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![]() Rubrik: Tagesberichte Strukturanalyse bei Säugern und Pilzen Die Architektur von Fettsäurefabriken |
![]() Published: 03.03.2006 06:00 Modified: 03.03.2006 14:02 ![]() |
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Säuger bauen ihre Fettsäuren in einer X-förmigen molekularen Fabrik zusammen, Pilze dagenen in einer tonnenförmigen. ETH-Forscher konnten nun die Gesamtstruktur dieser grundlegenden zellulären Fabrikationsstätten genauer bestimmen und die einzelnen Orte lokalisieren, an denen die verschiedenen Produktionsschritte ablaufen. Das neu gewonnene Verständnis der Organisation des Produktionsprozesses verspricht längerfristig gezieltere Therapieansätze für Krankheiten, die mit der Regulation der Fettsäuresynthese verbunden sind. Die Arbeiten führten zu zwei Publikationen in der Fachzeitschrift „Science“. Christoph Meier (mailto:christoph.meier@sl.ethz.ch) Fettsäuren sind ein zentraler Baustein aller Lebewesen. Sie sind Bestandteile von biologischen Membranen, wichtig für die Energiespeicherung und fungieren als Botenstoffe. Aufgrund dieser zentralen Stellung ist auch der biochemische Syntheseweg konserviert. Das wiederum bedeutet aber nicht, dass die räumliche Organisation der ganzen Fabrikation bei allen Organismen gleich ist. Forschern um Professor Nenad Ban vom ETH-Institut für Molekularbiologie und Biophysik ist es nun gelungen (1) (2) , den Aufbau der Fettsäurefabriken in Zellen von Säugetieren und Pilzen zu bestimmen, so dass nun klar ist, wie die einzelnen Reaktionen der Synthese räumlich koordiniert werden. Die Arbeiten mit Material einerseits aus tierischem Gewebe und andererseits aus einem thermophilen Pilz führten zu je einer Publikation in der neuesten Ausgabe der Fachzeitschrift „Science“ (3) (4) . Geschützte molekulare ProduktionsstättenDie Strukturanalysen, die mit hochbrillianter Röntgenstrahlung der Swiss Light Source des Paul-Scherrer-Instituts in Würenlingen durchgeführt wurden(5) , ergaben, dass die Fettsäuresynthese bei Säugern und Pilzen räumlich völlig verschieden organisiert ist. Bei Pilzen ist die ganze Fabrikation in einer tonnenförmigen Struktur untergebracht, die durch eine Scheibe in der Mitte in zwei Produktionshallen getrennt wird. Die einzelnen Produktionsorte, also die enzymatischen aktiven Zentren, sind alle zu den Innenräumen orientiert. Damit seien die Prozesse besser geschützt und auch effizienter, erläutert Nenad Ban den Befund.
Eine geschützte Produktionsstätte gibt es auch für die Fettsäuresynthese der Säuger. Diese findet aber nicht in einem tonnenartigen, sondern an einem X-förmigen Molekül statt. Dabei bilden die seitlichen Arme der Säugerfettsäure-Synthase eine flexible Reaktionskammer, um welche sich die enzymatisch aktiven Zentren anordnen. Erstaunlich, so Ban, sei gewesen, dass die einzelnen aktiven Zentren relativ weit auseinander liegen. Damit sei die weit verbreitete Annahme, dass ein Kofaktor als beweglicher Arm die wachsende Fettsäure von einem Zentrum zum nächsten weiterreiche, widerlegt worden. Vielmehr müsse von einem mobilen Trägersystem ausgegangen werden, das durch die Flexibilität der Gesamtstruktur unterstützt wird.
Insgesamt ist es den Forschern also gelungen, die bereits von Bakterien her bekannten Strukturen der einzelnen Enzyme, die an der Fettsäuresynthese beteiligt sind, in den grossen Produktionskomplexen bei Säugern und Pilzen zu lokalisieren. Dabei zeigte sich, dass die einzelnen Enzyme rund zwei Drittel der Gesamtstruktur ausmachen und der Rest als Matrix dient, welche die ganze Synthese konzertiert ablaufen lässt. Die neuen Arbeiten geben auch Aufschluss über die Feinstruktur der Matrix selbst, indem man nun weiss, wo sogenannte Alpha-Helices oder Beta-Faltblätter vorkommen. Als nächstes wollen Ban und seine Mitarbeiter die Erstellung eines atomaren Modells beider Synthesekomplexe in Angriff nehmen. Das Ergebnis dieser Arbeiten, die nach Einschätzung von Nenad Ban ein bis zwei Jahre dauern werden, wird neben dem Verständnis des Zusammenspiels der einzelnen Fabrikationsorte, eine detaillierte Kenntnis des atomare Aufbaus der einzelnen Reaktionszentren sein. Diese Informationen können dann zur zielgerichteten Medikamentenentwicklung gegen Krankheiten verwendet werden, die mit der Funktion und Regulation der Fettsäure-Synthasen verbunden sind. Beispiele dafür sind Übergewicht und durch dieses begünstigte Krankheiten, wie Diabetes und Herz-Kreislauferkrankungen, aber auch zahlreiche Krebsarten. Der strukturelle Unterschied zwischen den Synthasen bei Pilzen und Menschen verspricht natürlich auch spezifische Pilzhemmmittel. Die Forscher werden sich darum nicht wie Diogenes vor seiner Tonne auf ihren Ergebnissen ausruhen, sondern ihre strukturelle Analyse der molekularen tonnen- beziehungsweise X-förmigen Fabriken zur Fettsäure-Herstellung möglichst rasch weiter vorantreiben.
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