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Rubrik: Tagesberichte |
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Zehn Jahre Zentrum für Chemische Sensoren und Chemische Informationstechnik Sensoren für die Analytik |
Das Zentrum für Chemische Sensoren und Chemische Informationstechnik der ETH Zürich (1) ist zehn Jahre alt. In den vergangenen Jahren gingen aus dem Zentrum zwei Spin-offs hervor. Mit einer grossen, zweitägigen Konferenz (2) hielt das Zentrum Rückschau und wagte einen Ausblick in die Zukunft. Eine Würdigung. Von Michael Breu Die analytische Chemie befasst sich mit der Zusammensetzung von Stoffen. Etwas umständlich definiert die Gesellschaft Deutscher Chemiker das Detektivfach: „Chemische Analytik ist die Wissenschaft von der Gewinnung und verwertungsbezogenen Interpretation von Informationen über stoffliche Systeme mit Hilfe naturwissenschaftlicher Methoden.“ Der Chemiehistoriker Ferenc Szabadváry glaubt, die ältesten Hinweise auf die Geschichte des Fachs im Alten Testament gefunden zu haben; dort werde ein Verfahren zur Goldprüfung auf „trockenem Wege“ beschrieben. Belegte Hinweise gibt es von Plinius dem Älteren (23-79 AD): In seiner Schrift Naturalis Historia beschreibt er Reinheitsprüfungen. Doch erst im 14. und 15. Jahrhundert wird das Fach zur eigentlichen Wissenschaft. Paracelsus (1493-1541) beschreibt erste Formen der Wasseranalytik, Leonhard Thurneysser (1530-1596) Methoden für den Untersuch von Heil- und Mineralbädern. Robert Boyle (1627-1691) schliesslich führt den Begriff „chemische Analyse“ ein.
In den ersten Jahren der jungen „chemischen Analyse“ werden von A.L. Lavoisier (1743-1794) Gase untersucht, 1790 folgt das „vollständige chemische Probir-Cabinett“ von J.F. Göttling, eine „praktische Anleitung zur prüfenden und zerlegenden Chemie“, und zwischen 1841 und 1895 werden die 16 Auflagen der „Anleitung zur qualitativen chemischen Analyse“ von C.R. Fresenius (1818-1897) veröffentlicht. Nun nehmen die Erkenntnisse in hoher Geschwindigkeit zu: R.W. Bunsen und G.R. Kirchhoff beschreiben 1859 die Grundlagen der Spektralanalyse, die Spurenanalytik wird eingeführt und Normen werden erlassen. Analytik mit grossem Repertoire Heute werden in der analytischen Chemie Stoffe mittels Titrimetrie, Gravimetrie und Elektroanalyse bestimmt, mit verschiedenen, vor allem chromatografischen Verfahren aufgetrennt und weiter untersucht oder einer organischen Elementaranalyse unterzogen. Auch physikalische Methoden haben einen festen Platz in der analytischen Chemie eingenommen, die Röntgenbeugung etwa oder die Kernresonanzspektroskopie, die unter anderem vom den beiden ETH-Chemieprofessoren Richard R. Ernst und Kurt Wüthrich mitentwickelt wurden. Man sieht: das Repertoire ist gross. Neu sind in den vergangenen Jahren biochemische Methoden dazugekommen – etwa das Immunoassay oder Methoden, die auf chemischen Sensoren und Biosensoren beruhen. Erste Grundlagen wurden in diesem Bereich von Fritz Haber (1868-1934, ein an der ETH ausgebildeter Chemiker) gelegt, der die pH-Elektrode zur Messung des Säurenwertes entwickelte. Vor gut dreissig Jahren sorgte dann der erste Biosensor für die Blutzuckerbestimmung für Furore in der Medizin. Seither hat sich das Fach etabliert. Zehn Jahre CCS Auch die ETH Zürich hat dazu einen wichtigen Beitrag geleistet. In den frühen 1980er-Jahren gelang einer Gruppe um Willi Simon die Herstellung einer pH-Messsonde, und 1994 gelang es der ETH-Chemieprofessorin Ursula E. Spichiger-Keller, „eine Membran zur selektiven potentiometrischen Messung freier Magnesiumionen in Flüssigkeiten“ herzustellen. Mit diesem Sensor kann die Magnesiumkonzentration im menschlichen Plasma und Gesamtblut ermittelt werden. Die Entdeckung war für die ETH Anlass zur Gründung des Zentrums für Chemische Sensoren und Chemische Informationstechnik (CCS). Vergangene Woche feierte das CCS im Technopark – dort ist das Zentrum angesiedelt – mit einer zweitägigen Konferenz den zehnten Geburtstag.
