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Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 07.11.2002 06:00

Strauss' Alpensinfonie und die vier letzten Lieder
Alpen zum Klingen gebracht

Zum Jahr der Berge stellten sich die akademischen Orchester der Herausforderung der Alpensinfonie von Richard Strauss im Kultur- und Kongresszentrum Luzern. Das Wagnis lohnte sich, doch wurden auch die Anstrengungen in diesen musikalischen Höhen hörbar.

Von Christoph Meier

"Will man nun ein in Stimmung und konsequentem Aufbau einheitliches Kunstwerk schaffen, und soll dasselbe auf den Zuhörer plastisch einwirken, so muss das, was der Autor sagen wollte, plastisch vor seinem geistigen Auge geschwebt haben. Dies ist nur möglich infolge der Befruchtung durch eine poetische Idee, mag dieselbe nun als Programm dem Werke beigefügt werden oder nicht". Diese Sätze schrieb Richard Strauss 1888 an Hans von Bülow und was dabei für den Komponisten gilt, können sicher auch die Interpreten beherzigen. Auf jeden Fall hörte man bei der Aufführung der Alpensinfonie mit den verstärkten akademischen Orchestern letzten Dienstag die zugrunde liegenden naturalistischen Vorstellungen. Dem Dirigenten Johannes Schlaefli gelang es überzeugend, bei der musikalischen Bergtour die verschiedensten Stimmungen heraufzubeschwören.

Fast zu naturalistisch

So versetzte bereits der dunkle Beginn das Publikum in nächtliche Atmosphäre, in der das Bergmotiv bei den tiefen Bläsern wie ein flüchtiger Traum erstmals erschien. Auch der Sonnenaufgang vermochte zu glänzen. Doch nicht nur der Anfang gelang. Wie es sich für eine abwechslungsreiche Bergtour gehört, wechselten sich bedrohliche mit idyllischen, hehre mit ländlichen Augenblicken ab. Bei den blumigen Wiesen zum Beispiel mit duftigen Cello-Pizzicati sah man auch, wie gewisse Streicher in den Blechbläserwogen schwelgten. Manchmal geriet die Aufführung aber fast zu naturalistisch. Die Gipfelankunft illustrierte die Oboe überzeugend mit einem Stammeln. Dabei blieb ihr zwar die Spucke nicht weg blieb, aber sie geriet in eine Klappe, was einen ungewollten Japser bewirkte.

Zum Sterben schön

Eine alte Bergsteigerweisheit bewahrheitete sich auch in der musikalischen Umsetzung: Eine Bergtour ist auf dem Gipfel noch nicht beendet.


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Die Sopranistin Noëmi Nadelmann nimmt den Applaus für ihre Interpretation von Strauss" vier letzten Liedern entgegen. gross

Im zweiten Teil der Alpensinfonie zollten vor allem die Bläser den Anstrengungen Tribut, was sich in mehreren unreinen Einsätzen äusserte. Dieses unfreiwillige naturnahe Stolpern kompensierten die Musizierenden mit einem ungebrochenen Gestaltungswillen, und insbesondere das Horn konnte immer wieder das Gefühl für Weite hervorrufen. Das delikate Glissando der Streicher kurz vor Schluss war dann nochmals zum Sterben schön. Verständlich, dass danach das Orchester keine Zugabe mehr geben wollte.

Üppiges Vibrato

Vor der Pause hatte die Zürcher Sopranistin Noëmi Nadelmann ihren ersten Auftritt mit den "vier letzten Liedern" von Richard Strauss. Obwohl sie von Anfang an keine Mühe bekundete, sich stimmlich gegen die akademischen Orchester durchzusetzen, wirkten die zwei ersten Lieder etwas uninspiriert. Vor allem das üppige Vibrato hätte vielleicht etwas dosierter eingesetzt, mehr Wirkung gehabt. War es die schöne Einleitung durch die Instrumentalisten oder lag "Beim Schlafengehen" der Sängerin besser? Das dritte Lied geriet überzeugender und bei "alle meine Sinne" bewies auch das Orchester seinen Tonfarbenreichtum. Beim letzten Lied zeigte sich, wie direkt Strauss teilweise seine Vorlagen umsetzt: "verirren" mit harmonischer Unbestimmtheit oder "Lerchen" mit Flötentriller. Wie sollte das noch gesteigert werden? Die Alpensinfonie demonstrierte es: mit Glockengeläut und Windgeheul.


Literaturhinweise:
Akademisches Orchester Zürich: http://www.aoz.ethz.ch/
Akademisches Kammerorchester Zürich: http://www.ako.ethz.ch/



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