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Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 19.05.2003 06:00


Koralleninsel statt Elfenbeinturm

Um nachhaltiger Entwicklung zum Durchbruch zu verhelfen, muss die lokale Forschungskapazität in Ländern des Südens gestärkt werden. Diese Erkenntnis des Umweltgipfels von Johannesburg 2002 gehört zum Credo von ETH-Doktorand Christoph Küffer, dessen Forschung über invasive Arten auf den Seychellen eng mit lokalen Naturschutz-Engagements verknüpft ist.

Von Christoph Küffer

Wer ein Forschungsprojekt auf einer kleinen, afrikanischen Insel wie den Seychellen durchführt, muss sich aufwendig vorbereiten. In unserem Fall profitieren wir vom langjährigen Engagement von Karl Fleischmann auf den Seychellen. Er hat dort in den 80-er Jahren als Mittelschullehrer gearbeitet, und forscht seit dieser Zeit als Invasionsbiologe auf den Inseln. Seine Dissertation und acht von ihm betreute Diplomarbeiten bilden die zentrale Grundlage für das Management der invasiven Pflanzenarten im Land.

Geben und Nehmen

Karl Fleischmann hat ein wichtiges Grundprinzip in unserem Projekt verankert: Naturschutzforschung in einem Land wie den Seychellen soll immer auch angewandte Naturschutzarbeit sein. Diese ist erfolgreich, wenn es gelingt, durch eine enge Zusammenarbeit mit lokalen Partnern, Experten im Land auszubilden, welche für die Kontinuität der Arbeit sorgen. Wir arbeiten täglich mit Mitarbeitern des Forstamts im Umweltministerium zusammen. Die Forstarbeiter unterstützen unsere Arbeit durch ihr Wissen und ihre praktischen Fähigkeiten.

Den Wald um die Ecke besser kennenlernen: Einheimische Schulklassen werden für den Naturschutzgedanken sensiblisiert. gross

Es gehört zur Faszination der Feldbiologie, dass sich ein solides Verständnis eines Ökosystems nur durch langjährige Beobachtung entwickelt. Das Auswählen der besten Untersuchungsgebiete, das Aufziehen der Setzlinge für die Experimente und das Interpretieren der Resultate basiert auf den Hinweisen der Forstarbeiter. Im Gegenzug arbeiten wir in angewandten Naturschutz- und Forschungsprojekten mit. Wichtig ist uns eine gleichberechtigte Zusammenarbeit, bei der beide Partner voneinander lernen und in gleichem Mass vom Projekt profitieren.


Aggressive Invasoren

Im Zentrum des Forschungsprojekts der ETH-Doktoranden Christoph Küffer (1) und Eva Schumacher steht die Frage, wie sich auf den Seychellen innerhalb von 200 Jahren aus einer Pflanzengemeinschaft, die sich über Millionen von Jahren entwickelt hat, ein von exotischen Pflanzen dominierter Wald entwickeln konnte. Ziel wäre unter anderem eine Prognose, wie sich die Seychellischen Wälder in der Zukunft weiterentwickeln werden.

Zwei Forschungsschwerpunkte des Geobotanischen Instituts der ETH kommen dabei zum Tragen: die Geobotanik, welche die Standortfaktoren in den verschiedenen Erdteilen für Pflanzengemeinschaften untersucht, sowie die Invasionsbiologie. Letztere, eine noch junge Forschungsrichtung, geht den Bedingungen und Folgen für die fortschreitende Ausbreitung invasiver Pflanzen und Tiere in neue Länder nach. Invasive Arten gelten inzwischen als einer der Hauptfaktoren für das Aussterben einheimischer Tier- und Pflanzenarten.




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Seychellischer Pflanzenreichtum mit besonderem Reiz: der hier heimische Bois rouge oder... gross

Unsere Erfahrung, die wir durch diese Form der engen Forschungszusammenarbeit gewinnen, hat einen sehr aktuellen Aspekt. Am Umweltgipfel in Johannisburg 2002 wurde die Stärkung der lokalen Forschungskapazität in Ländern des Südens (Afrika, Südamerika, Asien) als zentrale Herausforderung für eine globale nachhaltige Entwicklung identifiziert. In eine ähnliche Richtung zielen die kürzlich formulierten Visionen des Forums Biodiversität der Schweizerischen Akademie der Naturwissenschaften, in welchen interdisziplinäre Forschung in enger Zusammenarbeit mit den Nutzern der Forschungsresultate gefordert wird.

Konkreter Naturschutz

Naturschutz bedeutet diskutieren, verhandeln, vermitteln, Geduld zeigen, und sich eindenken in die Sorgen und Werte der unterschiedlichen Interessensvertreter. Mit Fachexperten der verschiedenen Umweltorganisationen und Ministerien haben wir in den vergangenen Monaten das bestehende Wissen zu invasiven Gehölzen, ihrer Problematik und zu Lösungsansätzen für einen Bericht der FAO (Food & Agriculture Organisation) der UNO zusammengetragen. Stefan Zemp, ein ETH-Student der Umweltnaturwissenschaften, hat die Ausrottung einer der gefährlichsten invasiven Pflanzen der Tropen, Clidemia hirta, initiiert. Schulklassen haben dichtes Gestrüpp des Busches gejätet und die offenen Flächen anschliessend mit einheimischen Palmen bepflanzt. Ein Flugblatt und ein Fernseh-Spot informieren über die Pflanze.

... die blattlose Vanille. gross

Unsere Hoffnung ist es, dass die weit verstreute Pflanze durch gut informierte Waldbesucher kontrolliert werden kann - Wanderer und Jogger als Ersatz für die fehlenden natürlichen Feinde. Mit Lehrern und Lehrerinnen haben wir ein Wochenende lang auf der Vogelschutzinsel Cousin über Naturschutz diskutiert, und die Vision entwickelt, dass jede Schulklasse ein kleines Stück Wald pflegt und über längere Zeit beobachtet.

Nicht nur Sensationen

Die Kinder sollen ihren eigenen Wald gleich um die Ecke besser kennen lernen und dafür Verantwortung übernehmen. Die einmalige Natur der Seychellen sehen Einheimische wie Touristen in Sensationen wie der Riesenschildkröte oder dem tausend Kilometer entfernten Atoll Aldabra. Dabei strahlen bei näherem Betrachten gerade die Mitten auf Mahé wachsenden Bäume wie der Bois rouge, die zahlreichen Palmen oder die einheimische blattlose Vanille einen besonderen Reiz aus.

Diese enge Zusammenarbeit mit engagierten Leuten ist uns möglich, weil wir unsere Forschungszeit zum grösseren Teil auf den Seychellen, nicht in der Schweiz, verbringen. Mindestens zweieinhalb Jahre werden wir insgesamt hier leben. Nur so können wir durch unsere Mitarbeit im Land etwas zurück geben, für die wertvollen Daten, die wir nach Hause bringen werden.


Fussnoten:
(1) Die bisherigen "ETH Life"-Berichte über dieses Forschungsprojekt finden Sie unter: www.ethlife.ethz.ch/articles/kueffer_1.html, www.ethlife.ethz.ch/articles/kueffer2.html und www.ethlife.ethz.ch/articles/kuefferthree.html



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