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Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 02.02.2001 06:00

Podiumsdiskussion: Kommerzialisierung der Forschung
Kommerz ohne Schmerz

Die ETH-transfer-Podiumsveranstaltung zu Chancen und Risiken der Kommerzialisierung der Forschung von vergangenem Dienstag resultierte in einem einstimmigen Lob einer engen Verbindung von Hochschule und Industrie. Die Stellungnahmen zu damit verbundenen Gefahren waren allerdings sehr vage, da kaum konkrete Beispiele diskutiert wurden.

Von Dora Fitzli

Wer von der Podiumsdiskussion „Die Kommerzialisierung der Forschung – Chancen und Gefahren“ eine hitzige Auseinandersetzung oder zumindest eine lebhafte und offene Diskussion erwartet hatte, wurde enttäuscht. Das lag vielleicht daran, dass die eingeladenen Exponentinnen und Exponenten aus Wissenschaft und Wirtschaft allesamt Direktbeteiligte oder Befürworter einer engen Zusammenarbeit von Hochschule und Industrie waren. Die Gegenseite fehlte, seien das nun Forscherinnen, die in der Kommerzialisierung eine Bedrohung ihrer Disziplin sehen oder Vertreter aus der Politik, die vermehrt die Interessen der Öffentlichkeit eingebracht hätten.

Die ETH-Professorin Sabine Werner, deren Gruppe sich mit Wachstumsfaktoren und Gewebsregeneration, insbesondere mit Wundheilung der Haut beschäftigt, beschreibt ihre Erfahrungen mit Firmen als unterschiedlich. Positiv sei, dass so eine schnelle Umsetzung ihrer Forschungsresultate stattfinde, was sie der Bevölkerung ja auch schuldig sei. Weiter seien grosse Mengen Forschungsgelder in das Labor geflossen. Projekte wurden ermöglicht, die akademisch sonst nicht möglich gewesen wären. Durch die Firmen-Kooperationen hätten sie Zugang zu vielen interessanten Reagenzien bekommen. Negativ seien Firmen, die glauben, sie könnten sich mit einer einzigen Kooperation das gesamte Labor-Know-how aneignen oder die Forschung in eine bestimmte Richtung drängen. Um das zu verhindern, müsse man sich vertraglich gut absichern und vor allem auch bei der Wahl der Firma sehr vorsichtig sein.

Lizenzrechte für die Schublade

Bei der Wahl des Kooperationspartners müsse man ausserdem darauf achten, dass die Nutzungsrechte eines Patentes von einer Firma auch wirklich für die Entwicklung von Produkten verwendet werden, unterstrich Alison Campbell, Direktorin des Londoner Medical Research Councils, einer staatlichen Institution zur Förderung medizinischer Forschung. Im schlimmsten Fall würden die Lizenzrechte nämlich nur erworben, um das Wissen unter Verschluss zu halten. Solche Vorfälle gelangen natürlich normalerweise nicht an die Öffentlichkeit, doch kürzlich wurde der Vizepräsident der Staubsaugerfirma Hoover gefilmt, wie er im Zusammenhang mit einer Patentstreitigkeit sein Bedauern darüber geäussert hat, nicht die exklusiven Lizenzrechte erworben zu haben, um das ganze in eine Schublade stecken zu können. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Absicherung, im akademischen Bereich ungehindert mit dem Wissen weiterarbeiten zu können. Die Forschungsfreiheit müsse gewährleistet sein.

