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Rubrik: Mittwochs-Kolumnen
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Publiziert: 04.09.2002 06:00

Kolumne: neue Gesichter
Federn frisch gespitzt

Kommende Woche erscheint in dieser Rubrik der erste Text aus der neuen Kolumnistenrunde. Wir freuen uns auf Denkanstösse von vier so spannenden wie unterschiedlichen ETH-Persönlichkeiten Wir stellen sie Ihnen im folgenden vor.

Von Norbert Staub

Mathias Egloff: Das Staunen bewahrt

Er ist ein Mann mit vielen Facetten. Und hat nur schon deshalb einiges zu erzählen. Der 40-jährige Winterthurer Mathias Egloff hat an der Uni Zürich Zoologie studiert. Seine Welt waren jahrelang die Fische, genauer: der Barsch oder Egli. Grund dafür war nicht die dem Forschernamen und seinem Objekt gemeinsame etymologische Wurzel (die tatsächlich besteht), sondern eine Kenntnislücke, die Egloff zu seiner Diplomarbeit über den allseits geschätzten Speisefisch animierte, und später, als Assistent am Zoologischen Museum, zur Dissertation: darin ging es um das Überleben der Eglilarven und die Rolle, die der erste Vorgang der Schwimmblasenfüllung darin spielt. Sein Interesse für Umwelt- und Konsumfragen führte Mathias Egloff zum WWF: dort erstellte er den Schweizer Teil des “Water and Wetland Index", eine von Managementmethoden abgeleitete europaweite Erhebung über den Zustand von Gewässern und Feuchtgebieten. Und ebenso bleibend: seine Mitwirkung bei der Gründung der Labels „Marine Stewardship Council“ und „fair-fish“.

Mathias Egloff gross

Leidenschaftlich werden kann der Vater einer Tochter und von Zwillingsbuben als aktiver Wohn-Genossenschafter oder wenn man ihn auf Umweltthemen anspricht. Allerdings gebe es für diese momentan keinen Markt, bedauert Mathias Egloff. Sein heutiges berufliches Wirkungsfeld sind die Systemdienste der ETH, wo er auf die Betreuung von Mac-Usern spezialisiert ist - und nicht weniger Herzblut investiert. Diese Facette von ihm kam zuvor bereits beim Aufbau des Webauftritts des Zoologischen Museums sowie als Informatikkoordinator der Professur Umweltnatur- und Umweltsozialwissenschaften der ETH zum Tragen.

Das „System ETH" beobachtet Egloff mit einer Mischung von Respekt und Erstaunen: „Die ETH orientiert sich strukturell stark an den Professuren und erscheint mir als eine der letzten Oasen funktionierender Selbstorganisation. Aber damit das funktioniert, ist viel Idealismus und Goodwill nötig, und das von allen Beteiligten."

Philip Ursprung: Kunsthistorischer Solitär

Es klingt wie eine contradictio in adiecto: „Geschichte der Gegenwartskunst“. Er habe diesen Schwerpunkt sehr bewusst gewählt, sagt Philip Ursprung, Inhaber des vom Nationalfonds als Förderungsprofessur ermöglichten Lehrstuhls, des schweizweit ersten überhaupt im Fach Kunstwissenschaft: „Die ‚Gegenwart’ beginnt mit den 60er Jahren, dem Anbrechen der postmodernen Ära. Der Historiker ist hier gezwungen, seine Perspektive alle paar Jahre zu revidieren – das reizt mich an dieser Forschung.“ Faszinierend an seinem Spezialgebiet sei zudem die Nähe zur Kunst- und Architekturszene. Den Kontakt zu den Künstlern und Architekten empfindet Ursprung als sehr bereichernd. „Von ihrem historisch und politisch geschärften Blick auf die Welt profitiere ich enorm“, sagt der 39-jährige Professor.

Das mag jene erstaunen, die das ‚Everything goes’ heutiger Kunstproduktion als Hang zur Ahistorizität (miss-)verstehen. Studiert hat Ursprung in Genf, Wien und Berlin, und seine Leidenschaft für aktuellste Kunst entdeckt hat er in den 80er Jahren als Praktikant an der Kunsthalle Bern. Ab 1993 war er Oberassistent am ETH-Institut für Geschichte und Theorie der Architektur (gta). „Es scheint ein Bedürfnis nach Architektur zu geben“, sagt Ursprung zum Boom, den derzeit vor allem die Stars des Metiers und deren Werk erleben. „Vielleicht ist es die immer beeindruckende Verbindung von öffentlicher und privater Ästhetik, welche die Menschen fasziniert.“ Gelungene Bauten, meint Ursprung, strahlen eine Autonomie aus, die sich dem kontrollierenden Eingriff von aussen entziehe.

