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Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 29.10.2004 06:00

Café Scientifique mit Lukas Sommer zum Thema Stammzellen
Stammzellen im Café

Das Café Sphères in Zürich lud am vergangenen Montag erstmals zum “Café Scientifique“ ein. Lukas Sommer, Professor an der ETH Zürich, hielt einen populären, aber trotzdem detaillierten Vortrag über Stammzellen. Das rege Interesse des Publikums bewies die Relevanz des Themas und sprach für die gewählte Form der Veranstaltung.

Von Anne Laurence Klein

Runter vom Elfenbeinturm, rein ins Café: In Frankreich, England, Skandinavien und den Vereinigten Staaten treffen sich Forscher regelmässig mit einem interessierten Publikum zum wissenschaftlichen Austausch in öffentlichen Cafés. Zum Preis einer Tasse Kaffee kann sich beim Café Scientifique (1) jeder und jede über neue Ideen in Wissenschaft und Technologie informieren und darüber diskutieren. In Zürich lud das Café Sphères zusammen mit dem Verein Forschung für Leben (2) am vergangenen Montag erstmals zu einer solchen Veranstaltung ein.

Stammzellvisionen

Thema des Abends: “Stammzellenforschung: Schlüsseltechnologie des 3. Jahrtausends?“. Der Hauptredner Lukas Sommer, Stammzellforscher der ETH Zürich (3), warf die Frage auf, unter welchen Umständen und mit welchen Mitteln es möglich sei, humane Stammzellen als Ersatz für krankhaftes Gewebe einzusetzen.

Der Forscher lieferte zu Beginn einen ausführlichen wissenschaftlichen Hintergrund. Er erläuterte vor allem die Unterschiede zwischen den embryonalen Stammzellen (ES-Zellen) und den ethisch weniger bedenklichen adulten Stammzellen. Obwohl die verschiedenen Typen vor allem in der Kulturschale und in Tierversuchen charakterisiert worden seien, hätten sich die adulten Stammzellen auch als therapeutisch einsetzbar erwiesen. Blutstammzellen aus dem Knochenmark oder Hautstammzellen, die beide leicht aus dem erwachsenen Körper zu gewinnen sind, seien bereits erfolgreich zur Behandlung von Blutkrebserkrankungen oder nach Verbrennungen eingesetzt worden.

Ersatzzellen für das Gehirn

Anders sieht die Situation beim menschlichen Gehirn aus, erläuterte Sommer. Da dieses Organ eine geringe Regenerationsfähigkeit aufweise, seien die Folgen von neurodegenerativen Erkrankungen wie Alzheimer, Parkinson oder Multiple Sklerose verheerend. Und: Obwohl das Gehirn adulte Stammzellen enthalte, seien diese nicht so leicht zugänglich wie beispielsweise jene aus der Haut. Darum, so Sommer, würden sich in Organen wie dem Hirn ES-Zellen womöglich besser für eine Therapie eignen. Diese seien fähig, sich in alle verschiedenen Zelltypen zu entwickeln und deshalb bei den meisten Ersatztherapien einsetzbar. Ausserdem seien sie technisch leicht zu gewinnen.

Sommer unterstrich: Das Entwicklungspotenzial adulter Stammzellen sei deutlich geringer. Ihre teilweise schwierige Gewinnung, zeige, dass sie sich nicht für jede Anwendung eignen. Somit sei es für jede einzelne Anwendung wichtig, den bestgeeigneten Stammzelltypen zu bestimmen. Laut Sommer ist die Grundlagenforschung deshalb sowohl an adulten als auch an embryonalen Stammzellen stark gefordert.


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Aktuelles Thema an ungewohntem Ort: ETH-Professor Lukas Sommer referiert über Stammzellen im Café Sphères.

Neues Stammzellenforschungsgesetz

In diesem Sinne setzte sich Sommer auch für das Stammzellenforschungsgesetz (StFG) ein, über das in der Schweiz am 28. November 2004 abgestimmt wird(4). Das StFG regelt die Forschung an menschlichen embryonalen Stammzellen unter strengen Auflagen. Dessen Gegner befürchten jedoch die routinemässige Instrumentalisierung der ES-Zellen. Sie sehen damit die Würde des Embryos und des werdenden Lebens bedroht.

Diese Haltung kann Lukas Sommer akzeptieren, auch wenn er sie nicht teilt. Die Auflagen des Gesetzes seien nach bestem Wissen und Gewissen verfasst worden, um dem Embryo den angemessenen Schutz zu bieten. Für ihn als Grundlagenforscher, aber auch für den internationalen Forschungsstandort Schweiz, sei diese Vorlage wichtig. In England, Schweden oder Israel gebe es schon seit längerem eine liberale Gesetzgebung. Angesprochen auf Patentrechte, meinte Sommer, die industriellen Interessen seien in der Tat heikel. Die entsprechenden Fragen müssten zu gegebenem Zeitpunkt, wenn die Grundlagenforschung deutliche Erfolge aufweise, aber aufgerollt werden.

Die Diskussion zeigte, dass das Thema den Nerv des Publikums traf. Alles in allem stellte die Veranstaltung einen gelungenen Auftakt dar für eine Tradition, die sich gerne in Cafés wie dem Sphères weiterentwickeln darf.


Literaturhinweise:
Vgl. Bericht ETHLife zum Thema: www.ethlife.ethz.ch/articles/eppenbergerstam.html

Fussnoten:
(1) Homepage zum Café Scientifique: www.cafescientifique.org/
(2) Homepage des Vereins Forschung für Leben: www.forschung-leben.ch
(3) Homepage Professors Lukas Sommer:www.cell.biol.ethz.ch/structure/sommer/sommer.html
(4) Homepage des BAG, Aktuelle Informationen und weiterführende Links zur Volksabstimmung: www.bag.admin.ch/embryonen/aktuell/d/



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