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Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 15.05.2006 06:00

VSETH-Präsident Alexander Rudyk über ETH 2020
"Die Schulleitung hört endlich zu"

Die Diskussion über die zukünftige Ausrichtung der ETH Zürich dreht sich auch um zentrale Aspekte der Lehre. Alexander Rudyk, Präsident des Vereins der Studierenden an der ETH (VSETH), erzählt was er von den formulierten Zielen hält und was sich der Verein vom Zukunftsprozess ETH 2020 verspricht.

Interview: Claudia Naegeli

Herr Rudyk, haben Sie Ihren Eintrag auf dem Weblog schon gemacht?

Nein, ich habe bisher noch keinen Kommentar geschrieben. Aber wir befassen uns innerhalb des VSETH intensiv mit dem Zukunftsprozess ETH 2020. Für uns geht es nicht darum, eine persönliche Meinung abzugeben, sondern die Mehrheit der Studierenden zu vertreten. Aus diesem Grund haben wir eine Arbeitsgruppe gegründet, die aus Mitgliedern unseres Vereins und aus Vertretern der Fachvereine sowie der Departemente besteht. Am Ende des Prozesses möchten wir eine konzentrierte Stellungnahme zu ETH 2020 abgeben, die auf ein bis zwei Seiten die Haltung der ETH-Studierenden ausdrücken soll.

Sie stehen momentan mitten in diesem Prozess. Können Sie trotzdem bereits sagen, inwiefern die von Ernst Hafen formulierten Ziele auch Anliegen des VSETH ausdrücken?

Wir begrüssen die Ziele sehr. Es freut uns, dass man der Lehre innerhalb des gesamten Zukunftsprozesses grosse Beachtung schenkt. Wir werten das auch ein Stück weit als unser Verdienst. Die Lehre an der ETH muss wirklich verbessert werden und der VSETH hat immer wieder auf die Wichtigkeit dieser Thematik hingewiesen. Wenn die ETH Studierende aus dem Ausland anziehen und sich etablieren möchte, dann muss sie auch etwas bieten.

Die Lehre ist einer von fünf Schwerpunkten innerhalb des Zukunftsprozesses. Wo sieht der VSETH sonst noch Möglichkeiten, sich einzubringen?

Ein wichtiges Thema, das bislang noch wenig diskutiert wurde, ist die so genannte ETH-Kultur. Ich verstehe darunter, dass sich hier an der Institution eine eigene Identität entwickelt und sich die ETH-Angehörigen als Teil der Hochschule fühlen. Fast noch mehr als im Bereich der Lehre hinkt die ETH da den Schulen hinterher, mit denen sie sich häufig vergleicht. Die Angebote für Studierende wie etwa Wohnen unterscheiden sich an der ETH beispielsweise noch stark von jenen eines MIT. Damit sich die Studierenden jedoch mit ihrer Hochschule identifizieren, sind solche Leistungen entscheidend. Nach der Verbesserung der Lehre wird die hochschuleigene Kultur wohl das nächste grosse Thema für die ETH.

Bleiben wir noch einen Moment bei der Lehre. Eine der vorgeschlagenen Massnahmen zur Verbesserung der Lehre besteht darin, die Studierenden mehr unternehmerisch auszubilden. Finden Sie das eine gute Idee?

Wir verstehen „unternehmerisch“ als Sammelbegriff für konkrete Fähigkeiten. Was heisst denn „unternehmerisch“ überhaupt? Natürlich kann man die Studierenden dazu ermutigen, ein eigenes Unternehmen zu gründen. Aber letztlich müssen ihnen dazu konkreten Fähigkeiten vermittelt werden. Und da sind wir Ernst Hafens Meinung, dass die Lehre vielmehr auch die Bereiche Selbständigkeit, Projektarbeit, Management- und Teamfähigkeit abdecken soll. In manchen Studiengängen findet ausschliesslich Frontalunterricht statt. Es gibt bislang zwar gute Initiativen, die aber nicht in die Curricula integriert sind, sondern noch weit aussen stehen. Ein Beispiel sind „Seed Sustainability“, die Projektarbeiten im Bereich Nachhaltigkeit anbieten. Wenn solche Bestrebungen unter den Begriff „unternehmerisch“ fallen, dann finde ich die formulierte Massnahme wirklich wichtig.


