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Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 14.03.2001 06:00

Wissenschaftsbeziehungen Schweiz-Baltikum
Baltische Unis: Über die Schweiz nach Europa

Estland, Lettland und Litauen streben den Beitritt zu NATO und EU an. Doch noch immer leidet das Baltikum unter der Rückständigkeit seiner postkommunistischen Strukturen, auch im Wissenschafts- und Forschungsbereich. Jetzt gibt es eine Schweizer Initiative, die das ändern will: die Gebert Rüf Stiftung lässt die einst engen wissenschaftlichen Bande zwischen der Schweiz und dem Baltikum wieder aufleben.

Von Norbert Staub

"Zunächst muss Vertrauen geschaffen werden", betont Max Schweizer mehrmals. Der Diplomat mit Zürcher Wurzeln, der in Finnland diente und von dort aus auch Estland betreute, arbeitet seit gut einem Jahr als Delegierter für das Baltikum der Gebert Rüf Stiftung. Diese hat vor kurzem ihre an schweizerischen Hochschulen konzentrierte Nachwuchsförderung auf technische Universitäten in den drei baltischen Staaten ausgedehnt. - Warum gerade das Baltikum? "Estland, Lettland und Litauen wurden in der Vergangenheit von der Schweizer Politik und Wirtschaft etwas vernachlässigt. Dabei gab es bis zum Zweiten Weltkrieg enge Beziehungen Schweiz-Baltikum - gerade in Sachen Wissenschaft."

Traditionsreiche Beziehungen

Zahlreiche Schweizer Wissenschaftler lehrten einst an baltischen Universitäten. Mit Wilhelm Ritter war im 19. Jahrhundert sogar ein späterer ETH-Rektor Professor am Polytechnikum in Riga. "Wir wollen dieses Netz wieder aufleben lassen", betont Schweizer. Zur Zeit aber ist der Raum für die Schweizer Forschung noch weitgehend Terra Incognita. Die postkommunistische Ära hat hier noch nicht dieselben Früchte getragen wie beispielsweise in Polen.

Das soll sich jetzt ändern. Man spürt, dass dem rührigen Diplomaten sein Auftrag zur Herzensangelegenheit geworden ist: "Diese Länder haben ein grosses intellektuelles Potential", schwärmt Schweizer. Estland etwa habe eine Internet-Durchdringung von gut 30 Prozent der Bevölkerung: "Das ist der Level Englands". Kein Wunder, haben Unternehmen wie Nokia und Ericsson das Land als ihren High-Tech-Produktionsstandort längst entdeckt. Lettland und Litauen liegen in ihrer Entwicklung dem gegenüber etwas zurück.

Lieber die Schweiz als die EU

Woran es fehle, seien Forschungsmittel - und vor allem einmal Kontakte. Hierfür kreierte Schweizer das Amt der "Swiss Science Officers": allesamt junge Baltinnen und Balten, die für den Kontakt ihrer Universitäten mit der Schweizer Szene sorgen sollen. Der Este Peep Palumaa, Biotechnologe an der Tallinn Technical University, ist einer von ihnen. Er war, zusammen mit den Litauern Dziugas Vaiciunas, Aina Budvytyte und Vytautas Ostasevicius sowie der Lettin Evita Serjogina letzte Woche an der ETH und beim Paul Scherrer Institut zu Gast.


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swiss science officers
Baltische "Swiss science officers" und ihr Mentor: Peep Palumaa (Estland), Initiant Max Schweizer, Evita Serjogina (Lettland) und Dziugas Vaiciunas (Litauen) (v.l.). gross

Wäre Europäische Union nicht der naheliegendere Partner? "Die EU bietet zwar Geld für Forschungsprojekte an; bis es allerdings fliesst, vergehen Jahre", sagt Dziugas Vaiciunas, "das entmutigt viele." Der Kontakt mit Schweizer Institutionen sei weit unkomplizierter und ergiebiger, meint Vaiciunas.

Von der ETH erhoffen sich die baltischen Institutionen einiges. Aber was hat die ETH davon? Rechnet sie mit einem "Return on Investment"? Im Leitbild der ETH stehe, man wolle "im Sinne einer längerfristigen Strategie struktur- und entwicklungsschwachen Ländern besondere Aufmerksamkeit" schenken, sagt Anders Hagström vom Prorektorat für internationale Beziehungen. "Ob man ein Land wie Estland als "entwicklungsschwach" beschreiben kann, wenn die Wirtschaft jährlich um sieben Prozent wächst, weiss ich aber nicht", räumt Hagström ein. Die ETH hofft jedenfalls, durch eine solche Kooperation ihre wissenschaftliche Beziehungen zu den baltischen Hochschulen erleichtern zu können."Eine Zusammenarbeit ist nicht unbedingt symmetrisch", so Hagström. "Man gibt etwas, und bekommt etwas anderes, vielleicht sogar etwas, was man nicht erwartet hatte."

Willkommene ETH-Hardware

Der Este Peep Palumaa kann ein erstes handfestes Resultat des Schweizer Networking bereits vorweisen: Seine Uni ist dankbare Abnehmerin eines älteren NMR-Spektrometers, auf das die ETH verzichten kann. Und im Bereich Chemie sind erste gemeinsame Forschungsprojekte aufgegleist; geplant ist der Austausch von Studierenden und Doktorierenden. "Die Arbeitsbedingungen für Forschende in der Schweiz sind einmalig", sagt Palumaa. Und Max Schweizer ergänzt: "Die ETH hätte noch Kapazitäten für Doktoranden. Es wäre doch schön, längerfristig ein Dutzend baltische Doktorstudierende hierher zu bringen." Die Kontakte, die darauf hinauslaufen sollen, werden jetzt geknüpft.


Literaturhinweise:
Weitere Informationen zum Baltikum-Engagement der Gebert Rüf Stiftung finden Sie unter: www.grstiftung.ch/
Eine von der Gebert Rüf Stiftung initiierte Web-Informationsdrehscheibe Schweiz-Baltikum finden Sie unter http://www.swissbaltic.net



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