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Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 13.09.2004 06:00

Resultate der Testplanung für Science City
Vier Würfe und ein Hallenwunder

Wissbegierige hatten vergangenes Wochenende Gelegenheit zu erfahren, wie sich der offene Science-City-Planungsprozess vorwärts bewegt: An zwei Anlässen wurde ETH-Angehörigen und der Öffentlichkeit eine geballte Ladung von inspirierenden Ideen für den künftigen ETH-Campus vorgestellt, darunter mit dem neuen Sportzentrum auch bereits ein Projektgewinner.

Norbert Staub

Science City regt an zu Diskussionen, in Zürich und anderswo. In Berlin zeigten sich Wissenschaftsattachés aus zahlreichen Ländern hoch interessiert an der Ausstellung zu Science City. Jetzt zieht die Schau weiter nach Barcelona. Gleichzeitig hat sich lokal von grüner und Anwohnerseite Kritik an den Ausbauplänen geregt. Bedenken nicht vom Tisch zu wischen, sondern sie als Rahmenbedingungen einzubeziehen, ist laut Gerhard Schmitt, ETH-Vizepräsident Planung, die Absicht des Entwicklungsprozesses.

Diese erklärte Sensibilität gegenüber verschiedensten Bedürfnissen sei eine der Maximen, die den Prozess prägten, sagte der „Science City“-„Vater“ am Wochenende auf dem Hönggerberg anlässlich der öffentlichen Präsentation und Diskussion der im Sommer erfolgten Testplanung. Eine weitere Maxime sei, einen Campus betont europäischer Prägung zu schaffen (ohne die bei US-Beispielen zu beobachtenden Abschottungstendenzen), und eine dritte, Massstäbe zu setzen im schonenden Umgang mit Ressourcen. Das betreffe Land, Energie und Finanzen, sagte Gerhard Schmitt. Vier Architektenteams haben nun Vorschläge zum weiteren Weg von Science City gemacht. Drei von ihnen sind, da via Professuren mit der ETH verbunden, alles andere als Unbekannte.

Wiel Arets: eine mäandrierende Oberfläche signalisiert und begrenzt Science City. gross

Organische Plattform: Wiel Arets

Der Entwurf dieses niederländischen Architektenteams geht davon aus, daß Science City primär einen einladenden Kommunikations- und Aktionsraum darstellt. Ein spezieller, vielfältig „programmierbarer“ Belag („Tarmac“) überzieht das gesamte Gelände und definiert es mittels einer weichen, fugenlos ans Umland angrenzenden Linie. Wiel Arets macht keine konkreten Bauvorschläge. Stattdessen soll ein noch zu definierendes Set von Grundregeln den Rahmen für die bauliche Weiterentwicklung setzen. So bleibt Spielraum, um auf unerwartete wissenschaftliche oder soziale Entwicklungen reagieren zu können. Auffallend ist das Spinnennetz-artige, informelle Routen fördernde Wegegeflecht innerhalb des Geländes. An dessen verkehrsfreien Rändern sind als Ausgleich zu Forschung und Lehre vielfältige Freizeit- und Kulturaktivitäten möglich. Science City präsentiert sich so von allen Seiten als offen und zugänglich.

Kees Christiaanse: Dichte, Staffelung, raffinierte Organisation. gross

Vielschichtig vernetzt: Kees Christiaanse

Kees Christiaanse, ETH-Professor für Architektur und Städtebau, interpretiert in seinem Entwurf Science City als labyrinthartiges System. Nicht die einzelnen Gebäude, sondern eine Sequenz von innen- und aussenliegenden „Interieurs“, Innenhöfen und Atrien, bestimmt den Raum. Christiaanses Konzept zielt auf einen gestaffelten Übergang von öffentlich über halböffentlich bis privat.

Das Prinzip des steten Wechsels liegt hier auch dem Thema Wohnen zugrunde. So sollen Wohnhäuser möglichst über das Gelände verteilt werden. Dies in der Absicht, eine Nutzungsdurchmischung und Belebung zu erreichen. Öffentliche Nutzungen sollen über transparente Erdgeschosse verfügen und im Campus-Zentrum angelegt werden. Verkehrsstrategisch günstig wird das Kongresszentrum über die bestehende Tiefgarage gesetzt. Dieses verbindet sich mit weiteren Einrichtungen wie Hotel und Bibliothek zu einem öffentlichen Zentrum.

