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Rubrik: Mittwochs-Kolumnen |
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Mittwochs-Kolumne Wie zufrieden ist zufrieden genug? |
Von Gudela Grote In meiner ersten Kolumne habe ich erwähnt, dass ich zu gegebener Zeit die Personalbefragung der ETH kommentieren würde. Inzwischen hat mein Departement, D-BEPR, die zweite Runde der Befragung mitgemacht. So habe ich zum ersten Mal am eigenen Leib erfahren, was wir in unserer For-schung sonst immer nur anderen antun. Allerdings hoffe ich, dass wir unsere Befragungen in einigen Punkten ein wenig besser machen. In meiner gerade abgeschlossenen Vorlesung zu empirischen Methoden für betriebliche Untersuchungen habe ich - auch am Beispiel der ETH-Personalbefragung - wesentliche Rahmenbedingungen für das Gelingen von Mitarbeitendenbefragungen mit den Studierenden diskutiert. Zwei kritische Faktoren sind sicherlich die Anonymität versus Vertraulichkeit von Daten und die Rückmeldung der Befragungsergebnisse. Von Anfang an war bei der ETH-Befragung klar, dass durch die SAP-basierte Personalisierung jedes Fragebogens keine Anonymität gegeben war. Daher war die glaubhaft vermittelte Zusicherung der vertraulichen Nutzung der Daten essentiell. Wenn dann die säumigen AntworterInnen namentlich zum Ausfüllen des Fragebogens aufgefordert wurden, war das formal sicherlich völlig einwandfrei, aber psychologisch für einige doch ein (zu) grosser Test ihres Vertrauens in die zugesicherte Vertraulichkeit. Geholfen hat auch nicht, dass im Fragebogen für die Mitarbeitenden ausdrücklich darauf verwiesen wurde, dass die direkten Vorgesetzten kein Feedback erhalten. Entsprechend gross war das Erstaunen meiner Mitarbeitenden, als ich mit ihnen ihre Antworten, die mir als Gruppenmittelwerte samt Standardabweichungen übermittelt wurden, besprechen wollte.
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In meiner Gruppe haben wir dann sehr intensiv und für alle sehr aufschlussreich über die Resultate diskutiert. Darin liegt sicher ein grosser Gewinn der Befragung, systematisch Dinge ansprechen zu können, die im Alltag unterzugehen drohen. Leider wurden mir allerdings die Antworten auf die funktionsspezifischen Fragen nicht rückgemeldet. Da hätten noch viel konkretere Diskussionen der Arbeitsbedingungen entstehen können. Ein Stolperstein war auch die Skala, die bei vielen der Fragen verwendet wurde (1=Erwartungen enttäuscht, 4=Erwartungen erfüllt, 7=Erwartungen übertroffen). Meine Erwartung war bei Werten von 4 eher enttäuscht, insbesondere angesichts der mitgelieferten Benchmarks von 5 oder gar 6. Meine Mitarbeitenden fanden aber einen Wert von 4 angesichts ihrer hohen Erwartungen an mich phänomenal. Ich kann mich nun fragen, ob tatsächlich bei allen anderen Mitarbeitenden der ETH die individuellen Ansprüche so viel leichter übertroffen werden können oder ich aber eben doch nicht die beste aller Vorgesetzten bin. Welche Schlüsse auch immer ich persönlich für mich und meine Gruppe ziehe, aus ETH-Perspektive frage ich mich, wieso es so viele übertroffene Erwartungen zu geben scheint. Sollten wir nicht alle anspruchsvolle(re) Mitarbeitende haben? Dabei wäre eigentlich der im Fragebogen gewählte Ansatz, nur ein wenig anders umgesetzt, ein sehr vielversprechender. Zufriedenheit ist ja tatsächlich ein Resultat des Abgleichs von Anspruch und Realität. Um aber einen entsprechenden Skalenwert beurteilen zu können, müsste man das Anspruchsniveau kennen und müsste auch wissen, wie die jeweilige Person mit Übereinstimmung bzw. Diskrepanz von Anspruch und Wirklichkeit umgeht. Lange vor meiner Zeit wurde an unserem Institut dazu eine sehr hilfreiche Typologie aufgestellt. Da gab es beispielsweise die progressiv (Un-)Zufriedenen, die immer wieder ihre Ansprüche steigern, wenn sie ihre Erwartungen erfüllt sehen, oder die konstruktiv Unzufriedenen, die die Realität aktiv zu ändern suchen, damit ihre Erwartungen zukünftig erfüllt werden können, oder auch die resignativ Zufriedenen, die nach immer wieder enttäuschten Erwartungen ihre Ansprüche gesenkt haben. Eine Frage an meine Studierenden ist immer, welche Art der Zufriedenheit sie als Vorgesetzte denn bei ihrem Mitarbeitenden fördern wollen würden... |
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