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Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 05.06.2002 06:00

"Erasmus"-Aktionstag an Schweizer Hochschulen
Zehn Jahre mobil

Mit Erasmus von Rotterdam stand zu Recht ein grosser Humanist Pate für das wichtigste europäische Programm für Austausch und Hochschulzusammenarbeit. Das Programm feiert heute, zumindest, was die Schweiz betrifft, sein zehnjähriges Bestehen. Die Bilanz kann sich sehen lassen: Seit 1992 sind über 10'000 Schweizer Studierende und Dozierende via Erasmus in ein EU-Land gereist, ebenso viele sind aus EU-Ländern in die Schweiz gekommen.

Von Norbert Staub

Dabei ist der rechtliche Rahmen für die Schweizer Teilnahme an „Erasmus“ „relativ prekär“, wie Gerhard Schuwey, Direktor des Bundesamtes für Bildung und Wissenschaft (BBW), gegenüber ETH Life bestätigt: vor sieben Jahren hatte die EU im Zuge des Schweizer Neins zum EWR den Mobilitätsvertrag mit der Schweiz gekündigt. Den hiesigen Hochschulen sei es mit der Unterstützung durch den Bund jedoch gelungen, dennoch eine gute Zusammenarbeit mit zahlreichen europäischen Hochschulen zu etablieren, so Schuwey. Jährlich investiert das BBW etwas über sieben Millionen Franken in das Programm. „Diese Gelder lassen sich auf jeden Fall rechtfertigen“, sagt Gerhard Schuwey.

Mobiler als EU-Studierende

Begonnen hat die Erasmus-Ära für die Schweiz 1992 mit je 350 Studierenden, die aus der Schweiz in EU-Länder, beziehungsweise aus EU-Ländern in die Schweiz reisten. Heute liegt diese Fluktuation bei je rund 1'400 „Incoming“- und „Outgoing“-Studierenden, womit mittlerweile 1,2 Prozent der Schweizer Studierenden - mehr als der europäische Durchschnitt - das Erasmus-Angebot nutzen.

In der momentan laufenden zweiten Verhandlungsrunde der „Bilateralen“ zwischen der Schweiz und der EU strebt die Schweiz wieder die Vollbeteiligung am europäischen Mobilitätsprogramm an. „Damit wäre unser Zugang zu den Informationen und die Kontinuität der Mobilitäts- und Zusammenarbeitsprojekte gesichert, schweizerische Projektinitiaven und Mitbestimmung im Programmen würden möglich“, erhofft sich der BBW-Direktor. Aber frühestens ab 2007 sei, vorausgesetzt, alles läuft rund, mit der erneuten Vollbeteiligung zu rechnen, ergänzt Claudio Fischer. Er ist seit Frühling 2002 Leiter Internationales in der Gruppe für Wissenschaft und Forschung. „'Erasmus' hat die gesamte europäische Bildungslandschaft geändert“, ist Fischer überzeugt; dies, obwohl es anfangs Probleme mit der Anerkennung des Austausches gegeben habe.

Mittel gegen Berührungsängste

Davon hat sich der Chemiker Fred Hamprecht seinerzeit nicht abschrecken lassen. Hamprecht hat an der ETH studiert und doktoriert und ist mittlerweile Professor an der Uni Heidelberg. Mit "Erasmus"-Stipendien hat Hamprecht drei Auswärtssemester absolviert „Ich konnte mich tiefer in spezifische Fächer einarbeiten als das an der ETH möglich gewesen wäre, und habe viele Menschen kennen gelernt, die mir auch heute noch wichtig sind.“ Und nicht zu unterschätzen: Studierenden-Austausch, so Hamprecht, sei ein probates Mittel, um Berührungsängste abzubauen.


