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Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 19.06.2007 06:00

Treffpunkt Science City
Treffpunkt Infektionskrankheiten

Forschung zum Anfassen gab es am letzten Sonntag in Science City: Das Institut für Mikrobiologie zeigte im Rahmen von „Treffpunkt Science City“ dem interessierten Publikum im Labor und im Hörsaal, wie Infektionskrankheiten entstehen und wie sie an der ETH Zürich erforscht werden.

Peter Rüegg

Ein Junge hantiert mit einer Pipette, füllt ein wenig einer gelblichen Suspension, die eine Mutante von Legionella pneumophila enthält, in ein Eppendorf-Röhrchen. Er trägt Latexhandschuhe und einen weissen Labormantel. Daneben steht sein Vater mit der Handykamera, schiesst ein paar Bilder von seinem Sohn, der wie ein Profi in der Kapelle hantiert, links davon steht Post Doc Simon Urwyler, der ab und zu eingreift und dem Jungen Anweisungen gibt.

Hand anlegen im Labor

Eine Szene, wie sie sich am vergangenen Sonntag im Rahmen der Veranstaltung „Treffpunkt Science City“ in den Labors des Instituts für Mikrobiologie abspielt und einige Male wiederholt. Trotz strahlendem Sonnenschein drängen sich Dutzende Leute - Junge, Familien, Seniorinnen und Senioren - in den engen Labors des HCI 408 zusammen, um mehr über die Erforschung von Krankheitserregern wie Salmonellen, Legionellen oder dem HI-Virus zu erfahren. „Wie Infektionskrankheiten entstehen“ hiess denn auch der zweitletzte „Treffpunkt“ vor der Sommerpause.

In den Labors dürfen die Besucherinnen und Besucher für einmal selber Hand anlegen. So können sie ihre eigenen Zellen aus der Mundschleimhaut betrachten. Oder erhalten eigens präparierte Makrophagen, B-Zellen oder mit einer fluoreszierenden Farbe gefärbte Schigellen, ein Durchfallerreger, vorgeführt.

Theorie im Hörsaal

Parallel zu den Laborführungen finden Kurzvorlesungen statt, welche die Professoren Hubert Hilbi, Annette Oxenius und Dietrich Hardt halten. Eine geballte Ladung Biologie für das grösstenteils aus Laien bestehende Publikum. Beispiel: die Vorlesung über Legionella pneumophila, welche die berüchtigte Legionärskrankheit verursacht.

. „Über Legionellen haben viele schon in der Zeitung gelesen“, sagt Professor Hubert Hilbi zu Beginn seiner Vorlesung und knüpft damit eine populäre Brücke. Die Ansteckung eines Menschen sei eigentlich eine Sackgasse. In der freien Natur parasitieren die Bakterien Amöben, lassen sich von ihnen einverleiben, quasi auffressen aber nicht verdauen, und vermehren sich dann, bis der Wirt platzt und die Erreger freisetzt. Legionellen kommen überall in Gewässern unserer Umwelt vor. Gefürchtet aber sind sie, wenn sie sich in verunreinigtem Wasser über Warmwassersysteme verbreiten und der Mensch sie – etwa beim Duschen – in feinsten Wassertröpfchen einatmet. Dann entfalten die Legionellen ihre bisweilen tödliche Kraft.

Einspritzung von Proteinen

In der Lunge suchen sich die Legionellen die Fresszellen der körpereigenen Abwehr als Wirte aus. Das führt bisweilen zu schweren, allenfalls tödlichen Lungenentzündungen. Hilbi und seine Gruppe untersuchen nun, welche Mechanismen die Bakterien nützen, um in die diese Makrophagen hinzugelangen. Herausgefunden haben sie unter anderem, dass die Erreger eine Art Injektionsspritze einsetzen, mit der die Legionellen der Makrophage DNS und Proteine einspritzen. Diese wiederum sind nötig, dass die Makrophage ein Bakterium leichter aufnimmt und ein spezielles Bläschen bildet, in welchem der Erreger in der Fresszelle überlebt und sich vermehrt.


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PostDoc Simon Urwyler erklärt Kindern, wie sie in der sterilen Umgebung der Kappelle mit Pathogenen zu arbeiten haben. gross

Eine wichtige Rolle bei diesen Prozessen spielen die Phosphoinositiden, die den Vesikeltransport steuern. Noch immer gibt es Antibiotika, welche die Legionellen wirksam bekämpfen, weshalb es bei der Forschung nicht primär um die Entwicklung neuer Therapien geht. Vieles sei Grundlage, um den Mechanismus der Aufnahme durch und Freisetzung aus Makrophagen besser zu verstehen. Und das wiederum kann zu einem späteren Zeitpunkt allenfalls Hinweise geben, wie die Bakterien bekämpft werden könnten.

Ein interessiertes Publikum

Das Programm an diesem Tag ist reichhaltig, fast zu viel des Guten, Aufmerksamkeit und Auffassungsvermögen sind nach rund drei Stunden erschöpft – obwohl man bis 17 Uhr bleiben könnte. Vielen schwirrt der Kopf ob all den neuen Eindrücken, die auf sie einprasseln.

Das anwesende Publikum schätzt allerdings die gebotenen Möglichkeiten, sich fortzubilden und den Forschern über die Schultern zu schauen. Eine ältere Frau aus Affoltern sagt, dass sie zum ersten Mal an einem „Treffpunkt“ teilnimmt. Eine Kollegin, deren Sohn an der ETH studiere, habe sie darauf aufmerksam gemacht. Mit dem Gebotenen ist sie zufrieden. Vorwissen habe sie nicht; den Stoff, so kompliziert wie er ist, habe sie aber verstanden. Und sie würde wiederkommen zu einem solchen Anlass, auch zu einem anderen Thema wie etwa Nanotechnologie.

Laborsicherheit geht vor

Die Laborführung bei den Legionellenforschern ist zu Ende. In viel zu knappen 45 Minuten haben die Leute einen Einblick in die Arbeit der Wissenschaftler gewinnen können. Zufriedene Gesichter, Schichtwechsel, die nächste Gruppe tritt in den Flur. Der Junge, der eben sein Eppendorf-Röhrchen aus der Zentrifuge nehmen darf, und nun den Bodensatz von konzentrierten Bakterien sieht, fragt den Post Doc begeistert: „Darf ich das nach Hause nehmen?“ Was er schliesslich nicht darf. Das gehöre zu den Sicherheitsbestimmungen, dass solche mutierten Bakterienstämme, obwohl harmlos, das Labor nicht verlassen dürften, sagt Urwyler bestimmt. Aber die Eindrücke, die der Bub mitnimmt, dürfen das Labor selbstverständlich verlassen. Und wer weiss: Vielleicht hat sich der junge Gast mit dem Wissenschaftsvirus angesteckt.


Literaturhinweise:
Programm zu Treffpunkt Science City: www.sciencecity.ethz.ch/treffpunkt/programm/details



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