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Rubrik: Mittwochs-Kolumnen
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Publiziert: 11.12.2002 06:00

"Kunst und Kohle"

Von Philip Ursprung

Zu den schönsten Traditionen im Departement Architektur gehören die sogenannten Seminarwochen. Dabei handelt es sich um einwöchige Exkursionen, die einmal pro Semester stattfinden. Sie sind für die Studierenden und die Lehrenden obligatorisch. Weil das Angebot an Exkursionen in alle Welt jeweils grösser ist als die Nachfrage seitens der Studierenden, werden gerne attraktive Ziele wie New York, Kairo oder Barcelona angeboten. Wir boten unter dem Titel "Kunst und Kohle" etwas für Hartgesottene an, eine Reise nach Frankfurt, Wolfsburg und in den Ruhrpott.

Wir hatten schon fast nicht mehr damit gerechnet, aber ein Dutzend unentwegter Studierender liess sich von unseren Plänen nicht abschrecken. In Frankfurt besuchten wir die Kunstsammlung der Deutschen Bank und den Parketthandel der Deutschen Börse, wo einige wenige, durch die elektronische Börse längst obsolet gewordene Angestellte die Stellung halten.


Zur Person
Philip Ursprung ist seit 2001 Professor für Geschichte der Gegenwartskunst am Departement Architektur. Dabei handelt es sich um die erste Förderprofessur des Nationalfonds für Kunstwissenschaft. 1999 habilitierte sich Ursprung an der ETH mit einer Studie zur amerikanischen Land Art, einem Gebiet, das zuvor lange Zeit ,Terra incognita' war. Als kunstgeschichtlicher Solitär an der ETH - wünscht man sich da nicht manchmal den Wechsel zur "reinen" Geisteswissenschaft? "Im Gegenteil", meint Philip Ursprung. "Mit meinem Fokus auf architektonische und territoriale Fragen stosse ich bei Kollegen und Architektur Studierenden auf offene Ohren und Augen. Die Lehre empfinde ich als sehr problemorientiert, frei und partnerschaftlich". Und dies würde ihm, wäre er ein ,herkömmlicher' Kunstgeschichts-Professor, fehlen.



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Philip Ursprung, Inhaber der SNF-Förderprofessur für Geschichte der Gegenwartskunst.

Am späten Abend trafen wir in Wolfsburg ein. Als die Türen des Intercity leise klickend ins Schloss fielen und der Zug sich in Richtung Berlin in Bewegung setzte, sah ich die ersten wehmütigen Blicke. Sie heiterten sich auch nicht auf, als wir in der lokalen Jugendherberge eintrafen, einem Juwel der 60er Jahre-Architektur.

Dennoch, alle hielten zu uns, auch als wir anderntags die Niederlage des FC Basel in der einzigen Bar von Wolfsburg mitverfolgen mussten. Im Gegenteil, je weiter wir uns in die Niederungen der Kommerzarchitektur (Autostadt Wolfsburg) wagten, je tiefer wir in die Düsternis der Industrieruinen (Zeche Zollverein, Essen) eintauchten, desto stärker blühte das Interesse auf. Auch als meine Assistenten und ich angesichts des Innenhafens Duisburg ins Grübeln gerieten, ob wir nicht hätten woanders hinfahren sollen und an Napoli oder den Peloponnes dachten, verzagten unsere Gefährten nicht. Selbst dem Tiefpunkt der Erlebnisarchitektur, der "Neuen Mitte Oberhausen", das grösste Schopping-Center Europas, vermochten sie noch Reize abzugewinnen und waren enttäuscht, dass das umgebaute Gasometer geschlossen war. Ja, sie versprachen, das nächste Mal wieder mitzukommen. Wohin sollen wir im Mai fahren?




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