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Rubrik: Tagesberichte |
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Wem die Stunde schlägt Wem die Stunde schlägt |
Florian Schwandner, schwandner@erdw.ethz.ch, D-ERDW, IMP, schrieb folgendes am Freitag 19. Okt. 2001, 14:26 Uhr Zürich Flughafen Kloten, ein Nachmittag Ende September. Zwischen Menschenmassen gestrandeter Passagiere kann man trotz des ungewohnten Lärms immer wieder den Gong hören, der die vielen skurrilen Ansagen einläutet - fast Endzeitstimmung. ETH Zentrum, 18. Oktober, NO Gebäude. In diesem renovationsbedürftigen Bau direkt neben dem Maschinenlaboratorium, das zu den ältesten des Polytechnikums gehört, gehen Studenten im Prüfungsstress, Museumsbesucher und Wissenschaftler ein und aus. Die geschäftige Ruhe ist trotz der schlechten Akustik im Innenhof schon fast ein Wahrzeichen des Gebäudes, nur manchmal unterbrochen von Schulklassen, die im Museum geführt werden. Noch hat der Vorlesungsbetrieb nicht wiederbegonnen. Arbeitskollegen diskutieren Unverständliches im Gang, das Klappern der Tastaturen dringt verhalten aus den Büros, und ab und zu fällt eine Tür ins Schloss. Wem die Stunde schlägt wissen ab heute aber alle im Gebäude - Fast bleibt einem das Herz stehen, so laut tönt die neue Stundenglocke durchs Gemäuer. Die Diskutierenden verstehen das eigene Wort nicht mehr, die Menschen in den Büros vertippen sich und ein Museumsbesucher hält sich die Ohren zu. Sie erinnert an die Flughafenansage, die neue Stundenglocke im Haus: unnangekündigt, die Nerven zerreibend, Gegenstand vieler Ärgernisse, neuer Witze sowie der Unterhaltung unter Kollegen und Studenten. Wem soll hier angezeigt werden, dass die Stunde wechselt? Die Vorlesungsräume sind fast alle im C-Stock untergebracht, alle anderen Etagen wohl fördern die Tortur: der halbstündige Tropfen auf immer die gleiche Stelle auf den Kopf. Dass man während dem Signal jegliche Telefonate, Gespräche und Erläuterungen für Studenten unterbrechen muss, ist noch das geringere Übel. Dass man im Labor durch die viel zu laute Glocke (die eher an eine Kirchenorgel erinnert) die Konzentration verliert, ist gefährlich. Vor allem ist es unnötig. Vielleicht sind bereits die Studenten von der Schiesspflicht so taub, dass sie sonst zu spät zum Unterricht kämen? Das rechnet allerdings nicht den Frauen- und Ausländeranteil ein - diese Hälfte der "Hausbevölkerung" wird das Gehör auf diese Art ohnehin sehr schnell verlieren und gleichziehen können, wenn sie nicht vorher am Gong-Infarkt von uns gehen. Wem die Stunde schlägt... |
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