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Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 12.03.2001 06:00

"Internationale Woche des Gehirns"
Hirnforschung im Dialog

BSE, Stress, Sucht, und Schlaganfall: Themen von breitem Interesse stehen auf dem Programm der heute beginnenden "Internationalen Woche des Gehirns" in Zürich. Nah bei der Bevölkerung zu sein, ist das erklärte Ziel der Veranstaltung. "Wir wollen den Dialog mit der Öffentlichkeit führen", sagt Wolfgang Knecht, Leiter des Organisationskomitees und Managing Director des Zentrums für Neurowissenschaften Zürich im Gespräch mit ETH Life.

Von Dora Fitzli

Im Rahmen der "Woche des Gehirns" finden Foren, Vorträge, Besuchstage für Mittelschulen und eine Kunstausstellung statt (Programm [1). Auf welche Veranstaltung freuen Sie sich am meisten?

Gute Frage. Ich finde alle Veranstaltungen sind aktuell und spannend. Ich persönlich würde sagen: "Nahrung fürs Gehirn". Heutzutage wird immer mehr diskutiert, wie wir unsere Nahrung manipulieren können, um "additional benefits" für uns zu erhalten. Zum Beispiel: Bessere Aufmerksamkeit, besseres Gedächtnis. Darüber wird in der Industrie, bei Nestlé zum Beispiel, ernsthaft nachgedacht. Das ganze läuft unter "Functional Food".

BSE, Schlaganfall, Migräne, Stress sind einige der anderen Themen der Woche. An diesen Abendveranstaltungen ist fast die halbe Zeit für Diskussion mit dem Publikum eingeplant. Was ist die Absicht dahinter?

Die ganze Veranstaltung ist ja für die Öffentlichkeit gedacht. Wir wollen eben nicht einen Monolog, sondern einen Dialog mit der Öffentlichkeit führen. Uns ist es sehr wichtig, dass die Leute auch Fragen stellen können, dass dann eben auch eine Diskussion zustande kommt. In der Vergangenheit hat sich auch gezeigt, dass das sehr gut geeignet ist, um die Forschung den Leuten näher zu bringen.

Neben den Foren und Vorträgen sind die Besuchtage für Mittelschulen in Forschungsinstituten und Kliniken ein wichtiger Programmteil der "Woche des Gehirns". Wie ist das Interesse von den Lehrerinnen und Lehrern?

Sehr hoch. Wie jedes Jahr sind wir praktisch ausgebucht. Wir haben elf Zusagen für vierzehn Angebote. Einige Lehrer kommen jedes Jahr mit ihren Klassen wieder. Die finden das fantastisch.

Im Rahmen der Woche des Gehirns findet diese Woche zum ersten Mal eine Kunstausstellung mit "Art Brut"-Werken statt. Wie ist diese Ausstellung zustande gekommen?

Wir haben jemanden hier im Zentrum für Neurowissenschaften Zürich (ZNZ [2), Dominique Gygax, die sich sehr für Kunst interessiert. Und so kam sie mit der Idee, Kunst und Gehirn miteinander zu verbinden. Dies kam dann im Organisationskomitee sehr gut an. - Wir haben Poster dazu vorbereitet, die Hintergrundinformationen geben werden, was Kunst eigentlich mit dem Gehirn zu tun hat. Frau Gygax wird auch jeden Nachmittag für das Publikum da sein. Das ist einmal eine andere Art, an die Sache heranzugehen.

Die BrainFair, eine interaktive Ausstellung im ETH-Hauptgebäude, war vor einem Jahr DER grosse Publikumserfolg. Warum hat man in diesem Jahr das Konzept gewechselt?

Die BrainFair war ein Riesenaufwand, den man nicht jedes Jahr betreiben kann. Die Vorbereitungszeit betrug eineinhalb Jahre. Das muss man wirklich so lange im voraus planen. Dazu kommt, dass wir denken: Klar muss man informieren, auch regelmässig, aber wir wollen das Thema auch nicht tottrampeln. - Und wenn wir jetzt in dem Rahmen bleiben, wie die anderen Städte in der Schweiz (Übersicht [3), dann ist das in Ordnung. Zürich muss nicht immer einen so grossen Event machen. Wir wollen das nur alle drei, vier Jahre mal machen.

Zusammengefasst, was ist das Ziel der "Woche des Gehirns"?

Das grosse Ziel ist, die Öffentlichkeit zu informieren, was an der Hochschule vorgeht und den Dialog zur Öffentlichkeit herzustellen. Dass wir nicht nur sagen, was wir machen, sondern auch hören, was die Bevölkerung betrifft und was für die Bevölkerung interessant ist. Wir haben Themen ausgewählt, die von grossem Interesse sein werden, weil sie momentan in allen Schlagzeilen sind. Wir wollen zeigen, dass die Forschung hier an der Uni und an der ETH da auch etwas zu bieten hat.