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„Wir können auf eine sehr erfolgreiche Zeit zurückblicken“, sagt Ursula Spichiger-Keller. 92 Publikationen habe das CCS erarbeitet und über hundert Präsentationen gehalten. Insgesamt resultierten daraus zehn Patente, ein eingetragener Handelsnahme („Lab in the Bag“) und sieben Preise. Mittlerweile ist ein Teil des Know-hows in zwei Spin-offs eingeflossen, in die Firmen Sensorix AG in Zürich und C-CIT AG in Wädenswil. „Doch es gab auch schwierige Zeiten“, sagt Ursula Spichiger-Keller, „unser Zentrum ist zu hundert Prozent eigenfinanziert. Das ist nicht immer einfach.“ „A.P.“ - und die Lumineszenz-Sensoren „Ursula Spichiger-Keller hat Spitzenarbeit geleistet“, findet Amilra Prasanna „A.P.“ de Silva von der Queen’s University im nordirischen Belfast. Der Chemiker, bekannt für seine feurigen Vorlesungen, gehört zur Weltspitze bei der Erforschung von Lumineszenz-Sensoren. Ihm gelang bereits in den frühen 1980er-Jahren die Herstellung von selektiven Sensoren, mit denen Natrium-, Kalium- und Calciumionen im Blut gemessen werden können. Ebenfalls mit Sensoren, die in der Medizin Anwendung finden können, befasst sich Mark E. Meyerhoff von der University of Michigan in Ann Arbor. An der CCS-Konferenz plädierte er für elektrochemische Sensoren im Spital. Sensoren für die Umweltanalytik Ein weiteres Einsatzgebiet für chemische Sensoren ist die Umweltanalytik. Guillermo Orellana vom Laboratorio de Fotoquimica Aplicada der Universidad Complutense in Madrid zum Beispiel hat einen fibrooptischen Sensor entwickelt, der die Reaktion von Schadstoffen mit einem Ruthenium-(II)-komplex selektiv und sensitiv registriert. „Wir können mit unserem Produkt 'Optosen’ den Sauerstoffgehalt in Gewässern, den biologischen Sauerstoffbedarf, Kohlenwasserstoffe, Ammonium-Ionen und Detergentien nachweisen“, sagt er. Eine andere Methode hat Vinod K. Gupta vom Indian Institut of Technology in Roorkee entwickelt. Sein Sensor, mit einer ionensensitiven Membran ausgerüstet, kann die Schwermetalle Chrom, Arsen, Blei, Quecksilber, Cadmium, Zink und Nickel aufspüren. „Chemische Sensoren und Biosensoren haben grossen Potential“, sagt Ursula Spichiger-Keller. In der Lebensmittelanalytik etwa könnten solche Sensoren detektieren, ob das Produkt noch frisch ist. Ein System, das in diesem Bereich Anwendung finden könnte, sind optische Sensoren für Aldehyde und Ketone; sie werden derzeit am CCS entwickelt. Ein weiteres Produkt des CCS ist eine optische Sensorenschicht mit chromogenen Peptiden, die selektiv Serin-Proteasen erkennen können. „Ein breites Forschungsgebiet“, findet die Chemieprofessorin.
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