Urbane Akzente: Vittorio Magnago Lampugnani

Der Entwurf des ETH-Professors für Geschichte des Städtebaus ist gekennzeichnet durch eine deutlich sichtbare Trennung von Alt und Neu. Steiners „Gartenstadt“ und Campis Fünf-Finger-Bau bleiben praktisch unangetastet. In den beiden westlich liegenden Quadranten hingegen plant Lampugnani Wohnen und Arbeiten stark zu durchmischen und zu verdichten – nach dem Vorbild einer gewachsenen Altstadt.


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Überaus klare Strukturen bei Vittorio Magnago Lampugnani. gross

Bemerkenswert an dieser Planungsvariante ist, dass sie sich vom HIL verabschiedet. Die Erschliessung von Science City wird durch eine klare Verkehrsachse zwischen zwei „Pforten“ Richtung Höngg und Affoltern definiert. Sie dient gleichzeitig als urbaner Boulevard. Als markantes, weithin sichtbares Wahrzeichen von Science City ist an der Südostecke ein Kongresszentrum mit integriertem Hotel vorgesehen.

Andrea Deplazes: Nachhaltigkeit und entschiedene Formensprache. gross

Gestaltete Landschaft: Andrea Deplazes

Von ETH-Architekturprofessor Andrea Deplazes stammte die erste Entwicklungsstudie zu Science City von 2003. Deren Weiterentwicklung widmet der Gestaltung der umliegenden Landschaft viel Aufmerksamkeit. So sieht Deplazes einen grosszügigen Wildkorridor zwischen Höngger- und Käferberg vor. Die Wohnbauten sind neu als Häuserzeile an der nördlichen Peripherie geplant. Zusätzliche Apartments befinden sich in den ebenfalls neu hinzu gekommenen markanten Türmen im Nordwesten und Südwesten. Das Congress- and Venue-Center bildet zusammen mit dem Boulevard das öffentliche Zentrum. Geradezu sichtbar manifestiert sich der Wille, ökologische und ressourcenschonende Verfahren anzuwenden: So bei der Speisung des an Science City angrenzenden Badesees und beim Einsatz von Windkraft zur Energieversorgung der Wissensstadt.

Hat überzeugt: der siegreiche Entwurf zum Sport Center von Dietrich/Untertrifaller. gross

Bregenzer gewinnen Wettbewerb zum Sport Center

Noch im September soll die Entscheidung fallen, welcher dieser Vorschläge weiter bearbeitet werden soll. Bereits entschieden ist der Wettbewerb zum neuen Sport Center auf dem Hönggerberg: Klarer Sieger ist das Bregenzer Architekturbüro Dietrich/Untertrifaller. Es plant einen flachen und funktionalen Komplex, der sich im Osten mit dem Gelände elegant verwebt. Das Dach wird buchstäblich bespielt: Es trägt die Aussensportanlagen. Der geschliffene grünliche Glaskörper verfügt über eine enorm grosszügige Eingangszone, die signalisiert, daß der Bau auch Aussenstehenden zugänglich sein wird. (1)


Kontrovers diskutiert

(cna) Gut hundert Personen folgten am Sonntag der Einladung der ETH zum „Science City Brunch.“ Die ungezwungene Atmosphäre gab Gelegenheit zu offener und kontroverser Diskussion. Nachdem sich die Gäste am Frühstücksbuffet gestärkt hatten, bemühten sich Gerhard Schmitt, ETH-Vizepräsident Planung und ETH-Kommunikationschef Rolf Probala, auch den Informationshunger der Anwesenden zu stillen. In den anschliessenden Gesprächen wurde deutlich, wie sehr das Projekt Science City polarisiert. „Science City ist endlich eine Vision für die Schweiz“, sagte etwa der Höngger Michael Boge. Auch Klara und Hans Hasler äussern sich durchwegs positiv. Das Paar bewohnt einen der Bauernhöfe auf dem Hönggerberg und hat die Entwicklung des Gebiets seit 1955 miterlebt. „Das Land gehört schliesslich dem Bund, darüber hinaus wird auch nicht gebaut“, sagt Hans Hasler. Skeptisch hingegen gibt sich Andre Wettstein. Der Campus-Anwohner fürchtet, dass das Naherholungsgebiet zerstört wird und findet es unnötig, dass Wohnungen auf dem Gelände gebaut werden. Zur Absicht, die Bedürfnisse und Bedenken der Bevölkerung in das Projekt einzubeziehen, meint er: „Das ist Strategie, psychologische Mache.“




Fussnoten:
(1) Das Siegerprojekt ist vom 21. Oktober bis zum 25. November 2004 in der Galerie Archena am ETH-Standort Hönggerberg zu sehen.



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