine Alternative zur bewährten Regelung dar", hält Pankraz Freitag, Regierungsrat des Kantons Glarus und Präsident der RKGK, dezidiert fest. "Allein schon der grosse Aufwand, den das CEPE betreiben musste, um an die Zahlen für die Studie zu gelangen, zeigt doch, dass das System nicht praktikabel ist." Freitag befürchtet, dass es bei einem Systemwechsel zu langwierigen Rechtsstreitigkeiten kommen wird.

Mühe bereitet den Kantonen offenbar die Vorstellung, dass ihre Steuereinnahmen aus der Wasserkraft nicht mehr fest kalkulierbar sind, sondern von der aktuellen Marktentwicklung abhängen. "Der Betrieb von Kraftwerken ist eine langfristige Angelegenheit", meint Freitag, "eine kurzfristig orientierte Besteuerung ist da nicht angemessen." Einen positiven Punkt kann Freitag der Studie immerhin auch abgewinnen. "Die Zahlen zeigen klar, dass die Schweizer Stromproduzenten im Vergleich zum Ausland moderat besteuert werden."

Zurückhaltung beim Bund

Der Bund nimmt die Kontroverse vorerst gelassen zur Kenntnis. "Die Studie bietet ein Fülle an wertvollen Informationen und Daten", meint Christian Furrer, Direktor des Bundesamtes für Wasser und Geologie (BWG) (2). "Doch es dürfte sehr schwierig sein, ein solches System einzuführen." Der vom Bund festgelegte Höchstansatz sei eine politisch definierte Grösse mit Ausgleichscharakter. "Wir versuchen, den verschiedenen Interessen gerecht zu werden. Dieses Vorgehen hat sich bis jetzt bewährt", meint Furrer. "Und solange von den Kantonen und Kraftwerkbetreibern nicht klare Signale für einen Systemwechsel kommen, besteht für uns kein Anlass zu handeln."


Fussnoten:
(1) Homepage des CEPE: www.cepe.ethz.ch/
(2) Homepage des Bundesamtes für Wasser und Geologie: www.bwg.admin.ch/



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