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Rubrik: Tagesberichte

Collegium@Irchel
Synapsen, Hormone und gute Kommunikation

Published: 04.05.2007 06:00
Modified: 05.05.2007 12:03
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Mit dem schwierigen Thema Glück setzte sich das Collegium Helveticum an einer Abendveranstaltung auf dem Irchel auseinander. Drei Forschende zeigten auf, wie Nervenzellen, Hormone und partnerschaftliche Kommunikation zusammenspielen.



Felix Würsten (mailto:felix.wuersten@ethlife.ethz.ch)

Lässt sich Glück lernen? Oder ist das, was wir in zwischenmenschlichen Beziehungen erfahren, einfach nur durch Synapsen und Hormone determiniert? Das Collegium Helveticum der ETH und Universität Zürich ging zusammen mit ETH-Departement CHAB dieser Frage letzte Woche an einer Abendveranstaltung auf dem Unicampus Irchel nach. Zwei Referenten und eine Referentin beleuchteten das Thema aus ganz unterschiedlichen Blickwinkeln. Glück, so das Fazit, lässt sich vielleicht lernen, doch Synapsen und Hormone spielen dabei eine wichtige Rolle.

Tagebuch des Lebens

Hanns Möhler, Professor am Institut für Pharmakologie der Universität Zürich und am Institut für Pharmazeutische Wissenschaften der ETH Zürich und zurzeit Fellow am Collegium Helveticum, zeigte zunächst die neurobiologischen Zusammenhänge auf. In den letzten Jahren hat man viel darüber gelernt, wie im menschlichen Gehirn Emotionen verarbeitet werden. Das Gehirn, so Möhler, funktioniere nicht wie eine Firma mit einem klaren Chef, der von oben herab Befehle erteile, sondern wie ein selbstorganisierter Prozess. Die Strukturen werden dabei laufend verändert, jede Erfahrung hinterlässt ihre Spuren im neuronalen Netzwerk. Das Gehirn sei ein regelrechtes Tagebuch des Lebens.

Aus biologischer Sicht haben Emotionen eine zentrale Bedeutung: Einerseits schützen sie uns, andererseits bringen sie uns dazu, Sachen zu wiederholen, die uns gut tun. Bei positiven Anreizen wird im Gehirn eine Kaskade von Reaktionen ausgelöst. Berührungen, Süssigkeiten, Humor, Musik, Sex, Geld und Drogen sind alles Stimuli, welche dieses System aktivieren. Möhler verdeutlichte aber auch, dass das menschliche Glück beschränkt ist. Neuere Untersuchungen zeigen, dass es eine genetische Disposition für Depressionen gibt. Menschen, welche die entsprechende genetische Ausstattung haben, entwickeln nach traumatischen Erlebnissen bedeutend häufiger eine Depression als andere Menschen. Dabei manifestieren sich in zwei bestimmten Hirnarealen klar erkennbare physiologische Unterschiede.

Den Gegensatz überwinden

Markus Heinrichs, Professor am Institut für Psychologie der Universität Zürich, wies darauf hin, dass Menschen kontaktfreudige Lebewesen sind. Wenn jemand soziale Beziehungen mit Angst in Verbindung bringe, dann bedeute dies einen fundamentalen Verlust an Lebensqualität. Verschiedene Studien hätten gezeigt, dass ein gut funktionierendes soziales Netzwerk einen Schutzfaktor darstellt, zum Beispiel bei Erkrankungen. Heinrichs plädierte dafür, den scheinbaren Gegensatz zwischen der biologischen "Hardware" und der psychologischen "Software" zu überwinden. Mit seinem Team untersucht Heinrichs die Wirkung des Hormons Oxytozin. Ausgangspunkt für diese Forschung war die Beobachtung, dass Präriewühlmäuse ein ganz anderes soziales Verhalten zeigen als die nahe verwandten Bergwühlmäuse. Erstere leben monogam und kümmern sich gemeinsam um den Nachwuchs, letztere sind hingegen polygam und fristen ein Einzelgängerdasein. Der Unterschied liegt beim Oxytozin: Präriewühlmäuse haben eine Andockstelle für dieses Hormon, Bergwühlmäuse nicht.

Für viele gilt der Hochzeitstag immer noch der schönste Tag im Leben. 70 bis 80 Prozent der Verheirateten geben jedoch an, ihre Ehe funktioniere schlechter, als sie dies erwartet hätten.

In seinen Studien konnte Heinrichs zeigen, dass Oxytozin auch bei Menschen die soziale Annäherung und die Bindungsfähigkeit fördert. Aggression, Stress und Angst hingegen werden abgebaut. Stillen und positive Körperkontakte führen zu einer Ausschüttung des Hormons. Nach einer solchen Stimulation zeigen Probanden deutlich weniger Stresssymptome, wenn sie eine Prüfung bestehen müssen. Zurzeit untersucht Heinrichs, ob eine gezielte Verabreichung des Hormons mithelfen könnte, autistische Störungen und soziale Phobien zu heilen.

Was gute Kommunikation ausmacht

Auf einer ganz anderen Ebene beschäftigt sich Kathrin Widmer vom Institut für Familienforschung und Beratung der Universität Freiburg mit dem Thema Glück. Die Psychologin erforscht, welche Faktoren Beziehungen zum Scheitern bringen. Die Scheidungsrate in der Schweiz hat inzwischen die 50-Prozent-Marke überschritten. In Umfragen geben 70 bis 80 Prozent der Befragten an, ihre Ehe funktioniere schlechter als sie dies bei der Hochzeit erwartet hätten. Frauen zeigen sich dabei deutlich enttäuschter als Männer. Widmer hat festgestellt, dass gescheiterte Ehen oft einem Standardschema folgen: Während die Frau zunächst die Beziehung zu retten versucht, zieht sich der Mann zurück. Erst wenn die Frau bereits resigniert hat, versucht der Mann, die verfahrene Situation zu retten. Die Prognose für eine Ehetherapie sei äusserst schlecht, wenn sich der Mann bei der Beratungsstelle zuerst melde, meinte Widmer.

Eine entscheidende Rolle spielt bei Ehekrisen die Kommunikation und die Stressbewältigung. An der Universität Freiburg wurde deshalb ein zweitägiges Stresspräventionstraining für Paare entwickelt. Dabei lernen die Partner, konstruktiv miteinander zu sprechen. Zu einer guten partnerschaftlichen Kommunikation, so Widmer, gehört auf der einen Seite, dass der eine Partner Ich-Botschaften vermittelt, über seine eigenen Gefühle spricht und konkrete Aussagen macht. Und auf der anderen Seite braucht es einen zweiten Partner, der aufmerksam zuhört und offene Fragen stellt, die den ersten Partner zum weiter erzählen einladen.

Footnotes:


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