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Rubrik: Tagesberichte

Auseinandersetzung um den ETH-Rat geht in die nächste Runde
Parlamentarier fordern Abgang von Präsident Zehnder

Published: 11.06.2007 06:00
Modified: 12.06.2007 10:47
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Die Auseinandersetzung um den ETH-Rat geht in die nächste Runde. Nachdem die offiziell als vertraulich deklarierte Findungsphase der Wahl des ETH-Präsidenten, die "ETH Life" zur Zurückhaltung gezwungen hat, abgeschlossen ist, stellen wir hier eine Übersicht der Wochenend-Berichterstattung über die jüngsten Ereignisse zusammen.



(CC) Am 30. Mai hat der Präsident der ETH Zürich, Konrad Osterwalder, in Abstimmung mit der Schulleitung bei Bundesrat Pascal Couchepin eine Aufsichtsbeschwerde eingereicht ("ETH Life" hat darüber berichtet (1) ), gleichentags hat das Magazin „Facts“ einen Brief der Departementsvorsteher an Bundesrat Couchepin und einen Brief von Prof. Dieter Imboden in seiner Funktion als Mitglied der Findungskommission an den ETH-Rat publiziert. Allen drei Aktionen gemeinsam war die Besorgnis über die Führung des ETH-Rates und die Art und Weise, wie dieses Gremium die Mittelzuteilung vornimmt.

In der Folge ist trotz Beschwichtigungsversuchen seitens Bundesrat Pascal Couchepin die Kritik am ETH-Rat nicht verstummt, sondern es wurden Stimmen laut, die dieses Gremium grundsätzlich in Frage stellen. So veröffentlichte die NZZ am 3/4. Juni einen Beitrag von Nobelpreisträger Prof. Richard Ernst, in dem dieser die Abschaffung des ETH-Rates fordert.

Parlamentarier und Parlamentarierinnen werden aktiv

Nun haben auch Parlamentarier und Parlamentarierinnen auf breiter Front nachgezogen. Wie die SonntagsZeitung vom 10. Juni berichtet, fordern Mitglieder der Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur (WBK) den Präsidenten des ETH-Rates, Alexander Zehnder, zum Rücktritt auf. SP-Nationalrätin Doris Stump wird mit den Worten zitiert: „Er hat wohl keine andere Wahl, als zurückzutreten.“ Nicht weniger deutlich äussert sich Vreni Müller Hemmi (SP, ZH), die eine Verlängerung der Amtszeit von Zehnder als „inakzeptabel“ bezeichnet und eine Abschaffung des ETH-Rats anstrebt: „Er ist schlicht eine Ebene zu viel.“ Müller-Hemmi, so die SonntagsZeitung, werde ein Postulat einreichen, in dem sie einen Bericht des Bundesrates zu den ETH-Führungsstrukturen fordert.

Auch Kathy Riklin (CVP, ZH) will Bundesrat Couchepin in die Pflicht nehmen: „Er muss sich nun Gedanken zu den Mitgliedern und zum Präsidium des ETH-Rats machen.“ Einen Vorstoss zu einer Änderung des ETH-Gesetzes hat, laut SonntagsZeitung, Ruedi Noser (FDP, ZH) vorbereitet. Er strebt eine grössere Autonomie für die beiden Eidgenössischen Technischen Hochschulen an, eine Forderung, die auch Kommissionspräsidentin Kathy Riklin unterstütze.

Auch die Geschäftsprüfungskommission des Ständerates hat sich am vergangenen Donnerstag eingeschaltet, wie verschiedene Medien berichtet haben. „Die ETH Zürich ist eine Schule mit Weltruf. Sie darf keinen Schaden nehmen“, lässt sich deren Präsident, Hansruedi Stalder, zitieren (NZZ am Sonntag, 10.06.).

Einen Klärungsbedarf betreffend die Strukturen der beiden ETH sieht auch der neu gewählte Staatssekretär für Bildung und Forschung, Mauro Dell’Ambrogio.

In einem Interview mit dem Tages-Anzeiger vom 9. Juni möchte er vorab die Frage beantwortet haben, ob es eine oder zwei Schulen seien. Treffe letzteres zu, so müssten auch zwei unterschiedliche Räte ernannt werden, so Dell’Ambrogio.