Grundlagenforschung mit angewandtem Touch

Für Frau Werner ist das kein Problem. Sie betont, dass ihre Firmenkooperationen keinen direkten Einfluss auf ihre Forschung haben. „Unsere Forschungszusammenarbeiten mit der Industrie sind Kooperationen im Bereich der Grundlagenforschung, die zwar einen angewandten Touch haben, aber es ist auf jeden Fall Grundlagenforschung. Und diese Projekte sind durchwegs Projekte, die von mir oder unserem Labor ausgehen und die dann von der Industrie übernommen werden, weil sie auch für die Industrie interessant sind. Entweder sie werden akzeptiert oder sie werden nicht akzeptiert. Und dann gibt es diese Industriekooperationen nicht. Wir sind ja glücklicherweise in einer Lage, wo wir uns leisten können, auch durch unsere akademischen Mittel, die Forschung zu betreiben, die wir wirklich wollen.“


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Podium Wissenschaft Kommerz
Kommerzialisierung der Forschung: Alle profitieren. gross

Dass nicht ganz alle in einer so komfortablen Ausgangslage sind, belegen die Erfahrungen des Ingenieurs Michael Oberle. In seinem Bereich würden viele Doktoranden durch Drittmittel finanziert, was mit sich bringt, dass man auch relativ kurzfristige Projekte mache, vielleicht in einem Zeitraum von 15 bis 18 Monaten. Und niemand würde einem eine Garantie geben, dass man am Ende eine Verlängerung erhalte. Auch ihm sei das passiert. Da habe er beschlossen, das Heft selbst in die Hand zu nehmen. Trotzdem ist er natürlich als zukünftiger Spin-off-Gründer im Bereich des Chip-Designs für die Kommerzialisierung der Forschung.

Grundlagenforschung gefährdet?

Ein zweiter Schwerpunkt war die Diskussion über das Verhältnis von Grundlagen- und angewandter Forschung. Moderator Rolf Probala - Leiter Corporate Communications der ETHZ - fragte, ob durch die zunehmende Kommerzialisierung der Forschung (siehe Kasten) die Grundlagenforschung bedroht sei. Albert Waldvogel, Vizepräsident für Forschung und Wirtschaftsbeziehungen der ETH Zürich, sieht da keine Gefahr, denn die Entwicklung der 200 Forschungsgesuche der ETH zeige in den letzten 10 Jahren kaum eine Abkehr von der Grundlagenforschung. „Innerhalb der ETH gibt es keine Hierarchie zwischen Grundlagenforschung und angewandter Forschung. Wichtig ist eine gesunde Mischung. Eine ETH kann ohne Grundlagenforschung nicht überleben", sagte Waldvogel. Anderseits sei der Trend, dass man Forschungsresultate auch wirklich umsetzen kann, auch ganz entscheidend. "Weil es eben auch den Schritt aus dem berühmten und nicht mehr so aktuellen Elfenbeinturm Richtung Praxis erleichtert, in der Ausbildung, in der ganzen Mentalität wahrscheinlich.“

Auch Peter Terwiesch, Direktor des ABB-Forschungszentrums, plädiert für ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Grundlagenforschung und anwendungsorientierter Forschung. „Denn letztlich muss auch irgendwo wieder Geld hereinkommen.“ Und weiter: „Wir stehen ganz offen dazu, dass wir keine Grundlagenforschungsinstitution sind, sondern wir existieren, weil sich das für die Firma lohnt.“


Verstärkte Kommerzialisierung

1990 erhielt die ETH Zürich 26.7 Mio. Franken vom Schweizerischen Nationalfonds. 1999 waren dies 33.1 Mio., was einer Zunahme von 24 Prozent entspricht. Im Vergleich hat die Industriefinanzierung um 69 Prozent zugenommen (von 25.8 Mio. im Jahr 1990 auf 43.7 Mio. Franken im Jahr 1999).

Zusätzlich erzielt die ETH auch Einnahmen aus Patentverkäufen und Lizenzverträgen. 1998 waren dies 450'000, 1999 gar 3.2 Mio. Franken. Für 2000 rechnet man wieder mit einem Rückgang der Einnahmen. Doch die fetten Jahre kommen vielleicht erst. In den vergangenen 2 bis 3 Jahren wurden viele Lizenzverträge abgeschlossen, die erfahrungsgemäss erst nach drei bis fünf Jahren wirklich Geld einbringen.






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