An der ETH beliebt

Die Statistiken der ETH-Mobilitätsstelle zeigen: "Erasmus" entspricht einem Bedürfnis: Seit 1995 haben mit Erasmus 600 ETH-Studierende als Gast an einer ausländischen Hochschule studieren können. Aus dem Ausland sind im gleichen Zeitraum 800 Studierende an die ETH gekommen. Interessant ist, dass derzeit Schweden ganz oben auf der Liste jener Länder steht, welche ETH-Studierende als Studienziel ansteuern. Das hat laut Martina Bächli von der Mobilitätsstelle mit dem hohen Niveau der Ausbildung als auch mit dem ausgesprochen internationalen, Studenten-freundlichen Klima in diesem Land zu tun. Für deutsche Studierende scheint die ETH ein besonderer Magnet zu sein: 240 Studierende kamen in dieser Zeitspanne von dort an die ETH.




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Schweizer Studierende sind noch mehr an Austausch interessiert als der EU-Schnitt: Eingang zum Imperial College in London. gross

Denn bei den in der Schweiz dominierenden ETHs könne unter den Studierenden leicht das Gefühl aufkommen, zur absoluten Spitze zu gehören. „Später muss man sich aber, wirtschaftlich wie wissenschaftlich, mit der ganzen Welt messen.“ Da schade es nicht, früh zu sehen, dass „a) andere Schulen sehr, sehr gut sind und b) die Leute dort auch nur mit Wasser kochen“.


Podium zum Aktionstag

Die ETH hat zusammen mit den anderen Zürcher Hochschulen aus Anlass des heute landesweit stattfindenden "Erasmus"-Aktionstags mehrere Veranstaltungen organisiert. Ein Auszug:

17:30: Round Table in der Aula der Universität Zürich zum Thema "Wird es in Zukunft an Schweizer Hochschulen noch Schweizer Studierende geben?" - Teilnehmende sind u.a. die im Text erwähnten Gerhard Schuwey, Claudio Fischer und Fred Hamprecht.19.00: Szenen der Erasmus-Realität, gespielt von Studierenden der Hochschule Musik und Theater Zürich21:00: Erasmus-Party im GEP-Pavillon auf der Polyterrasse.


Was bringt ein Aufenthalt an einer ausländischen Hochschule den Studierenden? „Egal, mit welchem Programm: Wer geht, kommt reifer zurück“, sagt Martina Bächli, Leiterin der Mobilitätsstelle an der ETH. Es sei frappant, wie viel Lebenserfahrung ein solcher Aufenthalt in den allermeisten Fällen bringt. „Das lernt man an der ETH nicht.“ Aus ETH-Sicht noch verbessern sollte sich laut Martina Bächli die Anerkennung von im Ausland absolvierten Leistungen: „Die Anerkennung der Prüfungen könnte durch verschiedene Departemente grosszügiger gehandhabt werden. Der Anreiz für ein Gastsemester an einer anderen Uni ist klein, wenn an der ETH die Prüfungen wiederholt werden müssen.“

Friktionen mit „Bologna“?

Wie wird sich die nun an der ETH laufende grosse Reform zum gestuften Studium auf „Erasmus“ auswirken? Schliesslich hat sich auch diese die Mobilität auf die Fahne geschrieben. „Vielleicht werden sich durch die Strukturierung des Studiums in Bachelor- und Master-Stufe in einer Übergangsphase etwas mehr Probleme für Auslandsemseter ergeben“, meint BBW-Direktor Gerhard Schuwey. Er setzt auf ein gutes System für die Anerkennung von Studienleistungen - welches mit ECTS überall in Europa in Entwicklung sei. „Damit wird die Mobilität auch mit gestuftem Studium erleichtert werden“, ist Schuwey überzeugt. Und für Martina Bächli von der ETH-Mobilitätsstelle ist entscheidend, dass trotz "Bologna" die Möglichkeiten für temporäre Auslandaufenthalte erhalten bleiben. Die Reform ersetze diese nämlich nicht. „Traurig wäre“, so Martina Bächli, „wenn die Studierenden am Ende weniger Gastsemester im Ausland absolvieren, als dies heute der Fall ist.“




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