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Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 12.03.2004 06:00

Einsteins 125. Geburtstag: Seine entscheidenden Jahre an der ETH
"Das schönste Stück Erde"

Am 14. März ist Einsteins 125. Geburtstag. In der Schweiz verbrachte er einige seiner kreativsten Jahre, viele davon an der ETH . Einsteins Verhältnis zur Schweiz, seinem „schönsten Stück Erde“, aber war immer gespalten: „Ich habe sie im gleichen Masse gern, wie sie mich nicht gern hat".

Von Wolfgang Pietsch

"Nach Utrecht habe ich soeben abgeschrieben, und die lieben Züricher können mich auch ... gern haben bis auf Sie", schreibt Albert Einstein am 15.November 1911 an einen Freund in Zürich. Einstein ist damals Professor in Prag. Die Universität Utrecht hat ihm eine Professur angeboten, die Einstein aber ablehnt. Er hofft auf eine Rückkehr an die ETH – ans damalige Polytechnikum, wo er auch eine Lehrerausbildung für Mathematik und Physik absolviert hat. Als ein Freund ihm endlich von seiner bevorstehenden Berufung berichten kann, fürchtet Einstein weiteres Lavieren der Züricher: "Wenn die Züricher von meiner Absage nach Utrecht erfahren, dann werden sie ihr Temperament sofort verlieren und mich endlos im Ungewissen lassen." Am 8.12. erhält Einstein eine offizielle Einladung des Schulrats nach Zürich. Er wird Professor für theoretische Physik an der ETH.

Studentenjahre am Poly

Die Beziehung zwischen Einstein und der ETH war immer kompliziert. 1895 wird dem 16-jährigen Einstein das Studium am Polytechnikum erst einmal versagt: Ungenügende Kenntnisse in den modernen Sprachen, in Zoologie und Botanik. Man vermittelt ihn an die Kantonsschule nach Aarau. Ein Jahr später und mit be-standener Matura klappt die Aufnahmeprüfung am Polytechnikum dann doch. Einstein wird akzeptiert als einer von fünf Studenten.

Elektrotechnisches Laboratorium am Polytechnikum. (Bild: Bildarchiv der ETH-Bibliothek, Zürich) gross

Mit ihm schreibt sich ein: Mileva Maric, serbischer Abstammung. Diese Mileva wird für Einstein über die nächsten Jahre vom "geehrten Fräulein Maric" zum "liebsten Doxerl", später zu seiner ersten Frau und Mutter der gemeinsamen drei Kinder. Mit Mileva schwänzt Einstein oft Vorlesungen und Pflichtlektüren. Stattdessen widmen sie sich den viel diskutierten und umstrittenen Werken von Kirchhoff, Helmholtz, Hertz usw. Oder Einstein geht ins Labor. "Es ist eigentlich ein Wunder, dass der moderne Lehrbetrieb die heilige Neugier des Forschens noch nicht ganz erdrosselt hat. Ich denke, dass man selbst einem gesunden Raubtier seine Fressgier wegnehmen könnte, wenn man es mit einer Peitsche fortgesetzt zum Fressen zwänge." Die fälligen Klausuren besteht Einstein nur dank der exakten Mitschriften eines weiteren Kommilitonen, seines engen Freundes Marcel Grossmann. So bekommt Einstein im Sommer 1900 sein Diplom mit einem guten Durchschnitt von 4,91.

Rückkehr als „Meister“

Im Gegensatz zu seinen Kommilitonen aber erhält Einstein nach seinem Abschluss keine Assistentenstelle. Er stürzt in eine tiefe Krise, sucht verzweifelt nach einer Anstellung: "Bald werde ich alle Physiker von der Nordsee bis zur Südspitze Italiens mit meinem Offert beehrt haben!" Rettung kommt wieder von Grossmann. Dessen Vater vermittelt eine Anstellung am Berner Patentamt: "Das Grösste, was Marcel Grossmann als Freund für mich getan hat." Dank der Sicherheit der festen Anstellung findet Einstein Ruhe und Zeit für seine ersten bedeutenden Arbeiten.

Der Eindruck, den diese Arbeiten international machen, er-möglicht ihm 1912 die Rückkehr an die ETH. Marie Curie schreibt aus Paris: "Es wird derjenigen Universität zu grosser Ehre gereichen, die es versteht, diesen jungen Meister für sich zu gewinnen." Die Studenten am Poly freuen sich über den frischen, ungewöhnlichen Stil der Vorlesungen. Einstein lädt sie zu sich nach Hause ein, diskutiert mit ihnen lange Nächte hindurch. "Stellen Sie sich nicht zu leichte Aufgaben, meine Herren!"

Neben seinen Lehrverpflichtungen arbeitet Einstein versessen an der allgemeinen Relativitätstheorie: "Ach, wissen Sie, wer wie ich soviel von dem, an dem er herumgegrübelt hat, in den Papierkorb schmeissen musste ... ". Noch einmal ist ihm Marcel Grossmann, inzwischen ebenfalls Professor an der ETH, eine grosse Hilfe. Grossmann erschliesst Einstein das mathematische Rüstzeug für die allgemeine Relativitätstheorie.


