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Rubrik: Tagesberichte |
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Denklabor in der Villa Garbald eröffnet Science Village im Bergell |
Letzten Donnerstag eröffnete die ETH Zürich in der von den Architekten Miller und Maranta renovierten und ausgebauten Villa Garbald im Bergell ein Tagungs- und Seminarzentrum. Das Denklabor ist mit moderner Informationstechnologie direkt mit der ETH Zürich vernetzt und soll gerade dadurch als Modell dienen, wie Grenzen zwischen einem urbanen Zentrum und einer geographischen Randregion überwunden werden können. Von Christoph Meier Der Zweck der Villa Garbald wurde bereits 1955 festgelegt: Ein Zentrum für Kunst, Wissenschaft und Forschung sollte nach dem Willen von Andrea und Margherita Garbald aus dem von Gottfried Semper entworfenen Gebäude entstehen (vgl. Kasten). Die Kinder des Zollbeamten Agostino und der Schriftstellerin Johanna Garbald aus dem Bergeller Dorf Castasegna an der italienschen Grenze wollten so das Erbe ihrer Eltern retten.
Ein knappes halbes Jahrhundert nach der Zweckbestimmung ist es nun soweit: Letzten Donnerstag konnte die Villa Garbald als Tagungs- und Seminarzentrum eröffnet werden. Bei der dazu gehörigen Feier, an der rund hundert Personen teilnahmen, betonten die verschiedenen Redner den Modellcharakter des 4,5 Millionen teuren Projektes. Gerhard Schmitt, ETH-Vizepräsident für Planung und Logistik, sprach beispielsweise von der Villa Garbald als einem „Science Village“, in dem sich die Wissenschaft und Öffentlichkeit austauschen sollen, so wie es im grösseren Massstab auch für die „Science City“ auf dem Hönggerberg vorgesehen ist. Das Bergell, ein Ort zum Denken Die Direktschaltung zu Konrad Osterwalder, dem ETH-Rektor, in die Aula im Zürcher Hauptgebäude demonstrierte, dass das Bergell dank Technik in unmittelbare Nähe von Zürich rückt. Osterwalder erwähnte, dass ein Aufenthalt im Bündner Südtal mit seinen mächtigen Bergen Wissenschaftler möglicherweise Bescheidenheit lehren könne, eine Voraussetzung für wahre Innovation.
Vor dem Handeln komme immer das Denken, bemerkte Klaus Huber als Vertreter der Bündner Regierung in Castasegna. Der Politiker hofft in diesem Sinne, dass die Villa Garbald ihrem Anspruch als Denklabor gerecht werden kann. Er sieht das Projekt auch als ein Muster für die Regionalpolitik. Aus der Region selbst meldete sich Anna Giacometti zu Wort. Die Präsidentin der Region Bergell ist überzeugt, dass ihre Heimat die Besucher inspirieren wird. Bewusst klösterlich Sicher inspiriert von der Gegend waren Paola Maranta und Quintus Miller. Die Architekten lehnten sich beim turmartigen, verwinkelten Neubau „Roccolo“ bewusst an Strukturen des Tals an. Die Innengestaltung sei bewusst klösterlich gehalten, meinte Miller. So wurde auch sehr sparsam möbliert, was den Effekt hat, dass die 10 Zimmer im „Roccolo“ mit einer Grösse von 8 bis 12 Quadratmetern nicht eng wirken. Erweckt das Gebäude den Eindruck bis ins Detail durchdacht zu sein, so lässt sich teilweise doch nicht verbergen, dass die Handwerker mit den an sie gestellten Ansprüchen zu kämpfen hatten. Grundsätzlich ist es den Architekten jedoch gelungen, einen architektonischen Akzent zu setzen, der die alte Villa ergänzt, ohne sie zu konkurrenzieren.
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Technisch bestens gerüstet Der Neu- wie der Altbau beeindrucken nicht nur durch ihre Architektur. In beide Gebäude wurde auch viel Technik gesteckt. So rüstete die ETH-Professur für CAAD die Villa mit digitaler Gebäudeautomation aus. Alle Installationen wie Türen oder Lampen können dadurch bei entsprechender Berechtigung von überall aus angesteuert werden. Der Plenarsaal des Neubaus enthält zudem einen grossformatigen, interaktiven Plasmabildschirm und einen grossen Stehtisch mit integriertem, ebenfalls interaktivem Display. Diese Arbeitsumgebung ermöglicht es, von verschiedenen Orten aus gemeinsam digitale Informationen zu erzeugen, zu bearbeiten und online verfügbar zu machen, so wie man es vom Virealab der ETH kennt (1)(2).
Insgesamt scheint die Villa Garbald als Stätte des Austausches zumindest technisch gerüstet zu sein. Ob das aber genügt, um in den immer wieder beschworenen Kontakt mit der lokalen Bevölkerung zu treten, muss sich erst noch weisen. Hörte man sich an der Eröffnung um, so erachten die meisten Bergeller das neue Seminarzentrum als eine positive Entwicklung, haben aber wenige konkrete Vorstellungen, wie der Austausch zustande kommen soll. Hier gilt es also auch noch seitens der ETH einen Modus vivendi zu finden, eine Herausforderung, die sich nicht allein mit Technik lösen lässt.
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Das Institut gta eröffnete am Donnerstag im Hauptgebäude der ETH Zürich eine Ausstellung zu Sempers Villa im Bergell: 13. Mai 2004 bis 4. Juni 2004, ETH Haupthalle, Öffnungszeiten 7.00-21.00 Uhr | |||||||||||||||
Literaturhinweise:
Fussnoten:
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