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Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 19.08.2005 06:00

Nanopartikel aus Dieselabgasen setzen Gesundheit zu
Forscher hoffen auf neuartige Dieselfilter

Feinstäube, wie sie unter anderem aus dem Auspuff von Dieselautos kommen, sind ungesund: Sie verursachen - mitunter tödliche - Herzkreislauf- und Lungenkrankheiten. Da ist sich die Forschergemeinde einig. Mit neuen Dieselrussfiltern wollen sie diesem aktuellen Problem Herr werden.

von Peter Rüegg

Erneut haben Mediziner an der 9. Nanopartikel-Konferenz, die kürzlich an der ETH stattfand, auf die Gefahr aufmerksam gemacht, die von kleinsten Abgasteilchen ausgeht. Grossangelegte Studien in der USA zeigten auf, dass Herzkreislauf- und Lungen-Erkrankungen mit tödlichem Ausgang direkt mit der Verschmutzung der Luft durch Nanopartikel aus Feinstäuben zusammenhängen.

Noch rätseln die Forscher wie sich der fatale Mechanismus im Körper abspielt. Eine mögliche Vermutung: Nanopartikel verursachen in der Lunge kleine Infektionsherde, die ihrerseits dazu beitragen, dass Blutgefässe langsam verkalken. Lösen sich die Ablagerungen, bilden sich Blutgerinnsel, welche ein Herzgefäss verstopfen können. Es kann zur Herzattacke kommen, die im schlimmsten Fall zum Tode führt. Vermutet wird aber auch, dass aggressive Nanoteilchen einen sogenannten oxidativen Stress verursachen könnten, dem der Körper auf die Dauer nicht gewachsen ist.

Schuld an diesem Leiden ist der motorsierte Strassenverkehr, insbesondere Dieselmotoren, die Feinpartikel wie Russ in grossen Mengen ausstossen (1). An den Folgen sterben in der Schweiz pro Jahr 3'300 Menschen vorzeitig. Zehntausende von Spitaltagen sind nötig, um die mannigfachen Gesundheitsschäden zu mildern.

Kein Halten für Nanopartikel

Schranken gibt es für die ultrafeinen Partikel fast keine. Sie überwinden die natürliche Barriere zwischen Lungenoberfläche und dem darunter liegenden Gewebe. So gelangen Nanopartikel auch in andere Organe wie die Leber oder die Nieren, was Wissenschaftler der Universität Bern nachweisen konnten.

In Versuchen setzten sie Ratten einer bestimmten Dosis von Titandioxid aus. Dieses drang rasch in das Lungengewebe ein. Eine Membran, welche die Miniteilchen allenfalls hätte einschliessen können, konnten die Forscher nicht erkennen. Vermutung: Nanoteilchen haben Zutritt zu allen Proteinen, Enzymsystemen und der Erbsubstanz. Tritt das Nanoteilchen ins Gewebe ein, versagt offenbar auch der körpereigene Ordnungsdienst. Fresszellen wie Makrophagen oder Dendriten erkennen den Fremdkörper nicht oder nur ungenügend und lassen ihn passieren.


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Lastwagen pusten viele gefährliche Kleinstpartikel in die Luft. Effiziente Filter könnten die Schmutzfracht eindämmen. (Bild E. Ramseier) gross

Nanopartikel müssen jedoch nicht nur über die Lungen in den Körper gelangen. Günter Oberdörster von der Universität Rochester, USA, deutete darauf hin, dass diese schon über die Nasenschleimhaut aufgenommen werden können und von dort ins Hirn und ins zentrale Nervensystem geschleust werden.

Filter für Dreckschleudern

Auf die schleichende Verseuchung haben die Ingenieure eine technische Antwort: Partikelfilter. „Neue Dieselmotoren mit guten Filtern fangen die messbaren Feinpartikel sehr effizient auf“, sagte der ETH-Professor Konstantinos Boulouchos am Rand der Tagung. Die grosse Frage der Toxikologie, welche Teilchen denn nun schädlich seien, bleibe aber weiterhin ungelöst.

Bei der Lösung des Problems spielt die Schweiz eine Vorreiterrolle. Massgebend sei, dass eine entsprechende Messtechnik entwickelt wurde, sagte der Organisator der Tagung, Ingenieur Andreas Mayer. Bereits 1970 wurden an der ETH Dieselpartikel erforscht. Daraus habe sich auch eine immer raffiniertere Messtechnik entwickelt. „Die Abgase aus Dieselmotoren sind deshalb längst messbar“, so Mayer. Heute baue eine ETH-Spin-off-Firma Messgeräte, welche die EU für die Typenprüfung einsetzen werde.

Vollzug fordert Fachleute heraus

Technisch ist der Weg geebnet. Die grosse Herausforderung für die Zukunft liegt für Mayer daher bei der Politik und beim Vollzug. „Technisch sind wir heute soweit, dass wir 99,99999 Prozent der Nanopartikel aus Dieselabgasen filtern und somit aus der Luft fernhalten können“, sagt der Ingenieur. Neue Fahrzeuge werden damit serienmässig ausgerüstet. Die grösste Schwierigkeit sieht er bei der Nachrüstung alter Diesel-Fahrzeuge. Die technische Herausforderung sei nun, kostengünstige und zuverlässige Filter zu bauen. Doch selbst wenn diese im Moment noch teuer sind: „Bereits jetzt steht den Kosten der Nachrüstung ein sechsmal höherer Nutzen gegenüber", sagt Mayer.


Fussnoten:
(1) Mehr Informationen über Feinstäube: www.umwelt-schweiz.ch/buwal/de/fachgebiete/fg_luft/themen/feinstaub/index.html



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