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Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 23.01.2003 05:59

Lebensmittelsensorik: Sinne als Messinstrumente eingesetzt
Eine sinnliche Angelegenheit

Die Anwendung sensorischer Prüfungen für die Entwicklung und Qualitätssicherung von Lebensmitteln nimmt an Bedeutung zu. In der Lebensmittelsensorik am Institut für Lebensmittel- und Ernährungswissenschaften werden die menschlichen Sinne eingesetzt, um Nahrungsmittel auf ihre Qualität zu prüfen.

Von Lydia Farago

"Eigentlich ist die Sache mit der Sensorik einfach: Wenn irgend etwas mit ihr nicht stimmt, isst der Mensch nichts", meint Jeannette Nüssli, Oberassistentin und Lehrbeauftragte am Institut für Lebensmittel- und Ernährungswissenschaften der ETH (1). Der Genuss eines Nahrungsmittels ist für den Menschen ebenso wichtig, wie das sättigende Gefühl nach dem Essen. Die Lebensmittelindustrie bemüht sich daher, die Qualität von Lebensmitteln zu sichern und ihre Produkte den Konsumenten so schmackhaft wie möglich zu machen, indem sie neue herstellt oder bereits vorhandene weiterentwickelt. Viel Unterstützung erhält sie dabei von der Lebensmittelsensorik, deren Aufgabe es ist, dem Geschmack auf den Grund zu gehen und herauszufinden, was den Menschen wie schmeckt.


Ausstellung: "Food Design"
Im Rahmen der Ausstellung "Food Design" im Gewerbemuseum Winterthur, die vom 3. November 2002 bis 30. März 2003 dauert, wird Jeannette Nüssli heute Donnerstag um 18.30 Uhr eine öffentliche Führung durch die Ausstellung leiten. Um 19.30 Uhr findet zum Thema Lebensmittelsensorik ein Vortrag von Felix Escher und Jeannette Nüssli unter dem Titel "Saftig, knackig, süss und sauer" statt.


Schulung der Sinne

Am Institut für Ernährungs- und Lebensmittelwissenschaft beschäftigt sich die Gruppe von Felix Escher, Professor für Lebensmitteltechnologie, damit, wie die Inhaltstoffe eines Getränkes oder Nahrungsmittels auf die Geschmacks- und Geruchsrezeptoren in Mund und Nase wirken. Durch moderne Methoden wird die Sensibilität von Prüfern geschult, die fünf Geschmacksrichtungen süss, sauer, salzig, bitter und umami (2) sowie Aromen noch in kleinsten Mengen wahrzunehmen und zu unterscheiden. Dabei versucht man auch herauszufinden, wie die ausgelösten Empfindungen von einer grossen Anzahl Menschen beurteilt werden. "Für unsere Tests eignen sich nur Leute, die einen guten Geruchs- und Geschmackssinn besitzen," erklärt Jeannette Nüssli, die seit 2000 als Oberassistentin am Institut für Lebensmittel- und Ernährungswissenschaften tätig ist. Die Lebensmittelsensorik befasst sich aber auch mit den Merkmalen, die von den anderen Sinnen wahrgenommen werden. So ist es etwa für die Qualitätsbestimmung eines Apfels die Knackigkeit, die dem Gehörsinn zugeordnet ist, von grosser Bedeutung, da sie auf die Frische des Obstes hinweist.

Probandin beim Profilierungstest am ETH-Institut für Lebensmittel- und Ernährungswissenschaften. gross


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Die Suppenprüfer: Lebensmittelsensorik von anno dazumal. gross

Verschiedene Testverfahren

"In den analytischen Tests werden die Prüfpersonen und ihre Sinne als Messinstrumente eingesetzt", erzählt Jeannette Nüssli. "Auf diese Weise sollen sensorische Attribute qualitativ und quantitativ erfasst werden." Die verschiedenen Tests umfassen unter anderem Unterschiedsprüfungen, beschreibende Prüfungen und Profilierungen. Bei einer einfachen Unterschiedsprüfung geht es darum, ob die Testperson Unterschiede zwischen den Proben schmeckt. Dem Probanden werden zum Beispiel in drei Bechern drei Proben vorgesetzt, von denen zwei den gleichen und eine einen abweichenden Inhalt haben. Dabei geht es darum, die abweichende Probe zu erkennen und den entsprechenden Becher zu kennzeichnen.

