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Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 15.12.2003 06:00

Enviro03: Treffen Umwelt interessierter Studierenden
Aufwärts dank Klettersteig

„Kommunikation und Mediation in Umweltfragen“ war das Thema des Enviro03 (1). Das Treffen Schweizer Umweltstudierender fand dieses Jahr am letzten Novemberwochenende in Braunwald statt. Organisiert wurde es von Studierenden der ETH und Uni Zürich. Mit Referaten, Workshops und einer Exkursion zum Klettersteig am Ort erhielten die rund einhundert Teilnehmenden einen Einblick in die Praxis (2).

Von Christoph Meier

„Der Klettersteig ist ein Tourismusmotor“, meinte der Braunwald-Tourismusverantwortliche Stephan Handke und belegte es mit Zahlen. So soll das Berggasthaus am Ausgangspunkt zum Klettersteig 12 Prozent mehr Übernachtungen aufweisen und das lokale Sportgeschäft seinen Umsatz um 70 Prozent gesteigert haben. Braunwald habe im Sommer immer mehr jüngere Gäste und würde nicht mehr den Anschein eines Altersheimes erwecken. Das in die Eggstöcke gehauene Eisen, das auch ambitionierten Wanderern mit entsprechender Ausrüstung eine Überschreitung dieser Gipfel ermöglicht, scheint sich gelohnt haben. Diesen Eindruck erhielten die Umwelt-interessierten Studierenden aus der ganzen Schweiz aufgrund des Referats des Touristikers. Sie waren nach Braunwald gekommen, um über „Kommunikation und Mediation in Umweltfragen“ zu diskutieren. Dabei wollten sie auch wissen, wie diese Themen bei der Erstellung des Klettersteigs gehandhabt worden waren.

Wichtig: richtige Kontakte

Als ideale Informationsquelle erwies sich Ruedi Jenny. Der Glarner Bergführer war der eigentliche Initiator des Projektes „Klettersteig Braunwald“. Am Fusse der Eggstöcke mit Blick auf den Klettersteig erläuterte er, wie das Projekt entstand. Er stiess zu Beginn mit seinem Vorhaben schnell auf Wohlwollen, aber auch nicht mehr. Erst als er über einen bekannten Geschäftsmann die richtigen Kontakte knüpfte, ging es vorwärts, beziehungsweise aufwärts. Sponsoren wurden gefunden, sogar in den USA. Eine Hängebrücke am Klettersteig trägt darum auch den Namen Charlotte-Bridge. In Bezug auf den Umweltschutz konnte Jenny darauf hinweisen, dass für das neu erschlossene Gebiet zwei andere Klettergebiete aufgegeben wurden. Zudem besprach man das Vorhaben mit den Jägern und den lokalen Umweltverbänden. Jenny ist überzeugt, dass diese Vorgehensweise zur breiten Akzeptanz beigetragen habe.

Auch Daniel Mülli von der Gebirgsschutzorganisation Mountain-Wilderness stellte sich eigentlich nicht gegen den Klettersteig Braunwald (3). Er wies aber darauf hin, dass solch erfolgreiche Projekte häufig unüberlegt in anderen Tourismusorten nachgeahmt würden. Bevor dies aber geschehe, sollte eine Bedürfnisabklärung stattfinden. Dafür sei ein Austausch über die einzelnen Orte hinaus nötig. Ergänzend erzählte Mülli auch noch von den Kletterern, welche die Gipfel denen vorbehalten möchten, die sie ohne massive Hilfsmittel wie ein Klettersteig erreichen.

Insgesamt – so der Eindruck an der abschliessenden Diskussion des Enviro03 – ist der Klettersteig durchaus ein gelungenes Beispiel für nachhaltige Entwicklung. Den ökonomischen, ökologischen und sozialen Bedürfnissen konnte Rechnung getragen werden. Den Organisatoren, Studierenden der ETH und Uni Zürich, war es gelungen, ein Praxisbeispiel zu finden, bei dem der Wert der Kommunikation klar zum Tragen kam.

