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Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 27.01.2006 06:00

Archiv für Zeitgeschichte geht online
Die Zukunft der Vergangenheit

Das Archiv für Zeitgeschichte der ETH öffnet heute die Türen zu seinem virtuellen Lesesaal. Ab sofort können Interessierte umfassend in seinen Beständen recherchieren und sowohl Text- und Bilddokumente über das Web einsehen als auch digitalisierte Tonaufnahmen anhören. Die Online-Version des Archivs basiert auf einer neuartigen Technologie, die heute am „1. Swiss Innovation Forum“ präsentiert wird.

Claudia Naegeli

„AfZ Online Archives“ nennt sich der neue virtuelle Informationsraum des Archivs für Zeitgeschichte der ETH Zürich (1)(2). Die Realisierung dieses Portals bedeutet für Daniel Nerlich, den stellvertretenden Archivleiter, die Verwirklichung einer Vision. „Wir möchten möglichst viele Originaldokumente in ihrem historischen Kontext per Mausklick zugänglich machen“, erklärt er. Unabhängig von Zeit und Ort sollen Geschichtsinteressierte Zugang zum Dokumentationszentrum erhalten und sich auf möglichst einfache Weise die gewünschten Informationen beschaffen können.

Vom Plakat bis zum Dokumentarfilm

In erster Linie handelt es sich bei den Beständen um Quellenmaterial zur schweizerischen und allgemeinen Zeitgeschichte von der Zwischenkriegszeit bis in die Gegenwart. Die thematischen Schwerpunkte des Archivs liegen in den Bereichen Zweiter Weltkrieg und Holocaust, Wirtschaftspolitik sowie Kalter Krieg und Sicherheitspolitik. Die Dokumentationsstellen für Jüdische Zeitgeschichte, Wirtschaft und Zeitgeschichte sowie der Dokumentationsbereich „Schweiz – Kalter Krieg“ sind mit der Sicherung und Erschliessung entsprechender Archive befasst.

Zu den Highlights bereits digitalisierter Bestände gehören rund 500'000 Presseartikel zur Schweizer Wirtschaftspolitik der Jahre 1943 bis 1974, Tondokumente zu 140 Kolloquien mit Zeitzeugen seit 1973 sowie die Plakatsammlung der Gesellschaft zur Förderung der schweizerischen Wirtschaft, die 250 Abstimmungsplakate aus den vierziger Jahren bis in die Gegenwart umfasst. Ausserdem sind 18 ausgewählte und unveröffentlichte Dokumentarfilme des Journalisten und Fotografen Walter Bosshard aus den 1930er und 1940er-Jahren im AfZ archiviert.

Nicht im Datenmeer ertrinken

„Wir möchten all diese digitalisierten Dokumente nun der Forschung zur Verfügung stellen“, sagt Daniel Nerlich. Da sich das schweizerische Urheberrecht zurzeit in Revision befände, müsse man allerdings schrittweise vorgehen, räumt der Historiker ein. „Gewisse Vorsichtsmassnahmen haben wir bereits getroffen. So sind beispielsweise die digitalisierten Plakate zur Identifizierung mit einem Copyright-Wasserzeichen versehen“, fügt er an.


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Screenshot vom virtuellen Lesesaal: Dank modernster Technologie können wertvolle Dokumente von Zuhause aus angesehen werden (Bild: Archiv für Zeitgeschichte). gross

Damit der Besucher des Online-Archives nicht in einer Fülle von Daten ertrinkt, setzten die Archivbetreiber auf eine innovative Technologie bei der Recherche in ihren Beständen. Das so genannte „Xylix Retrieval System“ ist eine probabilistische Search Engine, die einen Suchbegriff immer in der Relation zu seiner Häufigkeit in einem Text berücksichtigt. Treffer können mit der Bestandestektonik synchronisiert werden, deren Untergliederungen links am Bildschirm anzeigt werden. „Auf ein ausgeklügeltes Suchsystem haben wir besonderen Wert gelegt“, sagt Daniel Nerlich. Schliesslich sei strukturierte Information der Sinn und Zweck eines Archivs.

Junge Medien für alte Bestände

Für die Aufschaltung der Dokumentationen der Vergangenheit haben Daniel Nerlich und sein Team deshalb auf die Technologie der Zukunft gesetzt. „Wir arbeiten mit jungen Informatikern zusammen, welche das Retrieval System für uns entwickelt haben“, erklärt er. Mit dieser Strategie scheinen die Archivbetreiber genau richtig gelegen zu haben. Denn das Computersystem hat bereits vor der eigentlichen Aufschaltung des Online-Archivs Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Heute können die Beteiligten des „AfZ Online Archives“ ihre geleistete Arbeit am „1. Swiss Innovation Forum“ präsentieren (3). Das Forum richtet sich an Vertreter aus den Bereichen Wirtschaft, Bildung und Politik und soll die Entwicklung von Innovationen in der Schweiz fördern.

Daniel Nerlich erhofft sich vom Auftritt am Innovations-Forum vor allem zwei Dinge: „Dass die Retrievaltechnologie auf Interesse in der Wirtschaft stösst und dass das AfZ-Online-Archiv ETH-intern im Rahmen der ICT-Massnahmen als Konzept zur Archivierung digitaler Daten geprüft wird.“ Doch im Zentrum steht für den Historiker vor allem, dass Schätze der Vergangenheit von zukünftigen Generationen entdeckt werden können. „Wenn wir die Generationen von morgen erreichen möchten, müssen wir dabei auch auf die Medien dieser Generation setzen.“ Ausserdem, so Daniel Nerlich, schaffe eine Digitalisierung der Archivbestände einen weiteren Mehrwert: Wertvolle Dokumente, die vom Zerfall bedroht sind, können in dieser Form für die Nachwelt bewahrt werden.


Fussnoten:
(1) Zur Website des Archivs für Zeitgeschichte: www.afz.ethz.ch
(2) Zu „AfZ Online Archives“: http://onlinearchives.ethz.ch
(3) Mehr Informationen zum „1. Swiss Innovation Forum“ finden Sie unter:www.ch-innovation.ch



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