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Rubrik: News |
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Offener Brief an die Schulleitung und das Departement UWIS Fehlende Professorinnen |
(red) Das neue Departement Umweltwissenschaften verfügt über 21 Professuren. Der Umstand, dass keine dieser Professuren von einer Frau besetzt wird, ist beim Verein FachFrauen Umwelt auf Widerspruch gestossen. In einem offenen Brief an die Schulleitung der ETH Zürich sowie die Leitung des Departements Umweltwissenschaften fordert die Interessensvertretung von Frauen im Natur- und Umweltbereich dazu auf, im Sinne der Gleichstellung der Geschlechter bewusster mit der Besetzung von Professuren umzugehen. Wir zitieren im folgenden diesen Brief in seinem Wortlaut. "Seit Anfang des Jahres hat die Eidgenössische Technische Hochschule in Zürich ein neues Departement: das Departement Umweltwissenschaften. Wir FachFrauen Umwelt, das Netzwerk von Frauen in Umweltberufen, hoffen, dass dies zu einer Stärkung der Hochschul-Ausbildung im Umweltbereich an der ETH führen wird. Über die Neugründung wird unter anderem in einer Broschüre informiert, in welcher das Departement und seine Forschungsbereiche vorgestellt werden. Diese Broschüre zeigt eindrücklich die breit gefächerten Arbeits- und Forschungsschwerpunkte der verschiedenen Abteilungen, macht jedoch mit den 21 Professoren-Portraits ebenfalls sehr deutlich: alle Professuren sind von Wissenschaftlern besetzt, keine einzige Wissenschaftlerin ist in diesem neuen Departement auf oberster Ebene vertreten! Ausserdem sind im Wirtschaftsbeirat des Departements Umweltwissenschaften, dem laut Broschüre für die Kommunikation mit Wirtschaft und Gesellschaft eine wichtige Rolle zukommt, von 18 Komiteemitgliedern nur gerade 4 Frauen. Nachhaltigkeit beinhaltet Chancengleichheit Das vollständige Fehlen von Professorinnen ist umso frappierender, als der Frauenanteil bei den Studierenden in den Umweltwissenschaften 41 Prozent ausmacht und sowohl in der Schweiz als auch international schon vor mehr als zehn Jahren Frauen im Bereich Umweltwissenschaften doktoriert haben und heute zur Wahl als Professorinnen zur Verfügung stehen. Wir halten diese Nichtvertretung von Frauen auf der Stufe der Professur und die Untervertretung von Frauen im Wirtschaftsbeirat in einem Departement, welches sich dem Prinzip der Nachhaltigkeit verpflichtet hat, für sehr bedenklich. Nachhaltige Entwicklung beinhaltet neben ökologischen und ökonomischen Aspekten auch soziale Gerechtigkeit und somit die Chancengleichheit der Geschlechter. Ein Departement, welches sich glaubhaft für nachhaltige Entwicklung engagieren will, muss diesem Anspruch auch in der eigenen Struktur auf allen Stufen gerecht werden. Frauen im Wissenschaftsbetrieb Ein Blick auf die Gesamtsituation an der ETH zeigt, dass neben den Umweltwissenschaften vier weitere Departemente keine Professorinnen aufweisen (Architektur, Maschinenbau und Verfahrenstechnik, Informationstechnologie und Elektrotechnik, Materialwissenschaften) und dass von 292 ordentlichen und ausserordentlichen Professuren (Vollzeitäquivalente) lediglich 13 oder 4,4 Prozent von Frauen besetzt sind! Als Begründung für die Untervertretung von Frauen auf der Stufe der Professuren, werden häufig die fehlenden Bewerbungen von dafür geeigneten Wissenschaftlerinnen aufgeführt. Wir verweisen auf die diversen Studien zu diesem Thema, die aufzeigen, dass viele Frauen nur dann eine Chance im heutigen Wissenschaftsbetrieb erhalten, wenn ihren spezifischen Lebensläufen Rechnung getragen wird. So werden etwa Auswahlkriterien wie das Alter, lückenlose wissenschaftliche Lebensläufe oder die Länge der Publikationsliste den weiblichen Lebenszusammenhängen oft nicht gerecht.
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Teilzeitstellen und der ungehinderte Zugang zu familienexterner Betreuung von Kindern müssen in einem frauenfreundlichen Arbeitsumfeld eine Selbstverständlichkeit sein. Solche "frauenfreundlichen" Strukturen kommen zudem auch Männern zugute, die gewillt sind, neben einer wissenschaftlichen Karriere ihre familiären Pflichten wahr zu nehmen. Aufforderung zur aktiven Frauenförderung An der ETH sind zur Zeit verschiedene Professuren vakant, im Departement Umweltwissenschaften zum Beispiel sind dies die Professuren "Atmosphärische Physik" und "Aquatische Ökologie". Wir fordern Sie eindringlich auf, als kurzfristige Möglichkeit der Frauenförderung diese Chance zu packen und aktiv darauf hinzuarbeiten, dass im In- und Ausland Wissenschaftlerinnen gezielt für diese Berufungsverfahren gesucht und dazu eingeladen werden. Mittel- und längerfristig kann nur eine konsequente und anhaltende Frauenförderung in allen Bereichen und auf allen Stufen an den Hochschulen das Ziel einer Chancengleichheit von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern erreichen. Wir verweisen hier auf die Empfehlungen des Schweizerischen Nationalfonds "Zur Gleichstellung von Frauen in der Wissenschaft und zur Förderung von Gender Studies" mit dem detaillierten und fundierten Massnahmenkatalog (1). Die ETH verfügt über eine Stelle für Chancengleichheit. Diese ist ein wichtiges Mittel zur Frauenförderung an der ETH, kann aber ihre Ziele nur dann effizient und nachhaltig umsetzen, wenn Frauenförderung zur Chefsache erklärt wird und die Stelle für Chancengleichheit mit den nötigen Stellenprozenten und Entscheidungskompetenzen ausgerüstet wird. Wir hoffen, Sie mit unseren Ausführungen in Ihren Bemühungen zur Förderung der Frauen an der ETH zu bestärken und verbleiben mit freundlichen Grüssen." Der Vorstand der FachFrauen Umwelt:
Der Brief ist von folgenden Wissenschaftlerinnen mitunterzeichnet:
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Fussnoten:
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