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ETH - Eidgenoessische Technische Hochschule Zuerich - Swiss Federal Institute of Technology Zurich
Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 19.06.2001 06:00

"Promoting Future" - Mentoring an der ETH
"Wir möchten an Dogmen rütteln"

Wo sind die ETH-Professorinen? - Gerade einmal sieben Prozent der Professuren dieser Hochschule werden von Frauen besetzt. Die Stelle für Chancengleichheit wirkt dem unter anderem mit Mentoringprogrammen entgegen. Aktuell läuft "Promoting Future", ein Kurs, der das Netzwerk der Forschenden engmaschiger machen will - übrigens für beide Geschlechter.

Interview: Norbert Staub

Warum braucht es Mentoring an der ETH?

Carla Zingg: Wir haben zu wenig Professorinnen an der ETH! Wir wollen Frauen, die mit einer wissenschaftlichen Karrierelie bäugeln, dazu ermuntern und begeistern. Und zwar indem wir die Forschenden miteinander vernetzen und Weiterbildung in Networking und Persönlichkeitsentwicklung anbieten. Das wird an der ETH bisher so nicht angeboten

Brigitte Manz: Unser Projekt ist Teil des Bundesprogramms "Chancengleichheit" das sich zumZiel gesetzt hat, bis 2006 die Anzahl Professorinnen an den Universitäten und Hochschulen zu verdoppeln. Die ETH hat sieben Prozent Professorinnen - wir wollen diesen Anteil langfristig auf 20 Prozent anheben; wir finden, das gehört zu einer guten Hochschule. Aber wir machen kein reines Frauenförderungsprogrammm.

Warum nicht?

Carla Zingg: Unsere Erfahrung ist: Junge Frauen - gerade in Männerdomänen wie der ETH - lehnen die klassische Frauenförderung ab mit dem Argument: ‚Wir brauchen das nicht und können uns selber helfen‘ - sicher zu Recht. Also organisierten wir ein Programm für beide Geschlechter. Auch Männer sollen sensibilisiert werden für Probleme, die sich mit der Entscheidung für eine akademische Karriere einstellen: zum Beispiel viel Arbeit, wenig Zeit für Partnerin und Kinder.

Wo drückt denn die Frau, wo den Mann in der akademischen Laufbahn typischerweise der Schuh?

Brigitte Manz: Doktorierende Frauen gelangen zum einen tendenziell weniger gut an die Quelle von Informationen, vor allem informeller Art, sind eher weniger gut mit ihrem Doktorvater, ihrer Doktormutter, vernetzt. Zum anderen trauen sich Frauen oft auch weniger zu.

... aber das gilt doch auch für Männer mit einer bestimmten charakterlichen Disposition.

Carla Zingg: Möglich, aber Männer haben wir ja genug! Wir brauchen mehr weibliche Vorbilder, die jungen Frauen zeigen, dass beispielsweise der Ingenieurberuf auch für Frauen spannend ist, dafür eignet sich eine Professorin bestens. Professorinnen ziehen wiederum vermehrt Doktorandinnen an... Wichtig sind auch Netzwerke wie z.B. SVA, svin oder FFU, wo Frauen sich austauschen und gegenseitig stärken und für eine akademische Karriere ermuntern.

Also wollen sie Frauen für die "Ellbogengesellschaft" der Forscher fit machen?

Carla Zingg: Da sprechen Sie einen heiklen Punkt an. Wir fragen uns in unserer Tätigkeit immer wieder, ob wir mit unserem Ansatz die richtigen Fähigkeiten fördern, die wir in den bestehenden, männlich dominierten Strukturen als fragwürdig qualifizieren. Uns ist aber bewusst, dass wir bestehende Strukturen nicht einfach über den Haufen werfen können. Etwas rütteln an den Dogmen möchten wir, das wäre schon viel.

Brigitte Manz: Es gibt ja auch das Gegenteil: Frauen, die bewusst darauf verzichten, weil sie sehen, welchen Preis sie für eine wissenschaftliche Topposition bezahlen: ein reduziertes Privat- und Familienleben, weitgehender Verzicht auf Freizeitaktivitäten. Frauen sehen die Doppelbelastung auf sich zukommen, Männer in der selben Situation können in der Regel auf die weibliche Infrastruktur Zuhause bauen.


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brigitte manz carla zingg
Wollen Wege und Umwege zur akademischen Karriere aufzeigen - für Männer und Frauen: Brigitte Manz, Carla Zingg von der Stelle für Chancengleichheit (v.l.). gross

Wie sieht Ihr Förderprogramm konkret aus?

Brigitte Manz: Unser Projekt unterscheidet sich vom klassischen Mentoring, der one-to-one-Beziehung Mentor/in-Mentee, indem wir ein Mentoring für Frauen und Männer anbieten. Wir nennen dies Gruppenmentoring: es erfolgt über den Austausch innerhalb des Netzwerks der Forschenden. Im Rahmen des Pilotprojekts schicken wir zwölf Frauen und zwölf Männer, alles Doktorierende, durch ein dreistufiges Weiterbildungsprogramm. Start des Projektes ist im Oktober dieses Jahres. Die Themen sind: Standortbestimmung, Networking und Führungskompetenz.

Carla Zingg: Parallel dazu finden öffentliche Rahmenveranstaltungen statt, die wir zusammen mit der Uni Zürich anbieten. Dort geht es um Dinge wie: Karriere und Familie - Wo muss ich publizieren? - Was ist Networking? - Wie komme ich an Nationalfonds-Mittel? Kurz: wie "verkaufe" ich mich gut?

Genügt der Doktorvater oder die Doktormutter denn nicht zur Betreuung der Nachwuchsforschenden?

Carla Zingg: Doktorväter und -mütter beraten spezifisch auf dem Feld der wissenschaftlichen Arbeit. Aber für eine gezielte Karriereförderung reicht das unter Umständen nicht. Mentoring bietet da die nötige Ergänzung. Zudem kann zum Beispiel für eine Doktorandin eine Mentorin den weiblichen Blick auf die akademische Karriere vermitteln.

Was für ein Echo erhalten Sie mit Ihren Bemühungen innerhalb der ETH?

Brigitte Manz: "Promoting Future" hat ein sehr gutes Echo: die erste Veranstaltung vom 14. Mai zum Thema "Akademische Laufbahn" zeigte ein grosses Interesse am Thema. Es besteht ein Bedürfnis nach Informationen über die Wege, Umwege, Netze und Bausteine zur Karriere.


Rahmenveranstaltungen Chancengleichheit

Brigitte Manz und Carla Zingg führen seit August 2000 die Stelle für Chancengleichheit für Frau und Mann an der ETH. Beide wollen das Thema Chancengleichheit nun vermehrt an die Öffentlichkeit tragen. Im Rahmen ihrer Informationsoffensive findet im Audimax der ETH morgen, 20. Juni eine öffentliche Veranstaltung zum Thema Mentoriung statt (14.15 Uhr bis 18.15 Uhr). Dabei geht es einerseits um die Bedeutung von Mentoring und Networking für eine wissenschaftliche Karriere, andererseits um die Vorstellung verschiedener bestehender Mentoringprojekte an deutschen und Deutschschweizer Hochschulen.




Literaturhinweise:
Informationen der ETH-Stelle für Chancengleichheit: www.equal.ethz.ch/
Weitere Informationen zur Veranstaltung vom 20. Juni: /www.equal.ethz.ch/Mentoring2/mentoring.html



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