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Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 15.01.2001 06:00

"Ocean Drilling Program", Woche 1:
Start in Townsville, Australien

Seit wenigen Tagen ist der ETH-Geologe Flavio Anselmetti als Co-Chief Scientist für zwei Monate auf dem Forschungsschiff "Joides Resolution" unterwegs in der Coral Sea vor Australien - ETH Life berichtete. Hier das erste der wöchentlichen Updates, die Anselmetti unseren Leserinnen und Lesern liefert.

Von Flavio Anselmetti

Schon aus dem landenden Flugzeug heraus ist die Silhouette des 50 Meter hohen Bohrturms der "Joides Resolution", auszumachen, die eigentlich erst später in den Hafen hätte einlaufen sollen. Vor uns liegen 55 Tage auf See - ohne Landkontakt. Entgegen dem ursprünglichen Fahrplan hatte die vorhergehende Bohrkampagne "Leg 193" des "Ocean Drilling Programs", bei der der Meeresboden vor Papua-Neuguinea erbohrt wurde, zwei Tage weniger lang gedauert. Das heisst, dass wir, 26 Geologinnen und Geologen aus verschiedenen Ländern, zwei Tage früher ablegen werden. Aus den gemütlichen Tagen in Townsville wird nichts - die Vorbereitungen laufen sofort auf Hochtouren.

Notfall-Drill am zweiten Tag

Die Übergangsphase zwischen den einzelnen Forschungsfahrten ist jeweils der Moment, wo das neue Team, das zwei aufregende Monate vor sich hat, auf das alte trifft, das nach zwei Monaten auf hoher See endlich an Land gehen kann. Viel Zeit, die zahlreichen Wiedersehen und Abschiede gebührend zu feiern, bleibt diesmal nicht. Die letzten ankommenden Forscher werden in aller Eile vom Flughafen aufs Schiff gebracht, die Gangway wird hochgezogen, und wir sind unterwegs.

Wvchentliche Routine: "Abandon-Ship"-Alarm
Ab jetzt wöchentliche Routine: "Abandon-Ship"-Alarm. gross

Sofort kriegen wir von Kapitän Tom Ribbens die ersten Instruktionen über Sicherheit an Bord. Alle, die über die Weihnachtstage "Titanic" im Fernsehen gesehen haben, können sich leicht vorstellen, wie die Vorschriften seit jenen Tagen verschärft wurden. Von nun an wird es jede Woche einen Testalarm geben, und alle müssen daran teilnehmen - auch wer gerade schläft. Bei einem solchen "Abandon Ship"-Alarm müssen alle Schiffsbewohner sofort mit Helm und Schwimmweste ausgerüstet die Rettungsboote ansteuern.


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Die "Joides Resolution" im Hafen von Townsville.
Kurz vorm Start: Die "Joides Resolution" im Hafen von Townsville, Australien. gross

Bei unserem ersten Drill am zweiten Tag an Bord benutzt jeder von uns Wissenschaftlern seine eigene Technik, die Schwimmweste anzuziehen. - Da wir in den Tropen operieren, brauchen wir glücklicherweise nicht die speziell für kaltes Wasser designten Survival-Anzüge zu tragen. (Diese bleiben den Forschern in polaren Gebieten vorbehalten und hätten wohl auch Leonardo di Caprio gerettet.) Dann wird der Einstieg in die Rettungsboote und deren Bedienung geprobt. Wir sind uns nachher einig, dass wir auf einen Ernstfall mit maximal 56 Personen in diesen Rettungsbooten doch lieber verzichten wollen - auch wenn, wie man uns versichert, die bereits eingepackten Vorräte für ein paar Wochen reichen.....

Öffnen unentdeckter Archive

Die ETH-Life Leser werden sich fragen, was diese 26 Wissenschaftler dazu motiviert, zwei Monate lang ununterbrochen in Zwölf-Stunden-Schichten auf einem Bohrschiff zu arbeiten. Auf der einen Seite ist es die Möglichkeit, noch unentdeckte geologische Archive unter dem Meeresboden zu erforschen. Jeder der anwesenden Wissenschaftler hat das Recht, die Bohrkerne zu bearbeiten und Proben zu nehmen. Die Teilnahme gibt uns somit ein Privileg, geologische Forschung durchzuführen, welches wir nicht hätten, wenn wir einfach zu Hause blieben.

Dazu kommt aber natürlich eine gewisse Abenteuerlust und die Freude, in einem in jeder Hinsicht multikulturellen Team zu arbeiten. Auf dem Schiff befinden sich über hundert Personen. Zum einen der Kapitän (ein Holländer) und sein Team von Ingenieuren, Funkern, etc. (vor allem Amerikaner), dann die Equipe, die für die Verpflegung und Unterkunft zuständig ist (Portugiesen), die Bohrmannschaft (Filipinos), die Techniker des ODP und schliesslich die Wissenschaftler aus neun verschiedenen Nationen.

Vor zwei Tagen sind wir bereits an der ersten Bohrstelle in 380 Meter Wassertiefe angelangt. Die ersten Sedimentkerne sind schon gebohrt und an Deck. Was die Auswertungen dieser Kerne uns erzählen, werde ich nächste Woche an dieser Stelle berichten, im wöchentlichen Update vom Marion Plateau in der Coral Sea.


Literaturhinweise:
Weitere Informationen zum "Ocean Drilling Program": www-odp.tamu.edu/



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