Philip Ursprung gross

1999 habilitierte sich Ursprung an der ETH mit einer Studie zur amerikanischen Land Art, einem Gebiet, das für die Kunstwissenschaft lange Zeit ‚Terra incognita’ war. Als kunstgeschichtlicher Solitär an der ETH; wünscht man sich da nicht manchmal den Wechsel zur „reinen“ Geisteswissenschaft? „Im Gegenteil“, meint Philip Ursprung. „Mit meinem Fokus auf architektonische und territoriale Fragen stosse ich bei Kollegen und Architektur Studierenden auf offene Ohren und Augen. Die Lehre empfinde ich als sehr problemorientiert, frei und partnerschaftlich“. Und dies würde ihm, wäre er ein ‚herkömmlicher’ Kunstgeschichts-Professor, fehlen.


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Katja Wirth gross

Katja Wirth: Fechten für die Assistierenden

Sie ist begeisterte Fechterin. – Sicher keine schlechte Voraussetzung für ihr neues Amt: Als ETH-Life-Kolumnistin kann Katja Wirth Präzision, eine gute Reaktion und wenn’s sein muss, ihre kämpferischen Qualitäten zur Geltung bringen. Die Assistentin am ETH-Institut für Hygiene und Arbeitsphysiologie ist im Kanton Luzern aufgewachsen und hat in Fribourg und im französischen Angers Psychologie und Neurobiologie studiert. Jetzt arbeitet sie bei Professor Krueger an einer Doktorarbeit zum aktuellen Thema Fluglärm. In der grossangelegten „Lärmstudie 2000“ - werden die Auswirkungen des Fluglärms auf die davon betroffenen Menschen untersucht. Katja Wirth ist vor allem für den sozialwissenschaftlichen Teil der Studie verantwortlich. Sie schätzt besonders die Vielseitigkeit des Projektes: „Neben der konkreten Forschungsarbeit gehören auch Kontakt mit Behörden und Versuchspersonen zu den Aufgaben. Und ebenso unerlässlich sind genaue Kenntnisse über die Fluglärmpolitik“, sagt sie.

Die Dinge selber in die Hand zu nehmen - das scheint eine ihrer Qualitäten zu sein: Dass Katja Wirth sich in der Vereinigung der Assitierenden der ETH (AVETH) engagiert, und das gleich als Vorstandsmitglied, hat auch ein bisschen mit ETH Life zu tun: die an dieser Stelle seinerzeit von Katharina von Salis ins Rollen gebrachte Diskussion um die Doktorierendenlöhne hat sie inspiriert, aktiv die Interessen des Mittelbaus zu vertreten. „Ich finde es schön, dass die ETH-Leitung schnell reagiert hat und nun das Existenzminimum garantiert. Aber das ist natürlich noch zu wenig“, meint die Doktorandin. Ihre Energie reicht auch noch dazu, sich schweizweit für die Assistierenden einzusetzen: nämlich in der „ActionUni“ (http://www.action-uni.ch/de/index.html), einem Forum über die Arbeitsbedingungen der DoktorandInnen an Schweizer Universitäten.

Richard Pink: Denken in der Königsdisziplin

Er ist ein „reiner“ Mathematiker. Als solcher sind für ETH-Professor Richard Pink Kopf, Bleistift und Papier die wichtigsten Arbeitsinstrumente – plus ein immenses Korpus an mathematischem Wissen. Dem Laien dämmert bereits angesichts seines kargen Büros, in dem ein mit Formeln übersätes Whiteboard hängt, warum sich die Mathematik eher bei den Geistes- als den Naturwissenschaften ansiedelt. Ja, es sei schon so: das Denken der Mathematiker kreise letztlich stets um die Suche nach Wahrheit, erklärt der 42-jährige, aus Karlsruhe stammende Richard Pink: „Diskussionen sind nützlich, aber wer den mathematischen Beweis liefert, hat am Ende Recht. Der Beweis stellt alles in den Schatten – das beeindruckt mich immer wieder.“

Richard Pink gross

Pinks Forschungstätigkeit, hauptsächlich mit Algebra und der Zahlentheorie (von manchen die „Königin“ der mathematischen Disziplinen genannt), greift auch in die Praxis hinein. Ein Beispiel: Damit auch einer verkratzten CD makelloser Karajan entströmt, ist ein ausgeklügeltes Codierungsverfahren nötig. So kann trotz solcher Unregelmässigkeiten die CD-Information vollständig gelesen werden. „Und dieses Verfahren wiederum setzt zahlentheoretisches Wissen voraus“, so Richard Pink, der seit 1999 an der ETH forscht und lehrt. Und doch: stört es den Professor nicht, dass die Mathematik sich oft nur schwer vermittelt und in Sachen Öffentlichkeit nicht mit „handfesten“ Fachrichtungen wie den Life Sciences messen kann? „Mein Fach sucht noch die Anerkennung, die ihm zusteht; das ist wahr“, meint Pink. Es müsse wohl seinen Einfluss im Alltag deutlicher hervorstreichen. Andererseits: „Wissenschaft darf sich nicht naivem Nützlichkeitsdenken unterordnen. Mathematik ist der Boden, dem letztlich alle erfolgreichen Technologien entstammen.“




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