"Die ETH muss eine eigene Kultur entwickeln", findet VSETH-Präsident Alexander Rudyk.

Wie beurteilen Sie allgemein die Diskussion im Weblog?

Was ich interessant finde – und ich denke das zeigt sich immer wieder – ist, dass sich die Leute nur ungern zu grossen Strategien äussern. Für mich ist das insofern verständlich, als die Ziele sehr weit gehen und langfristig angesetzt sind. Ich denke, die Angestellten und Studierenden interessieren sich für ETH 2020, sind aber zu wenig motiviert, um gleich selber in die Tasten zu greifen. Die Leute wollen eher über konkrete Probleme reden - bezeichnend ist, dass jemand im Blog selbst eine Art Kummerkasten angeregt hat. Da könnte man sich darüber beklagen, dass im Departement Chemie die Prüfungsergebnisse zu spät veröffentlich wurden. Unter den einzelnen Studierenden ist das Feedback zum Blog sehr positiv. Sie haben jetzt das Gefühl, die Schulleitung höre ihnen endlich einmal zu.

Haben Sie das Gefühl, der VSETH wird durch das Weblog besser in den Prozess ETH 2020 eingebunden?

Wir sind bislang im Rahmen der Vernehmlassung auf direktem Weg relativ gut eingebunden worden. Ich denke, das wird auch so weitergehen. Mit dem Weblog können wir aber zeigen, dass wir nicht einfach die Meinung von zwei oder drei Spinnern im VSETH vertreten, sondern dass wir von den Studierenden Rückhalt bekommen. Es ist auch für uns interessant zu lesen, was die Studierenden denken.

Was erhoffen Sie sich als Präsident des VSETH von ETH 2020?

Ich hoffe, dass ein paar Fragen von Grund auf geklärt werden und man dann die richtigen Massnahmen trifft. Zum Beispiel sollte man sich über den wirklichen Stellenwert der Lehre klar werden. Wenn man sich dazu bekennt, dass die Lehre mindestens so wichtig wie die Forschung ist, dann muss man daraus die entsprechenden Schlüsse ziehen. Dann muss man auch mehr Geld in die Hand nehmen und die Professoren vermehrt zur Verantwortung ziehen. Die andere Frage ist: Will die ETH auf der Masterstufe wirklich zu einer Hochschule werden, welche die besten Studierenden aus dem Ausland anzieht? Herr Hafen scheint diese Frage mit „Ja“ zu beantworten. Wenn der ETH 2020 Prozess zu Ende ist und wir alle diese Frage mit ja beantworten, dann muss man auch da die richtigen Entscheidungen treffen. Dann muss man nochmals die Lehre verbessern und an der ETH-Kultur arbeiten. Für ausländische Studierende, die nicht die nicht dieselbe Sprache sprechen und hier keine Freunde haben, ist das entscheidend. Darüber hinaus hat sich die ETH von einer Behörde zu einem Betrieb entwickelt. Aber der Schritt wurde noch nicht zu Ende gemacht. Damit man von den Mitarbeitenden Eigenverantwortung verlangen kann, muss man ihnen auch die Kompetenz einräumen, selbständig entscheiden zu können.


ETH 2020 - Die nächsten Schritte

Seit dem 9. März werden die Ziele und Massnahmen des ETH 2020-Prozesses bei den einzelnen Departementen, Infrastrukturbereichen und Hochschulgruppen zur Diskussion gestellt. Bis zum 7. Juli sollen diese Konsultationen mit je einer schriftlichen Stellungnahme dieser Bereiche abgeschlossen sein. Bis zum diesem Datum läuft auch die ETH-weite Diskussion im Weblog ETH 2020 (www.eth2020.ethz.ch). Die Ergebnisse dieser Etappe sollen in die weiteren Planungsarbeiten einfliessen. Am 16. August wird die Schulleitung die anvisierten Ziele in einem Beschluss festhalten. In der zweiten Jahreshälfte sollen konkrete Massnahmen geplant und ein Umsetzungsprogramm erarbeitet werden.






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