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Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 12.12.2005 06:00

Architekturstudierende entwickeln Ideen für Holzhäuser
Das Fertighaus – Chance für den Holzbau?

Während Holz früher im Hausbau dominierte, haben Holzhäuser heute oft ein schlechtes Image. In jüngster Zeit ist das Interesse der Architekten für den Baustoff Holz jedoch gestiegen. Zu diesem Aufschwung beigetragen haben einerseits neue technologische Möglichkeiten, andererseits aber auch die ökologischen Vorteile des Holzes. Zur Zeit läuft am Departement Architektur ein Projektunterricht, in welchem Studierende neue Ideen für Holzhäuser entwickeln.

Lukas Denzler

Der Auslöser für die Zusammenarbeit mit der Firma Marty Häuser AG, die auf den Bau von Einfamilienhäusern in vorgefertigter Holzsystembauweise spezialisiert ist, war das Buch „Nachhaltig handeln – illustriert am Beispiel Bauen und Wohnen mit Holz“. (1) Herausgegeben und einen grossen Teil der Texte geschrieben hat Thea Rauch vom ETH Wohnforum, einer von Dietmar Eberle geleiteten, interdisziplinären Forschungseinrichtung. Dieter Schenk, CEO der Marty Häuser AG, las das Buch und kontaktierte Thea Rauch vom Departement Architektur der ETH Zürich – mit dem Ziel, eine Zusammenarbeit in der Ausbildung der Studierenden im Bereich Holzbau zu lancieren.

„Innovation-Award“ für Holzbau

Das vorgefertigte Haus – oft Fertighaus genannt – hat ein schlechtes Image. Das möchten die Verantwortlichen der Marty Häuser AG ändern. „Wir wollen zeigen, dass gute Architektur auch mit Holzsystembauweise möglich ist“, sagt Dieter Schenk. Grosse Hoffnungen setzt er dabei in die junge Generation – insbesondere in die Architekten, die heute ausgebildet werden. Bei Thea Rauch rannte er offene Türen ein und mit Christian Kerez, Sacha Menz und Bruno Keller konnten drei Professoren für die Zusammenarbeit gewonnen werden, so dass in diesem Semester der erste Projektunterricht mit über 30 Studierenden starten konnte. Nach einer Einführung in die Themen „Systembau mit Holz“ und „Holzkreislauf“, der Besichtigung der Firma Marty in Wil sowie einer grossen Sägerei sind die Studierenden derzeit daran, Projektideen zu entwickeln. Gleichzeitig wird ein ähnlicher Kurs an der TU Stuttgart durchgeführt. Im März 2006 wird eine Fachjury die Projekte der Studierenden beurteilen und das beste mit dem „Marty-Innovation-Award“ für Holzbau auszeichnen.

Obwohl Holz hierzulande über viele Generationen den Hausbau prägte, haftet Holzhäusern heute oft ein negatives Image an. Die einen verbinden den Holzbau mit Chalets, andere haben Vorbehalte, was die Dauerhaftigkeit, den Schall- oder Brandschutz betrifft. Die technischen Probleme sind heute jedoch weitgehend gelöst und Holz spielt beim nachhaltigen Bauen eine wichtige Rolle. Für Christian Kerez, seit 2003 Assistenzprofessor an der ETH, ist es ein wichtiges Ziel, dass sich die Studierenden mit dem Baustoff Holz und seinem Image auseinandersetzen. Das Potenzial sei längst noch nicht ausgeschöpft, sagt Kerez und verweist auf das Beispiel Vorarlberg, wo der Anteil der neu erstellten Einfamilienhäuser, die in Holz gebaut werden, deutlich höher ist als in der Schweiz.

Visionen im Realitätstest

Der Baustoff Holz eignet sich für das Bauen mit vorgefertigten Elementen ganz besonders. Ist bei der Realisierung eines Fertighauses aber auch architektonische Kreativität gefragt? „Mit der Idee des Feritghauses haben sich schon einige berühmte Architekten beschäftigt, jedoch ohne grossen Erfolg“, sagt Christian Kerez. Und trotzdem sieht er in dieser Bauweise Chancen, erachtet diese sogar als Notwendigkeit. Bei Einfamilienhäusern werde der Architekt oft auf die Rolle des Zeichners reduziert. Kerez spricht aus eigener Erfahrung. Mit dieser Realität möchte er die Studierenden konfrontieren. Bei architektonischen Visionen gelte es, die Realität nicht auszublenden, sondern sich mit dieser auseinanderzusetzen und auf diese Weise die eigenen Visionen weiterzuentwickeln. Die Zusammenarbeit mit der Firma Marty ist für Kerez wertvoll, weil deren Mitarbeiter neben der fachlichen Kompetenz sehr viel Erfahrung im Umgang mit Bauherren haben.


