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Rubrik: Tagesberichte

Neue Funktion des humanen Cul3 Proteins in der Zellteilung
Hüter der Chromosomen

Published: 14.06.2007 06:00
Modified: 13.06.2007 17:44
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Die Fähigkeit, sich erfolgreich zu teilen, ist für eine Zelle essentiell. Deshalb unterliegt die Zellteilung restriktiven Kontrollen. Geringste Fehler in diesem Prozess reichen aus, um die Erbinformation falsch an die Tochterzellen weiterzugeben. Dies kann zum Tod der Zelle oder gar zur Entstehung von Krebszellen führen. ETH-Forscher entdeckten nun ein neues Protein, Cullin3, das bei der menschlichen Zellteilung eine entscheidende Kontrollfunktion ausübt. Fehlt Cullin3 entstehen Zellen mit mehreren Zellkernen und unterschiedlicher Chromosomenzahl.



Basil Honegger

Die Zellteilung ist einer der grundlegendsten Vorgänge des Lebens. Ein erwachsener Mensch beispielsweise besteht aus rund 100 Billionen Zellen, die alle durch Teilung aus einer einzigen befruchteten Eizelle entstanden sind. Das sind so viele, dass man, würde man sämtliche Zellen unseres Körpers aneinander reihen, die Zellkette rund 100 Mal um die Erde spannen könnte. Aber die Fähigkeit zur Zellteilung spielt nicht nur in der Entwicklung eines Organismus, sondern auch danach eine entscheidende Rolle. Denn die meisten Zellen müssen ständig erneuert werden. So sterben bei einem erwachsenen Menschen jede Sekunde 50 Millionen Zellen ab, während beinahe ebenso viele in der gleichen Zeit neu gebildet werden. Das Entscheidende dabei ist, dass jede einzelne der neuen Zellen dieselbe Erbinformation erhält wie die Ausgangszelle. Um dies zu gewährleisten, unterliegen Verdoppelung und Aufteilung der Erbinformation strengsten Kontrollmechanismen. Wird falsch aufgeteilt, sterben die entstandenen Zellen entweder ab oder noch schlimmer, entwickeln sich zu Krebszellen.

Die Präzision, mit welcher die Zellen es schaffen, sich ohne Fehler zu teilen fasziniert auch den ETH Professor Matthias Peter (1) . Seine Gruppe am Institut für Biochemie beschäftigt sich schon seit mehreren Jahren mit den Kontrollmechanismen, die einen reibungslosen Ablauf der Zellteilung garantieren. Erst kürzlich gelang es ihnen, einen wichtigen Faktor in diesem Prozess zu identifizieren, das Protein Cullin3 (Cul3). Sie publizierten ihre Arbeit letzte Woche im Fachmagazin Developmental Cell (2) .

Vom Wurm zum Menschen

Cul3 war bereits aus dem Fadenwurm C. elegans bekannt, wo das Protein ein wichtiger Bestandteil der Entsorgungsmaschinerie ist (3) (4) . Dabei markiert Cul3 Proteine, welche entsorgt werden müssen durch das Anhängen eines oder mehrerer Ubiquitine. Zellen denen Cul3 fehlte, zeigten aberdie unterschielichsten Defekte. So war bei Cul3-mutanten Zellen beispielsweise die Zellteilung schwer gestört, und es war den Zellen oft nicht möglich, sich nach der Teilung des Erbgutes voneinander zu lösen. Dies führte dazu, dass Zellen mit mehreren Zellkernen entstanden, die dementsprechend auch mehrfache Kopien des Erbgutes enthielten. All diese Defekte zusammen führen zum frühen Tod des Fadenwurms, was die Untersuchung erschwert. „Ziel war es nun herauszufinden, ob Cul3 die Zellteilung auch im Menschen beeinflusst und falls dem so ist, wie diese Rolle aussieht“, meint Izabela Sumara, Postdoc in Peters Labor.

Tatsächlich entdeckten die Forscher auch in menschlichen Zellen, dass die Abwesenheit von Cul3 zu Zellen mit mehreren Kernen führt (Figur 1). Bei genauerer Betrachtung dieser unvollständigen Teilung stellte sich aber heraus, dass die Zellen nicht nur mehrere Kerne enthielten, sondern dass auch die Anzahl der Chromosomen pro Zellkern nicht korrekt war. Generell gilt, dass sich die bereits verdoppelten Chromosomen bei jeder Zellteilung im Zentrum der Zelle sammeln und von dort aus durch dünne, fadenartige Strukturproteine genannt Mikrotubuli in je eine Zellecke gezogen werden. Dabei wird kontrolliert, dass jede Tochterzelle dieselbe Art und Anzahl an Chromosomen erhält. Teil dieser Kontrolle ist es, dass die Mikrotubuli erst zu ziehen beginnen, wenn alle Chromosomen in der Mitte der Zelle aufgereiht sind.

