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Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 13.02.2004 06:01

Sensibilisieren für Belastung beim Skifahren
Präventive Simulation

Die Skisaison ist in vollem Gange. Eine Schattenseite davon sind die vielen Unfälle. Mit einem Skisimulator, dessen Steuerung und Regelung an der ETH entwickelt wurde, will die Suva (Schweizerische Unfall- und Versicherungsanstalt) Berufstätige für die Belastung bei dieser Sportart sensibilisieren.

Von Christoph Meier

Der Winter ist mit viel Schnee da, und die Sportferien haben vielerorts begonnen. Kein Wunder, dass viele Sportbegeisterte in die Berge fahren, um dem Skisport zu frönen. Dabei vergessen sie häufig, dass gerade in der Freizeit viele Unfälle passieren. So waren von den rund 1.2 Millionen Unfällen im Jahre 2001 in der Schweiz nicht weniger als 281'000 auf sportliche Aktivitäten zurückzuführen (1). Viele Firmenchefs erwarten darum jeweils den Februar mit Sorgen, da nach den Ferien erfahrungsgemäss nicht alle Angestellten unversehrt zur Arbeit zurückkehren.

Diese Sorge nimmt auch die Suva ernst. Anfang letzten Jahres kamen aus diesem Grunde ihre Verantwortlichen für den Bereich Freizeit zum ETH-Laboratorium für Biomechanik(2) mit der Idee, ob nicht hier ein Gerät hergestellt werden könnte, das die körperliche Belastung während dem Skifahren simuliert. Die Wissenschaftler um Professor Edgar Stüssi nahmen die Anregungen auf und kamen zum Schluss, dass sich durchaus etwas machen liesse. Als es um das Konkretisieren des Projektes ging, stellte Hans Gerber vom Team um Stüssi fest, dass bereits ein Patent auf einen Skisimulator bestand. Um Schwierigkeiten auszuweichen, entschlossen sich die ETH-Wissenschaftler, den Kontakt mit dem Patentinhaber zu suchen. Das Ergebnis der Besprechung war, dass die entsprechende Firma das Gerät herstellte, die ETH aber die Steuerung, Regelung und Messtechnik lieferte.

Mit dem Skisimulator auf Tournée

Mittlerweilen ist das Gerät bereits im Einsatz. Diese Woche stand es nach einem längeren Einsatz bei Contraves in der Zweigstelle der Ciba in Kaisten im Fricktal. Doch was erwartete die Ciba-Mitarbeiter? Kamen sie in die Halle mit dem Skisimulator, so trafen sie auf ein Gerät, das einer Laufmaschine in einem Fitnesszentrum glich, davor eine Leinwand, auf die mit einem Beamer eine Winterlandschaft projiziert wurde. Die beiden Schienen des Skisimulators, wo die Testpersonen mit den Füssen draufstanden, erwiesen sich als beweglich, indem sie leicht gekippt und auf und ab bewegt werden konnten. Bevor die Maschine aber die Leute bewegte, wurde zuerst ihr Körpergewicht gemessen. Denn schliesslich ging es darum, den Testpersonen eine Angabe zu liefern, die sie in Beziehung zu den ihnen gewohnten Beanspruchungen setzen konnten.

Ziel: grüner Bereich

Danach kam eine „Warm up“-Phase. Die Schienen begannen sich synchron langsam auf und ab zu bewegen und vollzogen auch eine leichte Kippbewegung, erst nach hinten, dann nach vorne – eine maschinelle Bodenwelle. Im Folgenden wurden die Bewegungen schneller und der Experimentator brach auf Wunsch ab. Die Testpersonen merkten dabei bald, dass sie schnellere Bewegungen nur in einer leichten Hocke meistern konnten. Während der ganzen Zeit erschien auf dem Bildschirm eine Anzeige. Auf dieser sah man, angegeben in Bezug auf das Körpergewicht, welche Kräfte auf das rechte und linke Bein sowie auf die Wirbelsäule wirkten. Der letzte Wert entsprach der Summe der einzelnen Kräfte.


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Auf der maschinellen Piste: ein Mitarbeiter testet in der Ciba sein Stehvermögen auf dem ETH-Skisimulator. gross

Die Testpersonen wurden aufgefordert, überall im grünen Bereich zu bleiben. Das bedeutete, dass nirgendwo eine Kraft auftrat, die grösser war als das Körpergewicht. Somit hatte die Testperson die maschinellen Bodenwellen vollkommen mit der Hocke abfedern können, was sich auch darin zeigte, dass der Oberkörper ruhig blieb. Erschien in der Anzeige die orange Farbe, traten bei der Testperson Belastungen von bis zu dem Anderthalbfachen des Körpergewichts auf, bei rot lagen die Kräfte darüber.

Für den Durchschnitts-Skifahrer

Hans Gerber erläuterte beim Besuch bei der Ciba, was die Farben in der Praxis bedeuten. Eine grüne Belastung entspreche einer Kraft, wie sie beim Stehen auftritt, eine orange der jener beim Gehen. Beide Beanspruchungen seien darum relativ unbedenklich, da es sich dabei um Kräfte handle, die jeden Tag auf den Körper einwirken. Obwohl auch der rote Bereich beim Skisimulator keiner grösseren Kraft als dem zweifachen Körpergewicht entspricht, was auch beim Joggen vorkommt, müssten gemäss Gerber solche Belastungen vermieden werden. Es bedeute nämlich für das Skifahren, dass die Schläge nicht abgefedert werden, was längerfristig Probleme insbesondere in der Wirbelsäule verursachen könne. Obwohl Messungen auf der Piste ergeben hätten, dass Spitzenkräfte bis zu 3000 Newton auftreten, was dem vier- bis fünffachen Körpergewicht entspricht, genügt der Skisimulator den Ansprüchen des ETH-Wissenschaftlers. Bei dem Gerät für die Suva gehe es nämlich darum, die getesteten Personen auf die beim durchschnittlichen Skifahren auftretenden Belastungen zu sensibilisieren und nicht unnötig zu gefährden.

Bereit für die Piste

Und in der Ciba schien diese Sensibilisierung auch zu gelingen. Denn nach dem das Warm-up fertig war, durften die Testpersonen noch zwischen einer blauen, roten und schwarzen Piste auf der Maschine wählen. Begleitet von einem entsprechenden Abfahrtsfilm versuchten sie während 20 Sekunden, ihren Körper vom Skisimulator möglichst wenig belasten zu lassen. Erschwerend kam dazu, dass die Füsse nicht mehr synchron bewegt wurden, was den koordinativen Ansprüchen beim Skifahren natürlich näher kam. Als dann unter diesen Bedingungen die Messwerte, die dieses Mal im Nachhinein angezeigt wurden, bei gewissen Personen im roten Bereich lagen, stieg doch manch einer etwas nachdenklich vom Simulator. Wer weiss, vielleicht bedeutet es den Anfang einer vorsichtigeren Fahrweise.


Fussnoten:
(1) Unfallgeschehen Schweiz, 2001(Schweizerische Beratungsstelle für Unfallverhütung bfu): www.bfu.ch/forschung/statistik/statistik_2003/BFU_03_D_04.pdf
(2) Laboratorium für Biomechanik: www.biomech.mat.ethz.ch/



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