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Der Baustoff Holz hat ein längst noch nicht ausgeschöpftes Potential: Zwischenkritik mit ETH-Architekturprofesssor Christian Kerez (o.r.), Beispiel eines Hauses in Holzsystembauweise (u., Bild: Marty Häuser AG).

Dass der Architekt bei Einfamilienhäusern oft an seine Grenzen stösst, bestätigt Dieter Schenk. Trotzdem sucht seine Firma nun ganz bewusst die Zusammenarbeit mit der Architekturabteilung der ETH Zürich. Das Typenhaus, bei dem eines dem anderen aufs Haar gleicht, gebe es in der Schweiz nicht. Zu verschieden seien die Verhältnisse vor Ort. 30 Prozent der Marty Häuser seien komplett individuell. Nach der Abklärung der Bedürfnisse kämen die Architekten der Firma zum Zug. Bei den anderen 70 Prozent der realisierten Einfamilienhäuser bilde eine bestehende Hausidee die Grundlage, wobei bei den fertigen Häusern nur noch bei knapp der Hälfte die ursprüngliche Idee noch erkennbar sei, sagt Schenk.

Massgeschneiderte Holzbauteile

In jüngster Zeit hat das Interesse am Baustoff Holz zugenommen. „Das Holzhaus wird langsam salonfähig“, freut sich Schenk. Laut Schenk ist für die Verbesserung des Images der vorgefertigten Häuser die Entwurfsarchitektur als schöpferischer Akt sehr wichtig. Die technologischen Möglichkeiten bei der Herstellung der Holzelemente setzen dem Architekten heute kaum noch Schranken. Die Bauteile werden in der Werkstatt fertig fabriziert und anschliessend auf der Baustelle innerhalb kurzer Zeit zusammengesetzt.

Wie ein Augenschein bei der ersten Zwischenkritik auf dem Hönggerberg zeigte, sind die Studierenden sehr motiviert. Ein Student dachte darüber nach, ob es möglich ist, sich sein eigenes Haus im Internet mit vorgegebenen Elementen zusammenzusetzen. Das „Fertighaus als Wohnmaschine“ mit bereits eingebauten Möbeln war ein anderer Vorschlag. Während die Idee, die Möbel gleich mitzuliefern, auf Zustimmung stiess, wurden bei der „Wohnmaschine“ Bedenken geäussert. Bei einem Auto werde akzeptiert, dass dieses eine Maschine sei, bei einem Wohnhaus aber wohl eher nicht. Die Motivation der Studierenden hängt nicht nur mit der Verleihung des „Innovation-Awards“ zusammen. Sämtliche Projektideen werden auf der Website der Firma Marty veröffentlicht. Und wird dereinst eines der Projekte realisiert, so wird die Firma dies zusammen mit der Studentin oder dem Studenten vertraglich geregelt tun.

Einsteins Sommerhaus

Vielleicht gelingt in den kommenden Jahren der Durchbruch für vorgefertigte Holzhäuser. In der Vergangenheit setzten sich damit nämlich nicht nur berühmte Architekten auseinander. Es gab auch berühmte Bauherren. So liess sich Albert Einstein 1929 in der Nähe von Potsdam von Konrad Wachsmann ein Sommerhaus aus vorgefertigten Holzelementen bauen. Einstein verbrachte bis 1932 einen grossen Teil seiner Zeit in diesem Haus und soll sich dort sehr wohl gefühlt haben. Einsteins Sommerhaus in Caputh wurde im Mai 2005 nach dreijähriger Renovation wieder eröffnet.


Fussnoten:
(1) Thea Rauch-Schwegler, Nachhaltig handeln – illustriert am Beispiel Bauen und Wohnen mit Holz, h.e.p. Verlag, 2005. Vgl.: www.arch.ethz.ch/wohnforum



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