Den ETH Forschern gelang es nun zu zeigen, dass die Mikrotubuli in der Abwesenheit von Cul3 schon verfrüht mit dem Ziehen beginnen, was dazu führt, dass die Chromosomen ungleichmässig aufgeteilt werden (Figur 2). Fehlt Cul3, kann das Erbgut nicht mehr stabil an die Tochterzellen weitergegeben werden.

Fig. 1: Wenn Cul3 fehlt (linkes Bild) entstehen bei der Zellteilung oft Zellen mit mehreren Kernen (blau). Die Mikrotubuli (grün) veranschaulicht die Dimensionen der Zelle. (Bilder: Izabela Sumara)

Dies gefährdet die Ordnung der Chromosomen und die Stabilität des Genoms. „Es ist wichtig, dass wir verstehen, wie diese Stabilität erhalten werden kann, denn obwohl sich eine fehlerhafte Verteilung der Chromosomen nicht zwingend zu Krebs entwickeln muss, so weisen doch alle Krebszellen solche Defekte auf“, erklärt Peter.

Das Ende eines Dogmas?

Cul3 übt seinen Einfluss auf die Zellteilung aber nicht alleine aus. Das Forscherteam entdeckte, dass Cul3 direkt an den Chromosomen-Passagier Aurora B bindet. Zusammen mit drei Partnern sitzt Aurora B in der Anfangsphase der Zellteilung auf den Chromosomen und ist dafür zuständig, dass sie sich korrekt trennen. Zusätzlich wird es dazu benötigt, die physische Teilung der Zellen zu vollziehen. Die Gruppe des ETH Professors zeigte, dass Cul3 Aurora B durch das Anhängen mehrerer Ubiquitin Proteine markiert und so dessen Funktion beeinflusst. Eine solche Markierung bedeutet, wie oben erwähnt, normalerweise die Zerstörung des markierten Proteins. Im Fall von Aurora B ist das aber noch unklar, denn es gibt keinen Hinweis darauf, dass Aurora B frühzeitig abgebaut wird. „Wir könnten uns auch vorstellen, dass Aurora B nach der Markierung nicht zerstört wird, sondern dass dies einfach das Signal ist, sich von den Chromosomen zu lösen“, erläutert Peter. Würde Aurora B durch die mehrfache Ubiquitinierung jedoch nur markiert und nicht abgebaut, widerspräche dies einem alten Dogma. Danach sind alle Proteine, welche mit mehreren Ubiquitinmolekülen versehen werden, zur Zerstörung freigegeben.

Da bis jetzt noch keine der beiden Alternativen bewiesen oder widerlegt werden konnte, ist es eines der wichtigsten Ziele der Forscher herauszufinden, was zutrifft. Izabela Sumara meint, dass sich mit einem künstlichen Aurora B, welches nicht mehr ubiquitiniert werden kann eine Antwort auf diese Frage finden lässt. Zudem sind die Forscher auch stark daran interessiert herauszufinden, ob Cul3 neben Aurora B noch weitere Bindungspartner hat. „Wenn es uns gelingt die Funktion weiterer Bindungspartner von Cul3 zu entschlüsseln, kommen wir dem Ziel wieder ein Stückchen näher, den faszinierenden Prozess der Zellteilung zu verstehen“, hofft Matthias Peter.

Fig. 2: Wird Cul3 blockiert werden die Chromosomen (grün und mittlere Spalte, Kinetochore angefärbt) durch die Mikrotubuli (rot und rechte Spalte) während der Zellteilung verfrüht in die Zellecken gezogen. Dies führt zur Instabilität des Genoms.

Footnotes:
(1 Forschungsgruppe von Matthias Peter: www.bc.biol.ethz.ch/people/groups/peterm/
(2 Sumara, I. et al.: „A Cul3-Based E3 Ligase Removes Aurora B from Mitotic Chromosomes, Regulating Mitotic Progression and Completion of Cytokinesis in Human Cells.“ DevCell, 12, 887-900, 05 June 2007
(3 Pintard, L. et al.: „The BTB protein MEL-26 is a substrate-specific adaptor of the CUL-3 ubiquitin-ligase.“ Nature, 425, 311-316, 18 Sep 2003
(4 Vgl. „ETH Life“-Bericht „Notwendig für die Entsorgung“: www.ethlife.ethz.ch/articles/tages/cullinneddmp.html


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