Wissenschaft gleich neutrales Wissen?

Bereits am Freitag und Samstag hatten die Studierenden von verschiedenen Referenten erfahren, welchen Stellenwert Kommunikation und Mediation einnehmen. In der Eröffnungsrede ging Horace Perret von der Uni Lausanne auf die Popularisierung von Wissenschaft ein. Nach den beiden Weltkriegen habe die Wissenschaft einen religiösen Status erreicht, wobei eine Lücke zwischen ihr und der Gesellschaft entstanden sei. Diese werde nun, so Perret, durch Mediatoren geschlossen.


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Die Umwelt-interessierten Studierenden werden am Fusse der Eggstöcke über den Klettersteig informiert. gross

Bei den Modellen der wissenschaftlichen Kommunikation zeigte der Wissenschaftler auf, dass es neben einem Modell, das Wissenschaft als neutrales Wissen betrachtet, auch solche gibt, welche die Beziehung der Wissenschaft zur Gesellschaft stärker problematisieren.

Anhand von Praxisbeispielen zeigte die ETH-Umweltnaturwissenschaftlerin Sabine Ziegler, die als Mediatorin tätig ist,wie ein Gesprächsanalyse und die richtige Wahl der Gesprächspartner ein entscheidender Erfolgsfaktor sein können. Für einen Erfolg, schloss Ruedi Högger aus seiner langjährigen Erfahrung in der Entwicklungszusammenarbeit , gelte es neben der pragmatischen Ebene der Kommunikation eine weitere, spirituelle Ebene zu beachten.

Bernhard Truffer von der EAWAG erläuterte in einem weiteren Referat am Beispiel der Wasserkraft die ökologischen Konsequenzen sowie die Einführung des Labelings, die Unternehmensberaterin Tania Schellenberg wies darauf hin, dass sich Umweltbewusstsein und Nachhaltigkeit zum Mainstream hin entwickelten, und zum Schluss sprach René Longet, Präsident von Equiterre, über die Rolle der Medien in Umwelt und nachhaltiger Entwicklung. Er forderte dabei sowohl Sensibilisierung als auch Sensibilität und rief die Wissenschaftler zur Kommunikation mit den Medienschaffenden auf.

Defizit im Studium

Der Bezug zur Öffentlichkeit beziehungsweise zur Gesellschaft, das ist ein Anliegen der Studierenden. Manche erwähnten in der Schlussdiskussion, dass sie viel zuwenig über Kommunikation und Mediation in ihrem Studium erfahren. Dies obwohl sie nach ihrem Studium auch als Berater qualifiziert sein sollten. Darum wurde das Enviro03 als wertvolle Erfahrung eingestuft. Auch wenn sie auf dem Weg zum Spezialistentum sind, betrachten viele den Respekt vor anderen, insbesondere Nichtakademikern, als eine zentrale Grösse. Es sei schon kontraproduktiv, wenn sich Umweltnaturwissenschaftler und Ökonomen gegenseitig als rote Tücher betrachten. Doch Respekt geht für einige noch weiter. So sind für diese die Werte ihrer Gesprächspartner anzuerkennen, auch wenn sie nicht nachvollziehbar seien. Eventuell eröffne sich mit der Zeit ein Zugang zu neuen Sichtweisen. Wie sagte doch Bergführer Jenny, angesprochen auf mögliche Probleme mit dem Klettersteig: „Bis jetzt ist der Klettersteig ein Erfolg. Vielleicht habe ich aber die Sprache des Berges noch nicht verstanden.“


Fussnoten:
(1) Enviro03: www.environet.ch/
(2) Klettersteig Braunwald: www.klettersteige.ch/
(3) Gebirgsschutzorganisation Mountain Wilderness: www.mountainwilderness.ch/



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