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Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 20.02.2002 06:00

Expo-Generaldirektorin Nelly Wenger an der ETH
Bestand hat die Vergänglichkeit

Sie beginnt erst in 84 Tagen, die Expo - aber Generaldirektorin Nelly Wenger machte am Montag an der ETH schon einmal mit dem bevorstehenden Abschiedsschmerz vertraut: Anlässlich ihres Besuchs der Expo-Partner ETH und Uni Zürich sprach sie über die "Vergänglichkeit der Landesausstellungen".

Von Norbert Staub

Das AudiMax der ETH war mit rund 100 Zuhörern bei weitem nicht so voll, wie die Organisatoren es sich wohl erhofft hatten. Eigentlich erstaunlich, wo doch die Expo-Begeisterung, abzulesen am Run auf die von Uni und ETH angebotenen vergünstigten Tickets, jetzt doch noch allmählich um sich greift. "An der Verankerung des Uni-/ETH-Projekts innerhalb der beiden Hochschulen muss noch gearbeitet werden," sagt Ada-Koordinator Matthias Erzinger dazu gegenüber ETH Life.

Generaldirektorin Nelly Wenger focht das nicht an. Von ETH-Rektor Konrad Osterwalder begrüsst, kniete sie sich so engagiert in ihr Referat wie sie als Werbeträgerin für die in 84 Tagen beginnende Landesausstellung fungiert. "Warum wird Vergänglichkeit als eine Exklusivität der Expo.02 angesehen, wo doch alle Landesausstellungen davon geprägt waren?" – lautete die Ausgangsfrage ihres Referats. Vergänglichkeit, so Wenger, sei "ein Zeichen unserer Zeit". Insbesondere in der Mode- und Konsumwelt sei das "Zapping" ohne ethische Konnotation an der Tagesordnung.

Wie ein Christo-Kunstwerk

Aber nicht diese "oberflächliche", sondern eine "inhaltsreichere" Vergänglichkeit sei es, nach der die Expo strebe; eine, die den "Moment des festlichen Zusammentreffens" betone. Ähnlich wie dem Künstler Christo mit seinen monumentalen Verpackungs-Werken geht es der Expo-Generaldirektorin darum, die Expo primär als Ereignis zu inszenieren, das in der Erinnerung haften bleibt und nicht als bauliche Altlast erscheint.

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Gruppenbild mit Expo-Chefin und Partnern: Uni-Rektor Hans Weder, Nelly Wenger, ETH-Rektor Konrad Osterwalder und Albert Waldvogel, Delegierter für die Strategischen Erfolgspositionen der ETH (v.l.). gross

Anders als der Expo-Laie vermutet hätte, zeigte Nelly Wengers historischer Exkurs zu den Schweizer Landesausstellungen, dass dieses Motiv alles andere als neu ist: Denn bereits 1896 in Genf wurde durch die Wahl von Materialien, Bautechniken und Architektur peinlich darauf geachtet, dass die Ausstellung sofort nach ihrem Ende schnell geräumt werden konnte. Was damals blieb, war neben der Darstellung der einheimischen Produktivität ein patriotischer Appell an den Mythos Schweiz, die Feier heimatlicher Rituale.

Kein "Landi"-Geist

Davon besonders eingefärbt ist bekanntlich die Erinnerung an die "Landi" von 1939, in erster Linie wegen der damaligen politischen Konstellationen. Erst die Lausanner Expo von 1964 brachte eine erste kritische Hinterfragung der Heimat.


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nelly wenger
Statt Monumente sollen Erinnerungen bleiben: Expo-Chefin Nelly Wenger stellt ihre Arbeit in die Tradition früherer Landesausstellungen. gross

Die bewegte Entstehungsgeschichte der Expo.02 (als Vorstufen: die gescheiterte "CH 91", und die Expo.01) hat ihr das Thema Vergänglichkeit in mehrfacher Weise in die Agenda geschrieben: so forderten die politischen Gegner aus rechtsnationalen Kreisen genauso den vollständigen Rückbau nach Ausstellungsende wie die ersten Expo-Autoren. Diese stellten gemäss Wenger ab Mitte der neunziger Jahre eine forcierte Subversion der Schweiz-Klischees ins Zentrum. Der "Landi"-Geist sollte so endgültig in die Rumpelkammer der Geschichte verbannt werden.

Schon "Amputationsängste"

Dass das Endergebnis versöhnlicher daherkommt, überrascht nicht bei einem Projekt, das durch die Mühlen der Konsensdemokratie ging. In der laut Nelly Wenger "experimentellen Architektur, die sich nicht an gegenwärtigen Stilen orientiert" und notabene vor allem im Wasser inszeniert wird ("eine Provokation"), klingen die aufmüpfigen Anfänge noch nach.

Geradezu behutsam hingegen muten die Eingriffe von Stararchitekt Jean Nouvel ins Vorzeigestädtchen Murten an: er begnügt sich mit kleinen, das Postkarten-Idyll störenden Veränderungen wie dem Anhalten der Uhr am historischen Glockenturm.

Dass die Bevölkerung der Drei-Seen-Region die Expo bereits ins Herz geschlossen hat, beweise die von der Expo-Leitung bereits registrierte "Amputationsangst". Besorgt fragen Menschen, die den Aufbau der Arteplages mitverfolgt haben, was denn davon erhalten bleibe. - "Die ganz persönliche Erinnerung", wurde Nelly Wenger auch an der ETH nicht müde zu betonen, "und vielleicht etwas Stolz, dass dieses Land ein solch ambitioniertes Projekt realisiert hat".

Deutschschweizer Expo-Treue

Dieser Stolz scheint in der Deutschschweiz stärker entwickelt zu sein als in der Romandie. Welsche Grossunternehmen, schon in der Ära Fendt nicht warm geworden mit der Idee, hätten auch danach nicht mehr ins Expo-Boot geholt werden können, sagte die Expo-Chefin zu einer entsprechenden Frage aus dem Publikum. "Es ist eben schwierig, sich zweimal in denselben Menschen zu verlieben", resümierte sie. Anders bei Deutschschweizer Firmen: dort sei das zum Teil gelungen. "Deutschschweizer sind eben imstande, sich zweimal in dieselbe Person zu verlieben", kam postwendend das Fazit von ETH-Rektor Osterwalder.

Im Anschluss an ihre Rede kam Nelly Wenger in den Genuss der Erstaufführung des achtminütigen Films "Brainworkers", in welchem das Team um die Neuroinformatiker Rodney Douglas und Paul Verschure das Expo-Projekt "Ada" von ETH und Uni Zürich vorstellt. Der Kurzfilm wird in der Projekt-begleitenden Dialogkampagne eingesetzt.


Literaturhinweise:
Aktueller ETH-Life-Artikel zu Ada: www.ethlife.ethz.ch/tages/show/expoeth.html
Website der Expo.02: www.expo.02.ch/
Website von Ada: www.ada-ausstellung.ch/



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