ETH Life - wissen was laeuft

Die tägliche Web-Zeitung der ETH Zürich - in English

ETH Life - wissen was laeuft ETH Life - wissen was laeuft
ETH Life - wissen was laeuft
Home

ETH - Eidgenoessische Technische Hochschule Zuerich - Swiss Federal Institute of Technology Zurich
Rubrik: Tagesberichte
Print-Version Drucken
Publiziert: 16.02.2001 06:00

3sat stellt an der ETH Frisch-Sendereihe vor
Ein Autor wird besichtigt

"jetzt: max frisch" heisst das Motto der 3sat-Reihe, die den Schweizer Schriftsteller von Weltrang aus Anlass des zehnten Todestags mit rund 35 Sendungen umfassend porträtiert. Fernseh- und Radioverantwortliche aus Deutschland, Österreich und der Schweiz haben gestern an der ETH das Programm vorgestellt.

Von Norbert Staub

In Max Frischs Biographie nimmt die ETH zweimal eine markante Position ein: zu Beginn der geistigen Sozialisation, als er 1936 bis 1940 Architektur (und mit gleicher Hingabe etwa "Fragen der Weltpolitik" bei Karl Meyer) studierte. Dann im forgeschrittenen Alter, als er sich Gedanken über seinen Nachlass machte und die ETH sich als Stätte eines Max-Frisch-Archivs abzeichnete. In den 20 Jahren seines Bestehens ist es unter Walter Obschlager für die Forschung zum unentbehrlichen Fundus und für Interessierte zum wichtigen Informationszentrum geworden. Grund genug also, die ETH zum Schauplatz zu machen, wenn es um die Präsentation einer internationalen Sendereihe zu Frischs Leben und Schaffen geht.

"Operation geglückt"

"Operation geglückt", bemerkte SF-DRS-Chefredaktor Filippo Leutenegger etwas gar technokratisch in bezug auf den 3sat-Programmschwerpunkt, der zwischen 2. April und 3. Mai Filme, Theateraufzeichnungen, Gespräche und Dokumentationen zu Frisch auf den Bildschirm bringt. Frisch-Fans sollten sich also mit Video-Cassetten eindecken. Es gibt ein Wiedersehen mit "Biedermann", "Journal I-III" oder dem "Palaver", aber auch mit Raritäten wie dem "Triptychon" oder einem Gespräch mit Frisch in seinem New Yorker "Exil".

3sat-Verantwortliche aus drei Ldndern
Die Koordinatoren der Frisch-Offensive: 3sat-Verantwortliche Norbert Waldmann (ARD), Peter Zurek (ORF), Luis Bolliger (DRS) und Engelbert Sauter (ZDF) (v.l.n.r.). gross

Die Schweizer TV-Leute hätten ein solches Mammutprogramm, so Leutenegger, "alleine nicht fertig gebracht". Denn vor allem in Archiven der ARD, diesem Verbund von zahlreichen deutschen Länder-Anstalten, liegen wahre Schätze der Frisch-Filmographie, wie auch Luis Bolliger von SF DRS freimütig bekannte. "Wir sind eben der kleinste 3sat Partner", so Bolliger. Entsprechend könne von den anderen profitiert werden. Mit "Play Dürrenmatt" (1996) und jetzt Frisch könne die Schweiz aber auch immer wieder entscheidende inhaltliche Impulse liefern.

Mit Frisch gegen "medialen Rinderwahn"

Zum zehnten Todestag - und zum 90. Geburtstag - den grossen Autor via Fernsehen in Erinnerung zu rufen, vor allem auch einer jüngeren, mit dem Menschen Frisch nicht mehr vertrauten Generation, sei eine "edle Aufgabe", so Leutenegger. Engelbert Sauter, 3sat-Koordinator des ZDF, will das Frisch-Projekt gar als konzertierte Massnahme gegen die fortschreitende Versimpelung der Bildschirminhalte (durch private Anbieter wohlgemerkt) verstanden wissen: das nationenübergreifende Bekenntnis der Öffentlich-Rechtlichen zu einem kritischen Geist wie Frisch diene auch dazu, der massenhaften Verbreitung von "medialem Rinderwahn" die Stirn zu bieten. Und Norbert Waldmann von der ARD doppelte nach, dass Frischs Nachdenken über Identität und Gesellschaft ihn gegenüber einem Phänomen wie "Big Brother" wohl zu klugem Ein- und Widerspruch gereizt hätte.


weitermehr

max frisch
Wichtiger Konnex zur ETH: Max Frisch. gross

Der "strukturelle Vorteil", den der Gemeinsschaftssender 3sat biete, werde dazu genutzt, "Kultur selbst herzustellen", sagte Waldmann, dessen Sender 21 der 35 Produktionen zum Zyklus beisteuert. Darunter sind alle Stücke (so die Uraufführung von Andorra am Schauspielhaus Zürich), die Spielfilme, Dokus wie jene vielstündige von Philippe Pilliod unter dem Motto "Max Frisch, Erzähler", die mit dem älteren Frisch in seinem Haus in Berzona gedreht wurde. Auch der wichtigste österreichische Beitrag steht im Zeichen der Aktualität: gezeigt wird eine aktuelle Neuinszenierung von "Don Juan oder die Liebe zur Geometrie" des Theaters in der Josefstadt.

