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Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 23.01.2001 06:00

Ocean Drilling mit der ETH: Woche 2
Arbeit bis um vier Uhr früh

Die zweiten Woche des Bohrprogramms mit ETH-Beteiligung auf der "Joides Resolution" vor der australischen Küste ist geprägt von ersten wichtigen Erkenntnissen - und einer ersten Evakuierung. Ein weiteres Update von ETH-Geologe Flavio Anselmetti, exklusiv für ETH Life.

Von Flavio Anselmetti

Die zweite Woche hat begonnen, die ersten Bohrtests sind vorüber. Einige der Ingenieure wurden von einem Boot abgeholt, das auch noch diejenigen Leute mitbrachte, welche bisher aus Platzmangel noch nicht an Bord kommen konnten. So ein Personenaustausch ist je nach Wellengang nicht ganz einfach, doch sind die ankommenden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erleichtert, als sie nach einem 18-Stunden-Bootstrip, leicht grün im Gesicht, endlich mit dem Kran an Bord gehievt werden.

Man hätte auch einfacher aufs Schiff gelangen können, dafür wesentlich teurer: ein Mitglied der Bohrmannschaft wurde gestern wegen Nierenproblemen mit einem Helikopter abgeholt. Nur weil wir lediglich 200 km von der Küste enfernt bohren, ist eine solche Evakuation überhaupt möglich.

Blick auf den Bohrtisch des 50 Meter hohen Bohrturms.
Blick auf den Bohrtisch des 50 Meter hohen Bohrturms. gross

Wir alle gewöhnen uns so langsam an den Rhythmus der kommenden Wochen; für mich bedeutet dies, dass ich am späten Morgen aufstehe, um drei Uhr meine eigentliche Schicht anfange und dann so gegen vier Uhr früh ins Bett gehe. Die meiste Zeit verbringe ich Berichte schreibend am Computer oder im Kernlabor, wo die Bohrkerne zur Begutachtung aufliegen.

Schon eindrückliche Erkenntnisse

Die Kerne der ersten beiden Bohrlöcher haben bereits eindrücklich gezeigt, welch dramatische Veränderungen dieses Marion Plateau in seiner Vergangenheit durchgemacht hat. Zuunterst im bisher tiefsten Bohrloch, über 500 m unter dem Meeresboden, liegt ein sehr hartes Grundgebirge, das an der ehemaligen Erdoberfläche zu einer relativ flachen Ebene erodiert wurde und sich dann vor über 25 Millionen Jahren am Rande des auseinanderbrechenden australischen Kontinents unter den Meeresspiegel absenkte.

Rekonstruierte Erdgeschichte

Marine, küstennahe Sedimente lagerten sich über diese Fläche und etwas später bildete sich im flachen Wasser aus den Schalen von kalkbildenden Organismen eine sogenannte Karbonatplattform. Die Kerne dieser Plattform sehen spektakulär aus und weisen teilweise eine intensive Rotfärbung auf, die wahrscheinlich von einem plötzlichen Trockenlegen dieser Plattform stammt.


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Dreimal ETH-Bezug
Drei ETH-Absolventen auf der "Joides Resolution": Peter Blum, Alexandra Isern und der Autor, Flavio Anselmetti. (v.r.n.l.)

Der Meeresspiegel muss sich also relativ rasch abgesenkt haben. Anschliessend, als der Meerespiegel wieder anstieg und sich die Kruste weiter absenkte, wurde die Plattform wieder vom Meer überflutet und wir finden feinkörnige Ablagerungen aus tieferem Wasser, die diese ehemalige Plattform überlagern. Heute liegen alle diese Zeugen der Vergangenheit unter dem Meeresboden, und nur die Bohrkerne des Ocean Drilling Programs ermöglichen es uns, diese Geschichte im Detail zu rekonstruieren. Nachdem ich mich letzte Woche über die multikulturelle Belegschaft gefreut habe, habe ich mittlerweile festgestellt, dass auf diesem Schiff beinahe mehr Schweizerinnen und Schweizer sind als im heimischen Geologischen Institut der ETH. Eigentlich erstaunlich, denn im Schnitt darf die Schweiz im Jahr nur 1,2 Leute als wissenschaftliches Personal auf das Schiff schicken, aber ich zähle mindestens fünf.

Die treibende Kraft

Da ist einmal Pascal Kindler von der Universität Genf, dann Cedric John, ein Schweizer Doktorand an der Universität Stuttgart. Überdies Peter Blum, ein ehemaliger ETHler, der am ODP Headquarter in Texas arbeitet. Er ist der Staff Scientist dieser Cruise; Gregor Eberli, auch ein ETH-Absolvent, von der University of Miami, schliesslich ich selber. Dann haben wir zwei Leute aus den USA, die lange in der Schweiz gelebt haben: Alexandra Isern aus Washington, sie machte an der ETH ihre Doktorarbeit und war die treibende Kraft hinter diesem Bohrprojekt, und Steve Burns aus Amherst, Massachussets, der elf Jahre an der Universität Bern arbeitete.

Heli-Evakuation
Notfallhilfe aus der Luft: Heli-Evakuation von der "Joides Resolution".

Von all diesen Personen zählt aber nur Pascal Kindler offiziell als Schweizer, denn ich, zusammen mit Alexandra Isern wissenschaftlicher Leiter, bin kein Teil der Quota, und die anderen arbeiten an ausländischen Universitäten. Also lediglich 1,0 Plätze sind für dieses Jahr aufgebraucht, womit noch 0,2 Plätze frei bleiben - mal schauen, welche zwei Zehntel sich für zukünftige ODP Legs anmelden werden.


Literaturhinweise:
Den ersten Logbucheintrag von der "Joides Resolution" finden sie unter: www.ethlife.ethz.ch/tages/show/ODPAnselmettiLog1.html
Weiterer Bericht über das Ocean Drilling Program: www.ethlife.ethz.ch/portraet/show/ETHaufSee.html
Homepage des ODP: www-odp.tamu.edu/



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