ETH Life - wissen was laeuft

Die tägliche Web-Zeitung der ETH Zürich - in English

ETH Life - wissen was laeuft ETH Life - wissen was laeuft
ETH Life - wissen was laeuft
Home

ETH - Eidgenoessische Technische Hochschule Zuerich - Swiss Federal Institute of Technology Zurich
Rubrik: Tagesberichte
Print-Version Drucken
Publiziert: 11.07.2007 06:00

Symposium „Mit Tempo in die Zukunft“
Zug überholt Flugzeug

Mit welchem Tempo die Gegenwartsgesellschaft in welche Verkehrszukunft steuert, war Ende Juni das Thema eines Symposiums an der ETH. Dem Bedürfnis der globalisierten Gesellschaft, immer grössere Distanzen in immer kürzerer Zeit bewältigen zu können, stellten Experten die technische Machbarkeit, die daraus resultierenden Folgen für Raum und Wirtschaft sowie das veränderte Reiseverhalten der Kunden gegenüber.

Katrin la Roi

In München arbeiten und in Zürich wohnen? Was vor zehn Jahren noch Utopie war, rückt mit Riesenschritten in den Bereich des Machbaren. So berichtete Roberto Rinaldi, Technischer Direktor Hochgeschwindigkeitszüge der Alstom, stolz von den 1000 Test-Kilometern, welche die vierte Generation der Hochgeschwindigkeitszüge vor ein paar Monaten mit einem Stundenmittel von 500 km/h absolviert hatte.

Während in den Urzeiten der Eisenbahn viele fürchteten, dass die Raserei mit 50 Kilometern pro Stunde die menschliche Psyche gefährden könnte, spricht die tempobedürftige globale Gesellschaft heute nicht mehr von psychischen Schäden durch hohe Geschwindigkeit. Hochgeschwindigkeitszüge, die nach dem Shinkansen in Japan (1964) seit 1981 auch in Europa verkehren, sind ein nicht mehr wegzudenkender Teil des europäischen Transportnetzes und eine ernsthafte Konkurrenz des Flugverkehrs. Dies gilt insbesondere für Frankreich, wo der TGV für Reisen innerhalb des Landes das Flugzeug bereits abgelöst hat.

Der Traum von der Swiss-Metro

Nicht alle Projekte von schnellen, schienengeführten Transportmitteln wurden und werden realisiert. So gehört das seit den 60er-Jahren herumgeisternde, und besonders von der Westschweiz stark geförderte Projekt der Magnetschnellbahn „Swiss-Metro“, gemäss einer Untersuchung von ETH-Professor Ulrich Weidmann, betreffend der Machbarkeit in der Schweiz und in Europa, definitiv in die Mottenkiste nicht realisierter technischer Visionen. Weidmann meint dazu: „In Europa wurden anfangs Sechzigerjahre des 20. Jahrhunderts systematische Entwicklungsarbeiten an neuen Verkehrsmitteln und an den Hochgeschwindigkeitsbahnen gleichzeitig in Angriff genommen. Beide Entwicklungslinien stiessen rasch in höhere Geschwindigkeiten vor, ohne dass eine davon einen wesentlichen Vorsprung erringen konnte, die konventionelle Hochgeschwindigkeitsbahn wurde jedoch schnell kommerziell angewendet. Wichtig war aber hauptsächlich ihre Kompatibilität mit den bestehenden Strecken.“

Für Verkehrsplaner Weidmann ist klar, dass die Rad-Schiene-Technik bewiesen hat, dass sie alle für den Markt wichtigen Distanz- und Geschwindigkeitsbereiche des Landverkehrs abdecken kann. Hochgeschwindigkeitsverbindungen lassen sich gemäss dem Fachmann in die bestehenden Netze integrieren.


weitermehr

Die Dissertation der Zürcher Historikerin Gisela Hürlimann gab den Ausschlag für die Konferenz „Mit Tempo in die Zukunft?“ gross

Da der europäische Personenverkehrsmarkt von einer mehrheitlich netzförmigen Nachfragestruktur geprägt sei, brauche er ein ebenfalls netzorientiertes Angebot. Ulrich Weidmann ist auch überzeugt, dass die Marktstärke und Bevölkerungsdynamik in Europa nicht stark genug sind, um in einem Korridor zwei technisch unterschiedliche Infrastrukturen spurgeführter Systeme wirtschaftlich zu tragen. Nur für kurze Zeit zwischen 1955 und 1970 hätte in Europa ein Zeitfenster bestanden, um ein weiteres System einzuführen.

1964 begann es sich mit der Eröffnung der Hochgeschwindigkeitslinie Tokio-Osaka und 1966 mit der Lancierung des französischen Hochgeschwindigkeitsprojektes bereits wieder zu schliessen. Ein neues spurgeführtes System wäre vorstellbar gewesen, wenn Japan nicht so früh den Praxisbeweis erbracht hätte, wenn der Vorstoss der konventionellen Bahn in noch höhere Geschwindigkeiten nicht so rasch geglückt wäre und wenn die Wirtschaftskrise zu Beginn der 70er-Jahre ausgeblieben wäre.

Schweizer Motto: Nur so rasch wie nötig

Den Ausschlag für die Konferenz „Mit Tempo in die Zukunft?“ gab die Dissertation „Die Eisenbahn der Zukunft“ der Zürcher Historikerin Gisela Hürlimann. In ihrer Arbeit beschreibt die Autorin Automatisierung, Schnellverkehr und Modernisierung bei der SBB von 1955 bis 2005. In ihrer Einleitung zur Konferenz meinte Hürlimann: „Bei der aktuellen politischen und technischen Diskussion kommt der wissenschaftliche Diskurs, der die Entwicklung flankieren sollte, zu kurz. Dieses Symposium soll dazu einen Beitrag leisten“. In ihrem Referat schlug sie den Bogen von der Schnellbahn-Vision von 1969, als man bei den SBB davon träumte, mit bis zu 300 km/h durchs Mittelland zu brausen, bis zur Bahn 2000. Die Geschichte der Bahn 2000 zeige jedoch, dass für die Schweiz eine „Helvetisierung“ des Geschwindigkeitsparadigmas stattfand. Mehr Bahn für alle und nicht so schnell wie möglich, sondern so rasch wie nötig, lautete das Motto.

Die einzigartige Fahrplandichte und die Tarifverbünde gelten gemäss Hürlimann auch heute noch als innovativ. Dazu komme heute auch wieder die Forderung nach mehr Tempo. Hohe Geschwindigkeiten werden heute auf der NEAT-Strecke und bei den ausländischen Bahnzubringern wie dem TGV realisiert. Hürlimann weist für die Zukunft auf weitere Trends hin: So wird aus Kundensicht dereinst die Einführung eines elektronischen Tickets auch Zeit sparen. Genauso wie das Wohnen und Arbeiten über oder neben den Gleisen.




Sie können zu diesem Artikel ein Feedback schreiben oder die bisherigen lesen.




!!! Dieses Dokument stammt aus dem ETH Web-Archiv und wird nicht mehr gepflegt !!!
!!! This document is stored in the ETH Web archive and is no longer maintained !!!