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Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 03.06.2004 06:00

Für die Vogelbeobachtung: ein experimenteller Massivbau
Wood Works

Architekturstudenten der ETH Zürich haben im Mai 2003 eine Vogelbeobachtungsstation aus Holz für den ungarischen Naturpark Balaton gebaut. Zentral am experimentellen Massivbau ist die geschichtete Holzkuppel. Nun liegt im gta-Verlag ein Büchlein vor, das die Bauarbeiten tagebuchartig dokumentiert.

Von Michael Breu

Zwischen Zalavár und Balatonmagyaród im ungarischen Sumpfgebiet von Kis Balaton, dem Kleinen Plattensee, steht sie, die an Köhlerhäuser erinnernde Holzarchitektur. Sie ist rustikal und fügt sich perfekt in die Natur ein, eine ideale Vogelbeobachtungsstation. Gebaut wurde sie vor einem Jahr von zwanzig Architekturstudentinnen und -studenten der ETH Zürich als „experimenteller Massivbau“. Begleitet wurden die Arbeiten von Andrea Deplazes, ETH-Professor für Architektur und Konstruktion (1), und von Ákos Moravánszky, ETH-Professor am Institut für Geschichte und Theorie der Architektur (2). Nun liegt im gta-Verlag das Büchlein „Wood Works“ vor, das die Bautätigkeit tagebuchartig dokumentiert (3).

Alles beginnt im November 2002 auf dem Bürgenstock. An einer Klausurtagung erarbeiten die Studierenden zwanzig Entwürfe für eine Vogelbeobachtungsstation. Eingeladen für die Projektarbeit haben Vertreter der Wasserbaudirektion von Kis Balaton und vom Naturpark Balaton Oberland. „Für die Behörden Ungarns müssen wir bis Mitte März 2003 eine Baueingabe zeichnen, welche das geplante Gebäude so genau wir möglich zeigen soll“, heisst es im Rückblick. Keine einfache Aufgabe – vor allem, wenn man einen Experimentalbau erstellen will, den es in dieser Dimension so noch nie gegeben hat. Deshalb wird auf dem Forstwerkhof der ETH in Sellenbüren im Spätwinter erstmal ein Modell gebaut. Kuppeln verschiedenster Art werden erstellt, Scheiter- und Kreuzbeigen geschichtet. Die Architektur hält.

Wir erreichen den Plattensee am Samstagabend, dem 24. Mai. Unser Bus bringt uns am Sonntagmorgen zum „Bauplatz“, einem idyllischen Plätzchen zwischen Zalakanal, Teich und Kis Balaton. Doch anstelle der 130 Ster Holz liegt nur ein kleiner Haufen von ein paar Kubikmetern bereit.

Der Kis Balaton (Kleiner Plattensee) liegt am westlichen Zipfel des Balaton in Ungarn, zwischen Wien und Budapest. gross

Unerfreuliche Umstände: Die Studenten telefonieren und spekulieren schon mal über Terminverschiebungen. Doch schliesslich klappt es doch noch. Am darauf folgenden Tag werden Holz und Spaltmaschinen geliefert. Mit einem Schnurzirkel wird der Grundriss der geplanten Beobachtungsstation eingeritzt, und schon können die ersten Scheiterlagen gestapelt werden.


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Die Architektur hält: Nach einer Woche Arbeit entledigen sich die Studenten ihrer Handschuhe. gross

Kleine Korrekturen am geplanten und als Baueingabe eingereichten Grundriss sind jetzt noch möglich. Dann kann mit dem Verbau der geschwungenen Mauern begonnen werden, deren Enden und Fensternischen mit Kreuzverbänden gesichert werden müssen.

Drei Tage später, am Donnerstag, wird um 19.30 Uhr das letzte Scheit verbaut, die grosse Kuppel ist abgeschlossen, die Vogelbeobachtungsstation vollendet.

Im Übermut klettern wir allesamt mit Gläsern und Champagner auf die Kuppeln, um fürs Gruppenbild zu posieren. Die Beobachtungsstation besteht die Feuertaufe dieses Belastungstests tadellos.

130 Ster Akazienholz auf einem dreissig Zentimeter dicken Kieskoffer: Bei Ausgaben von 6500 Franken beträgt der architektonische Mehrwert der Vogelbeobachtungsstation das 4,5-fache. gross

Einen Monat später wird sie im Beisein von Miklós Persányi, dem ungarischen Minister für Umweltschutz und Wasserwirtschaft, eingeweiht. Im Büchlein „Wood Works“ würdigen die beiden ETH-Professoren Andrea Deplazes und Ákos Moravánszky die Studentenarbeit. Deplazes beschreibt das Bauwerk als Zeitmaschine, als Ort der Verwandlung: „Nichts tritt in die Welt der Architektur ein, ohne die Baustelle passiert zu haben. Sie ist die Geburtsstätte der Architektur“, meint er. Das Gesamtwerk bezeichnet Deplazes als „architektonischen Mehrwert“. Ákos Moravánszky holt weiter aus: „Kuppeln sind seit den Anfängen der Architekturgeschichte Beobachtungsstationen. Es ist also nicht verwunderlich, dass der zur Ausführung bestimmte Entwurf für eine Vogelbeobachtungsstation am Balaton in Ungarn einen Kuppelbau vorsah“, schreibt er.


Fussnoten:
(1) Homepage von Andrea Deplazes, ETH-Professor für Architektur und Konstruktion: http://deplazes.arch.ethz.ch (eine Übersicht der Studentenarbeit „Wood Works“ ist im Untermenu „Veranstaltungen“ zu finden)
(2) ETH-Institut für Geschichte und Theorie der Architektur: www.gta.arch.ethz.ch/d/
(3) gta-Verlag: www.gta.arch.ethz.ch/d/verlag/index.php



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