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Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 26.11.2004 06:00

Nanotechnologie: Methoden und Moleküle für intelligente Anwendungen
Teilchen, die etwas können

Die US-amerikanische National Science Foundation sieht in der Nanotechnologie grosses Potential: In den nächsten zehn Jahren soll allein der Umsatz mit nanotechnologischen Produkten ein Marktvolumen in vierstelliger Milliardenhöhe erreichen. Das diesjährige D-CHAB-Forum war deshalb diesem Thema gewidmet.

Von Michael Breu

Neuartige Produkte wie selbstreinigende Fensterscheiben, wetterangepasste Textilfasern, superleichte Kunststoffe, neuartige Fernseh-Bildschirme, schillernde Lackfarben, transparente Sonnencremes und ultrahaftende Autoreifen enthalten meist Nanoteilchen, heisst es in der Einladung des Departements Chemie und Angewandte Biowissenschaften (1) für das diesjährige D-CHAB-Forum. Diese nur wenige Milliardstel Meter messenden Teilchen weisten infolge ihres vergrösserten Oberflächen-Mengen-Verhältnisses eine hohe chemische Reaktions-, Leit- oder Löslichkeitsfähigkeit auf. An der ETH Zürich befassen sich gleich mehrere Arbeitsgruppen mit diesen Nanoteilchen; am Forum von Ende Oktober gaben sie einen kurzen Überblick über den Stand der Forschung.

Spitzenforschung: Nadel eines Rasterelektronenmikroskops. gross

Greta Patzke, Habilitandin in der Arbeitsgruppe von Reinhard Nesper am Laboratorium für Anorganische Chemie (2), befasst sich mit anorganischen Nanostäbchen (Nanorods), die als Grundbaustein für den Aufbau neuartiger Nanomaterialien sehr nützlich sind. Solche Nanorods stellt die 30-Jährige durch Solvothermalsynthese in einem Autoklaven her. Dazu müssen die Ausgangspartikel – Substanzen wir Molybdän- oder Vanadiumoxid sowie Oxosäuren und Übergangsmetalle wie Wolfram – in den Reaktor eingefüllt werden. Unter hohem Druck (20 bar) und hoher Temperatur (220 Grad Celsius) wird dann das neue Produkt gewonnen. Die grösste Herausforderung, so Greta Patzke, sei, das Verfahren so zu dirigieren, dass die Faser mit den gewünschten Eigenschaften entsteht.

Chemisches Design: Die Nanotechnologie ermöglicht es, Oberflächen so zu gestalten, wie sie gewünscht werden. gross


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Nanotechnologie im Labor: Die Medizin erhofft sich neue Medikamente von diesen kleinsten Teilchen. gross

Wendelin Stark, Professor am Institut für Chemie- und Bioingenierwissenschaften (3), befasst sich mit Flammreaktoren. In diesen heissen Quellen stellt der 28-Jährige massgeschneiderte Nanopartikel her. „In der Flamme, dem eigentlichen Reaktorraum, werden die Ausgangssubstanzen zunächst zu Produktmolekülen und Clustern umgesetzt, die bei hohen Temperaturen von bis zu 3000 Grad Celsius durch Kollisions- und Sintervorgänge zu Nanopartikeln heranwachsen“, sagte er der D-CHAB-Hauszeitung „Molekül“. Als Herstellungsverfahren setzt Stark die Aerosol-Synthese (Flammensprühpyrolyse) ein. Dabei werden vanadium- oder titanhaltige Vorläufersubstanzen in einer Methan-Flamme verbrannt. Zunächst sind die Oxide gasförmig, setzten sich dann aber als Kondensationsstreifen ab. Solche Nanopartikel werden bereist als Katalysatoren eingesetzt.

Mit kratzfesten Oberflächen befasst sich der Chemiker Andreas Mühlebach von der Ciba Spezialitätenchemie (4) in Basel. Solche Beschichtungen stellt er nasschemisch aus Tetraethoxysilanen her. Bereits sind solche Beschichtungen auf dem Markt erhältlich.

Bernhard Wolf, Professor für Medizinische Elektronik an der TU München und schon im letzten Jahr Gast am D-CHAB-Forum (5), berichtete über magnetische Nanoperlen für die Krebsbekämpfung. Seine Arbeitsgruppe stellt solche magnetische Partikel her, Magnetoliposomen oder magnetische Eisenoxidnanopartikel, die mit funktionellen Gruppen ausgestattet sind. Seine Arbeitsgruppe kann bereits erste Erfolge verzeichnen: die gezielte Bekämpfung von Tumoren funktioniert. Allerdings ist noch viel Grundlagenforschung nötig, bis ein Arzneimittel entsteht.

Mit der Elektrochemie von Nanopartikeln befasst sich Dieter Kolb, Chemie-Professor an der Universität Ulm und seit 2002 Präsident der International Society of Electrochemistry (6). Sein Labor ist spezialisiert auf die chemische Metallabscheidung im Nanometermassstab. Dafür verwendet er ein umgerüstetes Rasterelektronenmikroskop. Erst kürzlich ist es dem Team gelungen, auf einer Goldoberfläche einzelne Kupferatome abzusetzen.

„In der Nanotechnologie läuft sehr viel“, kommentiert Reinhard Nesper vom Laboratorium für Anorganische Chemie (7). „Stellen Sie sich vor: Heute wollen sie nicht mit dem gelben sondern mit dem blauen Auto zur Arbeit fahren. Die Nanotechnologie könnte die Lösung bringen. Denn die Nanotechnologie will nicht einfach Teilchen herstellen, die Nanotechnologie macht Teilchen, die etwas können.“


Fussnoten:
(1) Departements Chemie und Angewandte Biowissenschaften: www.chab.ethz.ch/
(2) Laboratorium für Anorganische Chemie: www.chab.ethz.ch/forschung/lac
(3) Arbeitsgruppe Wendelin Stark: www.stark.ethz.ch/people/Head/Prof.Stark/
(4) Ciba Spezialitätenchemie: http://www.cibasc.com
(5) Arbeitsgruppe Bernhard Wolf: www.lme.ei.tum.de/steinb_3.htm. Über das letztjährige D-CHAB-Forum berichtete ETH Life am 11. April 2004 unter dem Titel „Bakterium hilft gegen Krebs“: www.ethlife.ethz.ch/articles/epothilon.html
(6) Arbeitsgruppe Dieter Kolb: www.uni-ulm.de/echem/kolb.html
(7) Arbeitsgruppe Reinhard Nesper: www.inorg.chem.ethz.ch/solid/home.html



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