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Rubrik: Forum
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Publiziert: 26.02.2004 06:02

Prekäre Situation für den Mittelbau

Ich bin sehr froh, dass Nobelpreisträger Prof. Richard Ernst auch nach seiner Emeritierung Klartext zur Schweizerischen Forschungspolitik und der kritischen Lage, in der sich die Schweizer Forschung und die Grundlagenforscher befinden, spricht und massiv mehr Geld für die Grundlagenforschung in der Schweiz als absolute Voraussetzung fordert, dass unser Land auch in Zukunft innovativ bleiben kann (1).

Umso erstaunlicher ist es, dass die gegenwärtig amtierenden Präsidenten unserer Schweizer Hochschulen nicht genug und bei jeder Gelegenheit immer wieder betonen, dass die Schweiz zur Spitze gehört. Das mag in gewissen Disziplinen noch stimmen, aber generell hat die Schweizer Forschung im internationalen Vergleich signifikant an Terrain verloren. Während in den USA und einigen Nordeuropäischen Ländern die Förderungsmittel für die Grundlagenforschung seit den 90er Jahren verdoppelt bis vervierfacht worden sind, haben diese im gleichen Zeitraum (nun seit mehr als 10 Jahren!) in der Schweiz und auch in Deutschland stagniert oder sind sogar real gesunken.

Ich möchte bei dieser Gelegenheit auf einen sehr beunruhigenden Trend zur Sanierung der Hochschul-Budgets aufmerksam machen, dass nämlich im Rahmen der allgemeinen Sparanstrengungen der Mittelbau, das sind die Wissenschaftlichen Mitarbeiter, Oberassistenten und Privatdozenten langsam und unbemerkt aber sicher eliminiert werden und es in Zukunft an unseren Hochschul-Forschungsstätten neben befristet angestellten meist ausländischen Post-Doktoranden, praktisch nur mehr Professoren und Studenten, sprich Doktoranden, geben wird, da es faktisch keine unbefristeten Mittelbaustellen mehr gibt.

Es sind aber meistens diese Mittelbaustellen, die früher mit langjährigen, hoch-qualifizierte Forschern besetzt werden konnten, die für die methodologische Kontinuität einer Forschungsgruppe und für die Anleitung von Doktoranden Wesentliches zum Forschungserfolg einer Professur beigetragen haben. Dies bestätigt sich, wenn man die Forschungsgruppen der jüngsten Schweizerischen Nobelpreisträger anschaut. Da haben langjährige Wissenschafter meist im Hintergrund zur Entwicklung der komplexen Techniken und Methoden und deren Auswertung beigetragen, ohne die diese grossen Leistungen des Professors gar nie möglich gewesen wären.

Falls der Staat und die Wirtschaft nicht bereit sind, mehr Geld für die Schweizerische Grundlagenforschung freizumachen, wird uns eine ganze Generation von jungen Wissenschaftern in andere Gebiete abwandern, da sie von der prekären Aussichten und Risiken, die mit einer Akademischen "Nur-Professoren-Laufbahn" verbunden sind, abgeschreckt werden. Denn nicht jeder kann und will Professor werden. Zudem werden Professoren nachweislich immer mehr mit Administration und Bürokratie überfordert, anstatt sich ihrer Forschung und ihren Mitarbeitern widmen zu können. Erfahrungsgemäss sind es meist die besten Doktoranden, die, nachdem sie den akademischen Betrieb mit der meist nicht nachvollziehbaren Beförderungs-Praxis und den oft nicht-transparenten Berufungsverfahren für Professorenstellen durchschaut haben, abspringen und alternative Karrieren einschlagen und somit für die Forschung, die sie sehr gerne betreiben würden, verloren gehen.

Die gegenwärtig Situation wird sich nach meiner Einschätzung in etwa 10 Jahren drastisch bemerkbar machen. Dann spätestens wird der Markt an gut ausgebildeten jungen Schweizer Forschern ausgetrocknet sein, falls nicht drastische Sofortmassnahmen zur Förderungen von Schweizer Forschungstalenten ins Auge gefasst werden. Die vor einiger Zeit vom SNF geförderten Nachwuchsprofessoren wären ein guter Ansatz gewesen, haben aber in vielen Fällen in eine Sackgasse geführt, weil anschliessend an die Vergabe dieser befristeten Nachwuchsprofessorenstellen die entsprechenden festen Professorenstellen an den Universtitäten fehlten. Wenn der Nachwuchs gefördert werden soll, dann sollte das mit transparenten Karriere- Aussichten verbunden sein. Eine langfristige Förderung von jungen Talenten kostet Geld und wir sollten diese für die Zukunft unseres Landes prioritär ins Auge fassen.

Theo Wallimann Prof.Inst. Zellbiologie ETH-Zürich



Fussnoten:
(1) Vgl. Interview mit Richard Ernst "Kinderkrippen statt Studiengebühren" in der NZZ am Sonntag vom 22 März 2004 Seite 65



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