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Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 09.06.2006 06:00

ZIL Annual Conference 2006
Mit Bäumen Armut lindern

Eine gezielte und nachhaltige Nutzung von Wäldern kann die Lebensgrundlage von Menschen in südlichen Regionen entscheidend verbessern. Wissenschaftler der ETH suchen nach entsprechenden Strategien. An der Jahrestagung des Schweizerischen Zentrums für Internationale Landwirtschaft (ZIL) beleuchten Wissenschaftler und Praktiker den aktuellen Stand der Forschung und diskutieren unter Anderem, warum man den Wald nicht nur als Wald, sondern als Teil einer Landschaft betrachten soll.

Claudia Naegeli

„Wir besprechen moderne Beispiele nachhaltiger Forst- und Agroforstwirtschaft im Hinblick auf die Linderung von Armut in südlichen Ländern.“ Mit diesen Worten bringt Jean-Pierre Sorg von der Professur für Ecosystem Management der ETH Zürich das Ziel der heutigen Konferenz „Trees for Poverty Alleviation“ auf den Punkt (1)(2). Linderung von Armut heisst für ihn in erster Linie natürliche Ressourcen zu schützen, damit die Bevölkerung einen möglichst nachhaltigen Nutzen daraus ziehen kann. In Zeiten, in denen hierzulande die Wälder häufig nur als Naherholungsgebiet betrachtet werden, besinnt sich die Wissenschaft zurück und versucht in südlichen Regionen das Potenzial der Wälder zu nutzen und zu quantifizieren.

Mehr als nur Holz

Das Zusammenspiel von Land- und Forstwirtschaft treibt den ETH-Wissenschaftler und sein Team schon einige Zeit um. Die Forschenden möchten einerseits das Verhältnis vom Menschen zum Wald und zum Baum besser verstehen und andererseits das Produktionspotenzial der Wälder besser kennen lernen. „Auf dieser Basis können wir dann Vorschläge machen, wie man ganze Landschaften nachhaltiger bewirtschaften kann“, erklärt Sorg.

Unter Produktionspotenzial versteht Sorg nicht nur das verwertbare Holz, sondern den Wald in seiner ganzen „Multifunktionalität“. Die verschiedenen Nutzungsfunktionen erklärt er am Beispiel eines Nusswaldes im südlichen Teil Kirgisistans, den ETH-Forscher im Rahmen eines Forschungsprojekts seit einiger Zeit genauer untersuchen. „Dieser Wald versorgt die dörfliche Bevölkerung mit Brennholz und Früchten wie Wildäpfeln, Nüssen sowie Birnen und birgt in sich gleichzeitig Gras, das man mäht oder zum Weiden der Tiere intensiv verwendet“, erklärt er. Die Wissenschaftler versuchen nun diese Multifunktionalität zu quantifizieren und die Produktionsflüsse zu klären.


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Dornwald mit einem Baobab im trockenen Süwesten von Madagaskar. Brand und Beweidung haben den ursprünglichen Waldbestand stark degradiert. (Bild: Jean-Pierre Sorg) gross

Partizipation und Grasnutzung

„Ausserdem ist es in diesem Zusammenhang sehr wichtig, die unter den Dorfbewohnern geltenden Zugangs- und Nutzungsrechte zu verstehen“, fügt Sorg an. Um der dörflichen Bevölkerung Vorschläge zu unterbreiten, wie sie den Wald nachhaltiger bewirtschaften kann, ist es für den ETH-Forscher wichtig, dass sich diese am Forschungsprojekt beteiligt. „Im Laufe unserer langjährigen Forschungsarbeit hat sich gezeigt, dass es mittelfristig etwas bringt, wenn man den Bauern, welche den Wald letztlich auch pflegen müssen, bestimmte Rechte und Pflichten auferlegt.“ Deshalb würden im beschriebenen Forschungsprojekt mehrheitlich Kirgisier und nicht etwa Forscher aus der Schweiz arbeiten.

Auch in Bezug auf das Überleben des Waldes konnten die Forschenden im südlichen Kirgisistan wichtige Erkenntnisse gewinnen. „Wir konnten zeigen, dass die Grasnutzung, also das Mähen und die Beweidung eine enorme Rolle für die Erhaltung der Wälder spielt“, erklärt Sorg. Das regelmässige Beweiden und Mähen des Grases auf grossen Flächen beeinträchtigt das Aufwachsen von Jungbäumen und verhindert die Verjüngung des Waldes.

Wald als Teil der Landschaft

Eine weitere wichtige Erkenntnis, welche die ETH-Wissenschaftler an der heutigen Konferenz zur Sprache bringen, haben sie aus einem Forschungsprojekt auf der Insel Madagaskar gewonnnen. Im Zusammenhang mit einem Forschungsprojekt zur nachhaltigen Nutzung der Waldressourcen haben die Wissenschaftler den Schritt aus dem Wald hinaus gewagt. „Wir haben das Verhältnis vom Wald zu den Menschen erstmals im Kontext der ganzen Landschaft betrachtet“, sagt Sorg. Landschaft heisst hier ausgedehnter Trockenwald, Dörfer, landwirtschaftlich genutzte Felder und Savanne. Die Erkenntnisse könnte man theoretisch auch hier im Norden anwenden. „Insbesondere im Zusammenhang mit der Zunahme der Wälder werden unsere Ergebnisse auch für Regionen interessant, in denen Wald und die restliche Landschaft stärker getrennt sind.“


Fussnoten:
(1) Zur Website der Professur für Ecosystem Management: www.ecology.ethz.ch
(2) Mehr Informationen zur Tagung: www.zil.ethz.ch/news/annualconference06



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