Keinen Aufwand gescheut

Veritable Kleinkunstwerke sind, wie eine kurze Videodemonstration zeigte, die als TV-"Bauchbinden" konzipierten dreiminütigen Kurzfilme, realisiert von SF-DRS-Redaktor Ernst Buchmüller. Über 40 sollen es werden, um jeweils die abendlichen 3sat-Hauptproduktionen einzuleiten. Buchmüller hat keinen gestalterischen Aufwand gescheut, um die Aperçus mit Frisch-Originaltönen und -bildern in die Gegenwart zu übertragen. "Die Filme sollen so daherkommen, wie wenn Frisch gestern zu uns gesprochen hätte", so Buchmüller. Bemerkenswert etwa der Clip, der den Architekten Frisch zum Thema macht: "Wem gehört der Boden?" hört man Frisch darin fragen - darauf stosse unweigerlich, wer sich als Architekt mit Städtebau beschäftige. Der Öffentlichkeit entzogen und privater Spekulation ausgeliefert, sei Städtebau für ihn "so gut wie ausgeschlossen". Frisch: "Das war der Moment, wo ich politisiert wurde."

Leiser, aber ebenso spannend

Leiser, aber mitnichten weniger interessant und ebenso international würdigt das Medium Radio den Schriftsteller. DRS 2 bringt seltene Zeugnisse, etwa einen Kommentar Frischs zu seiner eigenen Don-Juan-Inszenierung in Zürich oder Peter Bichsels Sendung zum 70. Geburtstag seines Freundes Max Frisch. Dazu aktuelle Gesprächsrunden, wo nach der heutigen Vitalität des Werks oder den Gründen für das oftmalige Scheitern von Frisch-Verfilmungen gefragt wird. Der Südwestrundfunk und Radio Bremen produzieren eine Hörversion des Romans "Homo faber" in 23 Folgen.

Damit nicht genug: das älteste und adäquateste Medium zur "Frisch-Sause", wie DRS-Pressesprecher René Bardet sagte, darf nicht fehlen: das Buch zum Anlass "jetzt: max frisch" kommt Mitte März in den Handel und entstand in Zusammenarbeit mit dem Frisch-Archiv der ETH. Es bietet in 25 Kapiteln mit Texten, Dokumenten und Fotos einen fundierten Einstieg ins Werk von Max Frisch.


Gemeinsam für anspruchsvolles Fernsehen

3sat ist das Satellitenprogramm der öffentlich-rechtlichen Sender ZDF, ORF, SRG und ARD. Es legt den Schwerpunkt auf Kultur und Wissenschaft. Gegründet wurde es 1984, produziert wird beim ZDF in Mainz. Ziel ist, anspruchsvolle Programme zu günstigeren Sendezeiten auszustrahlen und diese mit Neuproduktionen zu ergänzen.

Einige Höhepunkte des 3sat-Programmschwerpunkts "jetzt: max frisch":

2. April: Blaubart, Fernsehfilm von Krzysztof Zanussi5. April: Max Frisch, Erzähler (1); Videogespräch von Philippe Pilliod7. April: Andorra; Aufführung aus dem Schauspielhaus Zürich10. April: Zürich-Transit; Fernsehfilm von Hilde Bechert14. April: Don Juan oder die Liebe zur Geometrie: Aufführung in Wien.15. April: Homo faber: Spielfilm von Volker Schlöndorff22.April:Palaver, Palaver; eine Herbstchronik 1989 von Alexander J. Seiler28. April: Biografie: Ein Spiel29. April: Max Frisch, Journal I-III; eine filmische Lektüre von Richard Dindo.



Literaturhinweise:
Weiterführende Informationen: www.3sat.de/



Sie können zu diesem Artikel ein Feedback schreiben oder die bisherigen lesen.




!!! Dieses Dokument stammt aus dem ETH Web-Archiv und wird nicht mehr gepflegt !!!
!!! This document is stored in the ETH Web archive and is no longer maintained !!!