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Rubrik: Tagesberichte |
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Zellbiologie Hautzellen arbeiten wie „Immunprofis“ |
ETH-Biologinnen und Biologen decken einen wichtigen Mechanismus auf, der an der Entstehung von Sonnenbrand beteiligt ist. „Schuld“ daran sind die Zellen der Oberhaut, die entgegen der Lehrmeinung zu einer Immunantwort fähig sind. Auch der Auslöser für diese Art von Immunreaktion ist ungewöhnlich: UVB-Strahlung. Die ersten warmen Sonnenstrahlen im Frühling, das erste Sonnenbad, der erste Sonnenbrand der Saison. Auf dem krebsroten Rücken schläft man schlecht und die kühlende Salbe klebt am Pyjama. Eine fester Ablauf, den viele aus eigenem Erleben kennen. Was jedoch auf molekularer Stufe in den Hautzellen passiert und wie es zu dieser schlafstörenden Entzündung kommt, das wusste bis anhin auch die Wissenschaft nicht so genau. Hautzellen enthalten Inflammasom Jetzt haben Zellbiologinnen und -biologen der ETH Zürich in Zusammenarbeit mit den Hautkliniken der Universität Lausanne und des Universitätsspitals Zürich den Mechanismus geklärt, welcher der Entzündungsreaktion bei einem Sonnenbrand zugrunde liegt. Die teils überraschenden Befunde wurden heute in der Online-Ausgabe der Fachzeitschrift „Current Biology“ veröffentlicht. (1) So konnten die Forscherinnen und Forscher zum ersten Mal aufzeigen, dass die Keratinozyten als häufigster Zelltyp in der Oberhaut des Menschen einen Proteinkomplex enthalten, der eine Immunantwort auslöst. Und dies, obwohl Hautzellen keine professionellen Immunzellen sind. Dieser Proteinkomplex, ein so genanntes Inflammasom, löst in der Hautzelle eine ganze Kettenreaktion aus, an deren Ende die mit dem Sonnenbrand verbundene Entzündung steht. „In der Literatur wurde bis anhin bestritten, dass Keratinozyten ein funktionierendes Inflammasom enthalten“, betont Oberassistent Hans-Dietmar Beer, in dessen Arbeitsgruppe am Institut für Zellbiologie (2)der ETH die Arbeit entstanden ist. Das Inflammasom ist zudem identisch mit demjenigen von Fresszellen. Neu ist auch die Erkenntnis, dass sich dieses Inflammasom durch UVB-Strahlung aktivieren lässt. Bei Fresszellen sind in der Regel verschiedene Pathogene – Bakterien, Viren und dergleichen - für die Aktivierung nötig. UVB-Strahlung setzt Kaskade in Gang Die UVB-Strahlung sorgt dafür, dass in den Keratinozyten mehr Kalzium-Ionen im Zellplasma frei werden. Erst diese „Überdosis“ aktiviert das Inflammasom. Wie das genau geschieht, ist noch unklar. Doch das Inflammasom setzt seinerseits das Enzym Caspase-1 in Betrieb. Dieses wiederum stellt aus einem Vorläufer, dem proIL-1b, den Botenstoff Interleukin-1b (IL-1b) her.
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„Das Inflammasom ist essentiell für die Aktivierung dieses Botenstoffs“, sagt Beer. Um zu überleben, muss die Zelle Interleukin-1b und die Bestandteile des Inflammasoms möglichst rasch ausschleusen. Ausserhalb der Zelle sorgen diese Stoffe schliesslich für den Fortgang der Entzündung - der Sonnenbrand entsteht. Autoimmunkrankheiten erforschen Mit ihrer Arbeit, die zu Beginn „nur“ ein Nebenprojekt für Erstautorin Laurence Feldmeyer war, legen die Forscherinnen und Forscher einen Grundstein für ein besseres Verständnis von UV-induzierten Hautkrankheiten, zu denen auch einige schwere Autoimmunerkrankungen gehören. Sabine Werner, ETH-Professorin für Zellbiologie, sagt, dass viele dieser Krankheiten durch eine permanent überschiessende Entzündungsreaktion gekennzeichnet sind. In einem nächsten Schritt wollen die ETH-Forscherinnen und -Forscher deshalb nun Keratinozyten von solchen Patienten untersuchen, unter anderem um herauszufinden, ob diese Hautzellen mehr Interleukin-1b ausschütten als gesunde. Damit könnten sie einen weiteren Grundstein legen, um ein Medikament gegen entzündliche Hautkrankheiten zu entwickeln. |
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