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Rubrik: Tagesberichte |
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Waldforschung im Iran Schatztruhe der Vielfalt |
Das Forststudium und die Waldforschung im Iran fussen auf helvetischem Gedankengut. Seit 1965 bildet die ETH iranische Forstwissenschaftler aus. Eine Erfolgsstory, meint Jean-Phillippe Schütz, Professor für Waldbau an der ETH, in einem Interview, dem sich auch die zwei iranischen Gastwissenschaftler Mahmoud Zobeiry und Khosro Talebi stellten. Es ist aussergewöhnlich, dass gleich zwei Professoren aus dem Iran für mehrere Monate Gäste der ETH sind. Warum sind Sie hier? Mahmoud Zobeiry: Zahlreiche Professoren und Waldforscher der Universität Teheran haben ständige Kontakte zu Schweizer Kollegen. Das Hauptziel unserer Aufenthalte ist der Austausch von Erfahrungen aus dem Lehrbetrieb und der Forschung mit den Fachleuten an der ETH. Dazu gehören auch Gastvorlesungen, die ich an der Professur für Forsteinrichtung und Waldwachstum bei Professor Peter Bachmann gehalten habe. Khosro Talebi: Mein Aufenthalt baut auf meiner Doktorarbeit auf, die ich 1995 an der ETH abgeschlossen habe. Mich interessiert, wie sich verschiedene Pflege- und Nutzungsverfahren in den intensiv bewirtschafteten Wäldern der Schweiz auf die Waldverjüngung auswirken.
Welche Ziele verfolgt die ETH in der Zusammenarbeit mit iranischen Waldforschern? Jean-Phillippe Schütz: Es gibt im Iran Laubmischwälder, die den Eichen- und Buchenwäldern in der Schweiz ähnlich sind. Viele von ihnen sind in einem sehr natürlichen Zustand. Da der mitteleuropäische Waldbau heute naturnahe Waldstrukturen anstrebt, ist es für uns wichtig, solche im Iran kennenzulernen. Diese Kenntnisse können uns zum Beispiel helfen, die Auswirkungen der Klimaerwärmung auf Wälder im Schweizer Mittelland einzuschätzen. Die iranischen Bergwälder gelten in Fachkreisen auch als Schatztruhe der genetischen Vielfalt.
Herr Zobeiry, Sie haben vor fast dreissig Jahren die schweizerische Methode der Waldinventur mit in den Iran genommen. Was hat das dem Iran gebracht? Zobeiry: Zusammen mit den Forstdiensten haben wir diese Inventurmethode an die verschiedenen Waldtypen, die kaum erschlossenen Wälder und unsere finanziellen Möglichkeiten angepasst. Wir haben die Messungen im Wald minimiert und mit Luftbildanalysen kombiniert. Heute besitzen wir detaillierte Informationen über die Holzreserven und die Waldstrukturen unseres Landes. Über die Wälder im Iran wissen wir in der Schweiz nur wenig. Wieviel Wald gibt es in Ihrem Land und wie sehen diese Wälder aus? Talebi: 12,5 Millionen Hektaren im Iran oder sieben Prozent der Landesfläche sind mit Wald bedeckt; doch nur 15 Prozent davon sind Wirtschaftswälder im europäischen Sinne. Diese hoch produktiven Gebirgswälder liegen im Norden des Landes nahe dem Kaspischen Meer.
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Zobeiry: In den Gebirgswäldern werden einzelne Bäume bis zu 50 Metern hoch, und auf einer Hektare stehen bis zu 900 Kubikmeter Holz. Das ist ungefähr gleich viel wie in einem alten Tannenmischwald im Emmental. Die Rangliste der Baumartenhäufigkeit wird von drei in der Schweiz gut bekannten Arten angeführt: die Buche bedeckt 33, die Hagebuche 31 und die Eiche gut acht Prozent der Waldfläche. Sie haben also überwiegend Forschungsinteressen? Schütz: Nicht nur. Die Erfahrungen, die ich im Ausland sammle, gebe ich im Rahmen meiner Lehrveranstaltungen weiter. Ich möchte die Studierenden motivieren, selbst in die Welt hinaus zu gehen und zu lernen, wie man unter für sich ungewohnten Umständen Probleme löst. Oft merkt man trotz jahrelanger Vorlesungen und Seminare erst im Ausland, dass es in forstlichen Fragen keine Schablonenlösungen gibt. Talebi: Wir arbeiten an der Forschungsanstalt nicht nur in arten- und holzreichen Wäldern, sondern auch in wüstenähnlichen Trockengebieten. Da stehen oft sehr praktische Fragen wie die der Bepflanzung von Sanddünen im Vordergrund. Das Know-how dazu bekommen wir auch von Fachleuten in der Schweiz, die bei Auslandseinsätzen ähnliche Erfahrungen gesammelt haben. Zobeiry: Weil die forstlichen Ausbildungsgänge in Zürich und Teheran sehr ähnlich sind, können die Studenten im Iran von den modernen Lehrmitteln und –methoden der ETH profitieren. Immer mehr unserer Forststudenten nutzen die langjährigen Beziehungen unserer Dozenten und nehmen direkten Kontakt mit Forststudierenden in der Schweiz auf. Wer finanziert diese partnerschaftliche Zusammenarbeit? Schütz: Derartig langfristige Vorhaben müssen aus mehreren Quellen gespeist werden. Die Anschubfinanzierung kam in den ersten Jahren vor allem von der FAO und vom Iran. Die 14 an der ETH ausgebildeten iranischen Forstwissenschaftler und -wissenschaftlerinnen wurden vom Iran, von der ETH und von der Eidgenössischen Stipendienkommission finanziert. Viele von ihnen sind heute in Führungspositionen tätig. Dies wirkte sich bei der Suche nach neuen Stipendien sicher positiv aus.
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Literaturhinweise:
Fussnoten:
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