Besonders wichtig sind die Profilierungen der Produkte, bei denen verschiedene Attribute generiert werden. Bei diesen Tests werden einem Panel, d.h. einer Gruppe von Testpersonen, verschiedene Proben eines Nahrungsmittels zur Beurteilung gegeben. Im Fall von Äpfeln etwa werden die Probanden gebeten, Attribute wie Festigkeit, Süsse, Säure, Knackigkeit, Saftigkeit und Aroma des Obstes zu beurteilen. Die Einschätzung wird dann zum Beispiel auf einer Linienskala quantifiziert. Sie kann entweder auf Papier erfolgen oder über entsprechende Software.

Alles Geschmackssache ...

Was geschieht, wenn man in einen unreifen Apfel beisst? Wahrscheinlich werden die meisten Menschen das Apfelstück seines hohen Säuregehalts wegen instinktiv wieder ausspucken. Eine zu saure und insbesondere eine zu bittere Geschmacksrichtung kann sogar vor Unverträglichkeit warnen. Dieser Selbstschutz fällt bei süssen, salzigen oder umami schmeckenden Nahrungsmitteln weg. Der reine Geschmack wird von mehreren tausend Geschmacksknospen aufgenommen, die sich an der Zunge und der Wangenschleimhaut befinden und von denen jede aus 15 bis 40 Geschmackszellen besteht. "Bei seiner Geburt hat ein Mensch rund 10'000 Geschmacksknospen, die sich im Laufe seines Lebens reduzieren. Im Alter sind noch etwa 600 bis 2000 übrig", erklärt Jeannette Nüssli. Aus diesem Grunde nimmt die Geschmacksempfindung mit dem Alter ab; auch werden die Geschmackszellen unempfindlicher gegen Reize.

... und noch mehr

Doch der Geschmackssinn allein entscheidet noch nicht darüber, ob etwas schmeckt oder nicht. Ebenso wichtig ist der Geruchsinn, der Tausende verschiedener Aromen auseinanderhalten kann. Der Geruchssinn weist auf die Frische oder den beginnenden, resp. fortgeschrittenen Verfall eines Lebensmittels hin. Der Tastsinn ermöglicht Aussagen über die Konsistenz, Struktur und Textur eines Produkts. Der Gehörsinn entscheidet ebenfalls über die positive oder negative Beurteilung eines Produktes. Ein knackiges, knusperiges oder auch krachendes Geräusch beim Beissen spricht je nachdem für ein frisches oder schon trockenes Lebensmittel. Der Gesichtssinn gibt Auskunft über Farbe, Form und Struktur eines Lebensmittels, die Assoziationen zu Qualität und Genusstauglichkeit erwecken.


Literaturhinweise:
Die Öffnungszeiten des Gewerbemuseums Winterhur sowie weitere Information zur Ausstellung "Food Design" unter: www.gewerbemuseum.ch

Fussnoten:
(1) Institut für Lebensmittel- und Ernährungswissenschaften: http://www.ilw.agrl.ethz.ch/~w3ilw/german/
(2) 1908 stiess der japanische Professor Kikunae Ikeda von der Universität Tokio bei einer Seetangbrühe auf einen Geschmack, der sich seiner Meinung nach nicht durch eine Kombination der bis dahin bekannten vier Qualitäten süss, salzig, sauer und bitter zusammensetzen liess. Diesem Geschmack gab der Professor den Namen "umami", was auf Deutsch soviel wie "wohlschmeckend" bedeutet. Umami ist heute allgemein anerkannt als fünfte Geschmacksrichtung. Es handelt sich dabei um einen würzigen, pikanten Geschmack, der auf Natriumglutamat beruht. Glutamathaltige Lebensmittel sind unter anderem Bouillonwürfel, Tomatenkonzentrat, Parmesankäse und Fleischprodukte.



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