Treffen „führender Köpfe“ mit Parlamentariern

Wieder einmal etwas mehr als die anderen öffentlichen Quellen weiss die NZZ am Sonntag. Heute Montagabend, so die NZZaS vom 10. Juni, finde in Bern ein Treffen statt zwischen „ehemals führenden Köpfen der ETH Zürich und mehreren Ständeräten. Prof. Richard Ernst, alt Ständerat Riccardo Jagmetti und der frühere Präsident der ETH Zürich, Olaf Kübler, würden den Parlamentariern darlegen, weshalb der ETH-Rat „seit Jahren Ärger erzeugt“, wie sich Kübler zitieren lässt.

Hintergrund ist weiterhin, dass der ETH-Rat die gesetzlich verankerte Autonomie der Technischen Hochschulen einschränkt und die Gelder einseitig zuteilt. So hat die EPF Lausanne seit einigen Jahren ein überproportionales Wachstum zu verzeichnen, ohne dass dies hinreichend begründet werden kann.

Zudem, so weiss die NZZaS aus einer bundesratsnahen Quelle zu berichten, sei am Freitag beim Gesamtbundesrat, dem Wahlgremium des ETH-Rats, ein von der Schulleitung und allen Departementsvorstehern der ETH Zürich unterzeichnetes Schreiben eingetroffen, in dem die Schule eine Bereinigung der Situation fordere und sich den Forderungen sowohl von Prof. Dieter Imboden als auch von Prof. Richard Ernst anschliesse.

Aufruf zu Besonnenheit

Zur Besonnenheit rufen Andreas E. Steiner, Präsident der Wirtschaftskommission von Economiesuisse, und Rudolf Walser, Chefökonom des gleichen Verbands, auf (NZZ, 9./10.06.). Es sei zu befürchten, dass mit einer Auflösung des ETH-Bereichs und der Schaffung von zwei selbständigen Schulen der Kantonalisierung und Regionalisierung des Hochschulwesens weiter Auftrieb gegeben würde. „Eine solche Entwicklung förderte nicht den internationalen, sondern in erster Linie den kleinkarierten innerschweizerischen Wettbewerb.“ Das schweizerische Hochschulsystem müsse sich aber dem globalen Wettbewerb stellen. Die beiden Autoren bezweifeln, ob zwei getrennte Hochschulen von einem Bundesamt besser gesteuert würden.

Erhebliche Defizite orten die beiden Autoren bei der heutigen „Corporate Governance“ des ETH-Rats mit der Vermischung von strategischen und operativen Ebenen. Die Wirtschaft habe bei der Änderung des ETH-Gesetzes 2003 vergeblich auf diesen Schwachpunkt hingewiesen. Steiner und Walser fordern daher eine neue „Corporate Governance“ für den ETH-Rat mit einer klaren Aufgaben- und Kompetenzverteilung. Eine übereilte und isolierte Reform des ETH-Rats dränge sich nicht auf, weil die Parameter einer neuen „Hochschullandschaft Schweiz“ wie Führungsorganisation, Typologie der Hochschulen, Finanzierung usw. nicht bekannt seien und die Reorganisation der Bundesverwaltung an Ort trete. Was jetzt Not tue, sei nicht Hektik und Betriebsamkeit, sondern Besonnenheit, so die beiden Autoren: „Es genügt schon, wenn Exponenten der schweizerischen Forschungsszene und Professoren der gleichen Hochschulen sich öffentlich an den Karren fahren. Die Schweiz kann es sich nicht leisten, die ETH als Flaggschiff des schweizerischen Wissenschaftssystems mutwillig zu schwächen“, so Steiner und Walser.

ETH-Angehörige können die Artikel zum Geschehen bei Corporate Communications (CC-Desk, Tel. +41 44 632 42 44, E-Mail desk@cc.ethz.ch) anfordern.

Footnotes:
(1 Siehe dazu: "ETH Zürich reicht Aufsichtsbeschwerde ein" - "ETH Life", 30. Mai 2007: www.ethlife.ethz.ch/articles/tages/aufsichtsbescheth.html


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