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Rubrik: Science Life |
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Uni und ETH eröffnen gemeinsames Zentrum für Genomforschung Zürich setzt aufs Genom |
Gestern eröffneten Biowissenschaftler von Uni und ETH auf dem Campus Irchel das neue Functional Genomics Center Zürich (FGCZ). Vernetzung und Bündelung von Ressourcen ermöglichen neue Impulse für die Life Sciences. Dies zeigte sich an den präsentierten Forschungsansätzen aus den Bereichen Pflanzenzüchtung, Prionenkrankheiten und Krebsforschung. Das Erbgut zahlreicher Tiere, Pflanzen und Bakterien ist heute vollständig entschlüsselt, seit gut einem Jahr auch dasjenige des Menschen. (1) Das neue Forschungsgebiet der funktionellen Genomik interessiert sich nun nicht mehr nur fürs Lesen im "Buch des Lebens", sondern insbesondere fürs Verstehen. Die funktionelle Genomik will aufklären, welche Funktionen die entschlüsselten Gene im Organismus haben und wie sie reguliert werden. Mit dem heute eröffneten Functional Genomics Center erhalten die Zürcher Forscher nun die dazu notwendige Infrastruktur. Gesamtheit aller Gene Die neuen Trendgebiete in den Life Sciences heissen "Proteomik" und "Genomik". Dabei untersucht man in einer Zelle nicht mehr nur ein einzelnes Gen, sondern gleich die Gesamtheit der Gene (=Genom), beziehungsweise der davon codierten Eiweisse (=Proteom). Durch den Vergleich aller Eiweisse gesunder mit denjenigen von kranken Zellen erhofft man sich Erkenntnisse über zahlreiche Krankheiten, beispielsweise in der Krebsforschung (siehe Kasten).
Interdisziplinäre Technologieplattform Das heute eröffnete Functional Genomics Center ist primär eine Vernetzungs- und Technologie-Plattform für Forschungsgruppen verschiedenster Fachbereiche, wie Medizin, Biologie, Chemie, Physik Informatik und Mathematik. "Das FGCZ steht auch den Forschenden anderer Hochschulen offen", beteuern die Verantwortlichen. Auf dem Campus Irchel verfügt das neue Zentrum über Laborräume von total rund 600 Quadratmetern. "Die Hälfte davon befindet sich allerdings noch im Umbau", präzisiert der Koordinator Ralph Schlapbach.
Der 33-jährige Biochemiker (siehe Bild oben) leitet das Zentrum zusammen mit einem siebenköpfigen Team aus Biologen, Informatikern und Technikern. Für die nächsten drei Jahre stehen ihnen dazu 10 Millionen Franken zur Verfügung. "Den Grossteil dieses Geldes stecken wir in Geräte", bemerkt Schlapbach, denn einige der Maschinen kosten bis zu einer Million. Doch auch die Menschen kommen nicht zu kurz: Für die nächsten zehn Jahre stiftet die Bonizzi-Theler-Stiftung dem neuen Zentrum eine mit 2,5 Millionen Franken dotierte Professur für funktionelle Genomik.
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Teure Genomforschung Die Schattenseiten der neuen Genomforschung liegen im hohen Preis der dafür notwendigen Infrastruktur. Beispielsweise kostet ein Gen-Chip mit den aktiven Genen einer menschlichen Zelle (siehe Bild oben) rund 1'000 Franken. Die daumengrosse Plastikscheibe ist allerdings nur einmal verwendbar. Da sind die Hochschulen froh, wenn man sich die Kosten teurer Software und Analysegeräte teilen kann, beispielsweise die millionenteuren Massenspektrometer. Insbesondere dann, wenn Bundesgelder zunehmend auch in "Life Science"-Projekte am Genfersee fliessen. Kooperation unter Konkurrenten Auf nationaler Ebene zeichnet sich im Bereich der universitären "Life Sciences" eine Konkurrenz zwischen dem "Arc Lémanique" (Unis von Genf und Lausanne, sowie die EPFL) und dem Hochschulstandort Zürich ab. "Wir in Zürich haben mindestens ein bis zwei Jahre Vorsprung", sagte ETH-Präsident Olaf Kübler noch vor einem halben Jahr. ("ETH Life" berichtete (2)). Um den Vorsprung im zukunftsträchtigen und dementsprechend heiss umkämpften Forschungsgebiet zu halten, spannt die ETH im neuen Netzwerk "Life Sciences Zürich" verstärkt mit der Uni zusammen. Zürcher Netz der Life Sciences Der gewählte Standort auf dem Campus Irchel liegt insofern günstig, als die Biowissenschaftler von Uni und ETH dort bereits seit langem Tür an Tür und eng zusammenarbeiten. Diese Kooperation wollen die beiden Zürcher Hochschulen im neuen Netzwerk "Life Sciences Zurich" noch verstärken. Bereits heute umfassen die darin vernetzten 72 Institute und 26 Kliniken total 4'650 Mitarbeitende. "Dazu werden sie in nächster Zeit noch einiges hören", prophezeite der Uni-Prorektor Forschung Alexander Borbély an der gestrigen FGCZ-Eröffnung vielversprechend. Auch sonst wachsen Uni und ETH immer enger zusammen. Bereits gibt es neun Doppelprofessuren, zwei Doppelinstitute (Biomedizinische Technik und Neuroinformatik) und drei Kompetenzzentren: In den Neurowissenschaften, den Pflanzenwissenschaften und seit heute in der funktionellen Genomik. Dabei ergeben sich auch Überschneidungen, beispielsweise die Genomik-Forschung in der Pflanzenzüchtung (siehe Kasten).
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Literaturhinweise:
Fussnoten:
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