Musste sich diese Veranstaltung nie gegen den Vorwurf des Lobbying wehren?

(kurze Pause) Nein, das ist mir nicht bekannt. Gibt es solche Vorwürfe?

Nicht dass ich wüsste, doch man könnte sich schon vorstellen, dass solche kommen. So in der Art: Die Wissenschaft oder die Forscher wollen uns jetzt einfach um den Finger wickeln.


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Wolfgang Knecht, Managing Director ZNZ
Wolfgang Knecht, Managing Director des Zentrum für Neurowissenschaften (ZNZ) gross

Ich sehe das hier tatsächlich vor allem als Informationspflicht von uns aus. Wir haben Verpflichtungen, weil wir zum Teil auch von Steuergeldern leben.

Und wie wird die Veranstaltung finanziert?

Wir haben einige generöse Geldgeber und auch noch ein wenig Geld vom letzten Jahr übrig. Das hat dann zusammen gereicht.

Dann kommt der Hauptteil von privaten Sponsoren?

Über zwei Drittel kommen jetzt neu von privaten Sponsoren, wobei übrigens die meisten schon letztes Jahr dabei waren. Die waren also zufrieden mit uns und gaben uns gerne noch einmal etwas. Das ist auch wieder ein Zeichen, dass das Konzept gut gelungen ist.

An den verschiedenen Veranstaltungen beteiligen sich viele Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Wie gelang es Ihnen, so viele Forschende zur Mitwirkung zu motivieren und das jedes Jahr von neuem?

Gut, das sind ja nicht jedes Jahr die gleichen. Doch im allgemeinen sind die Leute sehr hilfsbereit. Ich habe noch nie gehört, wenn wir jemanden angesprochen haben, dass er gesagt hat: Nein, das interessiert mich nicht. Ich sehe es eher so, dass die Forscher sich auch mitteilen wollen. Sie wollen zeigen, was bei ihnen gemacht wird.

Gibt es die Verpflichtung oder Anreize für ZNZ Forschende, sich zu beteiligen?

Nein. Wir sagen einfach, wer bei uns im Zentrum mitmacht, wird aufgefordert, sich zu beteiligen. Aber das ist keine formelle Verpflichtung. Ich glaube, das Zentrum ist dazu da, die Woche des Gehirns zu organisieren, weil es eigentlich von den Forschern selbst gewünscht wird. Es waren ja die Forscher, die sich am Anfang zusammengesetzt und entschieden haben, wir wollen so ein Zentrum, um unsere Interessen besser zu verwirklichen. Und ein Interesse ist, an die Öffentlichkeit zu gelangen.

Welches Feedback gelangte in den vergangenen Jahren von den beteiligten Forscherinnen und Forschern zu Ihnen zurück?

Im letzten Jahr, an der BrainFair 2000, hatten wir sehr viel Publikumskontakt. Da habe ich mit vielen Beteiligten gesprochen. Viele Forscher haben mir gesagt: Es ist sehr interessant, wenn man Laien etwas erklären muss. Das ist auch für uns sehr gut. Es gab viele interessante Fragen aus der Öffentlichkeit. Diese haben die Forschenden zum Denken angeregt. Daraus entstanden teilweise ganz neue, fruchtbare Ansätze. Die BrainFair wirkte sehr positiv auf beide Seiten: Auf die Forschenden, wie auch auf die Öffentlichkeit. An negativen Dingen habe ich nur gehört: Man muss den ganzen Tag da sein und das ist sehr ermüdend. Doch die BrainFair selbst scheint ganz gut gelungen zu sein.


Zur Person

Wolfgang Knecht (Jahrgang 1962) ist seit 1998 Managing Director des Zentrums für Neurowissenschaften Zürich (ZNZ) und war von Anfang an am Aufbau des Kompetenzzentrums beteiligt. Er ist verantwortlich für die Organisation und Koordination der interdisziplinär ausgerichteten Doktorandenausbildung wie auch für den Ausbau und die Pflege der Kontakte zur Industrie. Der Physiker und Ingenieur hat an der ETH zu einem Thema aus der Neuroinformatik doktoriert. Dabei befasste er sich mit der Unterdrückung von störenden Nebengeräuschen für die Verbesserung von Gehörapparaten. Knecht betont, dass ihm Anwendung wissenschaftlicher Erkenntnisse sehr wichtig sei und er sich auch am ZNZ stark darum bemühe.




Literaturhinweise:
1: Programm "Internationale Woche des Gehirns", 12. -17. März 2001 in Zürich: www.neurozh.ch/brainweek2001/
2: Homepage des Zentrums für Neurowissenschaften Zürich: www.neurozh.ch/
3: Gesamtschweizerische Übersicht der Veranstaltungen der "Internationalen Woche des Gehirns": www.unil.ch/edab/edab_D/D_semaine_du_cerveau.htm



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