|
Rubrik: Tagesberichte |
Print-Version
|
Jubiläums-Tour auf zwei Walliser Gipfel Hoch lebende ETH |
Eine besondere Art, der ETH und ihrem Jubiläum die Reverenz zu erweisen, haben sich die ETH-Professoren Hauke Hennecke und Annette Oxenius sowie Urs Karrer, Mediziner von der Uni Zürich, einfallen lassen. Sie nahmen sich innerhalb weniger Tage die Walliser Viertausender Weissmies und Dufourspitze als Ziele für die Besteigung vor. Die beiden Gipfel haben etwas gemeinsam mit der ETH: Ihre Erstbesteigung fand 1855 statt, also im Jahr der Gründung des „Poly“. von Hauke Hennecke Vor 150 Jahren wurde das Eidgenössische Polytechnikum feierlich eröffnet … und zwei der 40 Schweizer Viertausender wurden erstmals bestiegen: das Weissmies (4023m) und die Dufourspitze (4634m). Damit hatte endgültig die goldene Ära des Erschliessungsalpinismus in der Schweiz begonnen, denn in den wenigen Jahren zwischen 1855 und 1865 wurden insgesamt 26 Gipfel über der magischen 4000-Meter-Grenze erstbestiegen (1). Die Dufourspitze trug übrigens im Jahr 1855 nicht den heutigen Namen, sondern sie wurde einfach als die „Höchste Spitze“ des Monte-Rosa-Massivs bezeichnet. Erst 1863 wurde per Bundesratsbeschluss die Umbenennung des Gipfels vollzogen, in Würdigung von Guillaume-Henri Dufour, unter dessen Leitung die erste „Topographische Karte der Schweiz“ erstellt worden war (2).
Doppeltes Jubiläum Es war in den letzten August-Tagen des Jahres 1855, als Jakob Christian Heusser und Peter Josef Zurbriggen das oberhalb von Saas Grund (VS) thronende Weissmies erstmals bestiegen, nota bene ohne einheimische Führer. 150 Jahre später wandelte auf deren Spuren eine ETH/Uni-Dreierseilschaft bestehend aus Hauke Hennecke, Annette Oxenius, beide Professoren am Institut für Mikrobiologie der ETH, und Urs Karrer, Privatdozent an der Medizinischen Fakultät der Universität Zürich. Auf dem Gipfel entrollten wir eine „Welcome tomorrow“-Fahne der ETH und erwiesen damit auf ganz persönliche Weise dem doppelten Jubiläumsereignis unsere Reverenz. Blankeis und arktische Kälte Die Besteigung entsprang unserer privaten Initiative, liess also das ETH-Jubiläumsbudget unangetastet. Zwei Tage später wollten wir eine ähnliche Aktion auf dem anderen Jubiläumsviertausender (Dufourspitze) wiederholen. Eingeschüchtert von gefährlichen Blankeisstellen im Gipfelhang entschlossen wir uns jedoch auf dem Vorgipfel (Punkt 4499m) etwas frustriert zur Umkehr. Mutiger war zehn Tage zuvor Bundesrat Joseph Deiss, der mit Bergführer Toni Fux und einer Jubiläumskarawane von fast 40 Personen den Gipfel erreichte (die Medien berichteten darüber).(3).
|
Möglicherweise fanden sie bessere Bedingungen vor, denn sowohl unsere Weissmies-Besteigung als auch die Beinahe-Besteigung der Dufourspitze fiel in die Phase des arktischen Kälteeinbruchs in der zweiten August-Woche dieses Jahres. Die schon aus der Ferne sichtbaren riesigen Schneefahnen an den Graten und Gipfeln liessen auf eisige Höhenstürme und Schneeverfrachtungen schliessen, die wir dann tatsächlich auf unangenehmste Weise verspüren mussten. Nachzutragen ist die Reminiszenz an die Erstbesteiger. Eine achtköpfige Gruppe von Schweizer Führern (U. Lauener, J. Zumtaugwald, M. Zumtaugwald) und britischen Alpinisten (J. Birbeck, Ch. Hudson, Ch. Smythe , J.G. Smythe, E.J.W. Stevenson) erreichte am 1. August 1855 die „Höchste Spitze“.
ETH-Seilschaft spurte vor Welche Eindrücke brachten wir von den beiden Touren mit? Ich selbst war überrascht von der grossen Kälte. Sie zwang uns, jedes verfügbare Kleidungsstück anzuziehen. Als ich auf dem Weissmies im Rucksack kramte, fand ich fast nichts mehr ausser der ETH-Fahne, und auch die hätte ich mir am liebsten als Windschutz um den Kopf gewickelt. Annette Oxenius war nach dem Aufbruch von der Monte-Rosa-Hütte um 02.30 Uhr morgens fasziniert vom nächtlichen Aufstieg im Schein der Stirnlampe: „Habt ihr bemerkt, wie viele Leute sich uns angeschlossen haben, um zwischen den Moränenblöcken den Weg nicht zu verlieren? Und habt ihr die halberfrorenen Gestalten gesehen, die schon in der Morgendämmerung kehrt gemacht haben?“ Urs Karrer, unser Uni-Kollege, nahm das Scheitern an der Dufourspitze gelassen, bemerkte aber lakonisch: „So macht ihr der ETH keine Ehre, wenn ihr es nicht mal bis an die Spitze schafft!“ |
|||||||||
Fussnoten:
Sie können zu diesem Artikel ein Feedback schreiben oder die bisherigen lesen. |