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Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 12.10.2005 06:00

Prototyp zur Analyse des Skifahrens
Hin zum Computer als Skitrainer

Verschiedene Sensoren in Kleidern, kombiniert mit Videoaufnahmen, sollen alpinen Skifahrern helfen, sich in ihrer Sportart zu verbessern. ETH-Forscher entwickelten einen Prototyp für ein entsprechendes tragbares Messsystem und diskutierten es unter anderem mit dem Skitrainer Karl Frehsner.

Christoph Meier

Die Schweizer Skifahrer, einst eine Macht, sind seit mehreren Jahren nicht mehr richtig im Schuss. Diese sportliche Misere beschäftigte auch den Studenten Erich Crameri. Als Angehöriger der ETH war seine Idee, dass man den viel gescholtenen Schweizer Alpinen vielleicht mit technischer Hilfe auf die Sprünge helfen könnte, beziehungsweise den Sprung aufs Podest wieder ermöglicht. Mit „Wearable Computing“, also tragbaren Sensoren mit angehängter Auswertungselektronik, sollte die Fahrweise der Skifahrer analysiert und verbessert werden. Zusammen mit seinem Betreuer Florian Michahelles, zur Zeit der Studie in der Forschungsgruppe von Professor Bernt Schiele am Department für Informatik, begann Erich Crameri ein entsprechendes System zu entwickeln (1).

Mit dem Laptop skifahren

Das System enthält verschiedene Komponenten. So installierten die Forscher im Skischuh Drucksensoren, die bis zu 85 Prozent Luftfeuchtigkeit ertragen. An der Aussenseite des Schuhs wurde ein Sensor angebracht, der die Distanz zum Boden misst. Somit weiss man, wie stark der Fahrer auf den Kanten steht. Hinter der Bindung wiederum befand sich ein Gyroskop, das Aufschluss über die Skidrehung liefert. Zwei Sensoren, einer am Unterschenkel und einer am Oberkörper, registrierten die Beschleunigung. Dabei, so Michahelles, diente der erste vor allem dazu, Vibrationen zu erkennen, wohingegen der zweite die Gesamtbewegung des Sportlers einfing. Schliesslich unternahmen die Forscher auch noch den Versuch, die Geschwindigkeit mit einer Radareinheit vorne am Ski zu messen. Alle Sensoren wurden zentral an einem Laptop in einem Rucksack verkabelt. Der Laptop wurde später im Rahmen einer Semesterarbeit von Franco Hug durch ein kleineres Aufzeichnungsgerät ersetzt, das die Daten auf einen Chip vergleichbar mit einem in einer Digitalkamera gespeichert.

Das ganze System war damit aber noch nicht komplett. Denn die Daten mussten ja noch in Übereinstimmung mit einer Skifahrt gebracht werden. Frederic Despont, ein weiterer Student, programmierte dafür wiederum im Rahmen einer Semesterarbeit eine Software mit dem sinnigen Namen SKI. Diese stellt alle Sensordaten dar und synchronisiert sie mit Videoaufnahmen der entsprechenden Fahrt. Elektronisch top vorbereitet kam es dann zum ersten Test auf der Piste in Zermatt. Nach einer halbstündigen Verkabelungsaktion konnte Erich Crameri die ersten vielleicht am besten überwachten Schwünge machen. Eine erste Analyse ergab, dass das System abgesehen vom Radar funktionierte.

Die Software "SKI" erlaubt es, gewonnene Daten miteinander zu verbinden. Blick auf den Benutzerbildschirm. gross


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Bereit für eine "vermessene" Skiabfahrt: der ETH-Student Erich Crameri, ausgerüstet mit verschiedenen Sensoren und einem Laptop im Rucksack. (Bilder: Florian Michahelles) gross

Frehsner gefällt’s

Um aber zu prüfen, ob ihr System auch interessant für den Profisport sein könnte, unterbreiteten die ETH-Forscher ihre Aufnahmen und Geräte vier Skitrainern. Zu ihnen gehörte der auch in der Schweiz mehrmals engagierte Österreicher Karl Frehsner. Die Skiexperten erachteten die Distanzmessungen zum Boden als wertvollste Information. Damit könne man herausfinden, ob der Ski zu früh oder spät rotiert. Grundsätzlich fanden die Trainer das System so interessant, dass sie auch die Schweizer Skijunioren damit fahren liessen. Sollte „Wearable-Computing“ aber wirklich eingesetzt werden, wäre für die Experten wichtig, dass neben einem handlicheren Design der Radar funktionieren würde und zudem mittels Gyroskop am Torso des Skifahrers dessen Drehbewegungen gemessen werden könnten. Ebenfalls fänden sie einen Beschleunigungsmesser an der Hüfte wünschenswert.

Der Computer, mein Trainer

Florian Michahelles ist sich bewusst, dass der Prototyp noch nicht praxistauglich ist. Obwohl er selbst das Projekt wegen einer neuen Stelle an der ETH aufs Eis gelegt hat, ist er der Ansicht, dass sich sein System leicht verbessern liesse. So würde er, falls er das System weiterentwickeln würde, bei den Sensoren die Taktraten erhöhen und an Stelle der Kabel Funkübertragung einsetzen. In Zukunft könnte es dann so sein, dass nach einer Trainingsfahrt alle Daten direkt auf einen Palm oder ein entsprechendes Gerät des Trainers übertragen würden. Noch weiter gedacht, könnte sich Michahelles vorstellen, das System auch im Breitensport einzusetzen. Statt durch einen braungebrannten Skitrainer würde man dann durch einen „vielfühligen“ Computer in die Kunst des Skifahrens eingeführt. Ähnlich wie beim Joggen der Pulsmeter die Leistung optimieren hilft, würde der tragbare Computer die Sportler auf den zwei Brettern unterstützen.

Vorerst besteht aber für diese Träume erst das grundsätzliche Konzept. Bis zu ihrer Realisierung müssen wohl noch manche Stürze auf den Skis und Abstürze der Computer überstanden werden.


Fussnoten:
(1) Ein Artikel zur Studie erschien in „Pervasive Computing: Florian Michahelles and Bernt Schiele: „Sensing and Monitoring Professional Skiers”, July-September 2005 (Vol. 4, No. 3) pp. 40-46



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