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Mileva Maric und Albert Einstein oder: Doxerl und Johonzel (1911). (Bild: Bildarchiv der ETH-Bibliothek, Zürich) gross

1913 veröffentlichen beide gemeinsam den Entwurf einer Theorie der Gravitation. Darin sind die begrifflichen Grundlagen der allgemeinen Relativitätstheorie bereits gelegt.

Adieu schönstes Land

Dann aber erreicht Einstein im November 1913 ein Angebot aus Berlin. Man verspricht ihm ein fürstliches Gehalt und Befreiung von jedweder Lehrtätigkeit. Unter der Offerte stehen drei ganz grosse Namen: Planck, Nernst und Warburg. Auch wohnt in Berlin Einsteins Cousine Elsa, mit der bereits eine Affäre im Gange ist. Mileva zieht noch mit nach Berlin, kehrt aber nach ein paar Wochen frustriert in die Schweiz zurück.

Mileva und Einstein finden nie wieder zusammen. Die Ehe wird 1919 geschieden. Im selben Jahr heiratet Einstein Elsa. Der Umzug aus dem gemütlichen Zürich in die Weltstadt markiert den Beginn des vielleicht bedeutendsten Wandels in Einsteins Leben: Vom Neuerer der Physik, der nur von wenigen Eingeweihten hoch geachtet wird, zum Weltstar der Wissenschaft; vom stillen Forscher zur einflussreichen Persönlichkeit der Gesellschaft.

Diesen Wandel kann Beno Eckmann, emeritierter Mathematik-Professor an der ETH und früherer Leiter des Forschungsinstituts für Mathematik, aus eigener Erfahrung beschreiben. Eckmanns Vater schon kannte Einstein vom Sehen: als aufgeschlossenen, interessierten jungen Mann in Bern. Ein halbes Jahrhundert später erlebt ihn Beno Eckmann auf dem Campus in Princeton in der Nähe von New York. Einstein „mit langen Haaren und immer demselben Pullover“. Einstein, der kaum jemanden aus der Forscher-Elite in Princeton an sich heran lässt. "Zum Tee hockte er immer nur mit Gödel, dem Mathematiker, in einer Ecke."

Zu dieser Zeit beschreitet die Physik schon seit längerem Wege, die sich von Einsteins Ideen immer weiter entfernen. Die Quantenmechanik hat die Grundlagen der Physik noch einmal gewaltig umgewälzt. Mit Hartnäckigkeit verweigert sich Einstein dieser neuen Entwicklung und arbeitet einsam an einer verallgemeinerten Feldtheorie. Diese späten Arbeiten finden nie Eingang in den Kanon der Physik. Auf dem Lehrplan der Physikstudenten überdauern allein jene Theorien, deren Fundamente bei Einsteins Weggang aus Zürich weitgehend gelegt waren.


„Der Herr Albert“

(mib) Es könnte, ähnlich wie „Sofies Welt“, der Roman über die Geschichte der Philosophie von Jostein Gaarder, die Spitzenplätze der Bestsellerlisten erreichen: „Der Herr Albert“ von Frank Vermeulen, einem Informatiker mit Schwerpunkt Künstliche Intelligenz. In diesem Roman spielt die 15-jährige Esther die Hauptrolle. Zum Geburtstag bekommt die junge Frau ein Foto von Albert Einstein geschenkt. Damit beginnt Esthers „Albertisierungsprozess“, ihre wachsende Faszination durch Einsteins Denken. Dabei spielen der unsichtbare Beobachter Nils und Opa Jan eine entscheidende Rolle. Nils führt Esther im Schlaf (oder kurz davor) in die Relativitätstheorie ein, und Jan erklärt bei Tag die Theorien von Galilei und Newton. Als Jugendbuch fasziniert „Der Herr Albert“ durch gekonnte, spannende Verarbeitung sehr komplexer Themen. Allerdings hat der Text an einigen Stellen Fehler. So gibt es entgegen Jans Behauptungen ein Bezugssystem im Universum, nämlich die Hintergrundstrahlung. - Dennoch ist „Der Herr Albert“ ein schönes Geschenk des Gerstenberg-Verlags zu Einsteins 125. Geburtstag, denn die meisten anderen Verlage haben es verpasst, entsprechende Bücher herauszubringen. Eine Ausnahme ist der Piper-Verlag, der mit dem Buch „Einstein. Der Weltweise und sein Jahrhundert“ eine Biographie des kanadischen Physikers Armin Herrmann vorlegt.




Literaturhinweise:
Wer nun immer noch mehr wissen will, dem sei die Biographie „Albert Einstein“ von Albrecht Fölsing empfohlen (erschienen bei Suhrkamp)



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