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Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 21.02.2003 06:00

Chemie und Angewandte Biowissenschaften
"Echter Campus für Life Sciences“

Das Departement Chemie und das Institut für Pharmazeutische Wissenschaften haben sich zum neuen Departement „Chemie und Angewandte Biowissenschaften“ zusammengeschlossen. Im Herbst 2004 wird das neue D-CHAB der ETH Zürich auch räumlich vereint: auf dem Hönggerberg.

Von Michael Breu

Die Erwartungen sind hoch, die Voraussetzungen bestens: Das neue Departement „Chemie und Angewandte Biowissenschaften“ soll „zum wichtigen Baustein für einen echten Campus für Life Sciences“ werden, betont Heidi Wunderli-Allenspach, Professorin am Institut für Pharmazeutische Wissenschaften der ETH Zürich. Ein erster Schritt ist getan: Anfang 2003 haben sich das Departement Chemie (1) unter Leitung von Professor François Diederich und das Institut für Pharmazeutische Wissenschaften unter Leitung von Heidi Wunderli-Allenspach (2) nach nur neun Monaten Vorbereitung zusammengeschlossen. Heute bilden sie das Departement „Chemie und Angewandte Biowissenschaften“, kurz: das D-CHAB.

Synergien nutzen

„Fachlich werden wir viel Synergien nutzen können“, sagt Heidi Wunderli-Allenspach. „Wir können zum Beispiel vom grossen Know-how der Chemie profitieren – Analytik und Synthese sind zwei Beispiele dafür –, andererseits bringen wir Fachwissen in Biopharmazie, Pharmakologie und Galenik ein.“ François Diederich stimmt zu: „Die Synergien sind gross“, sagt er und illustriert es am Beispiel der pharmazeutischen Chemie: „Bis Anfang der 1990er-Jahre haben die Chemiker ein Zielmolekül, ein Target, ausgewählt. Dann haben sie sich rangesetzt und während drei bis vier Jahren Substanzen gekocht – und viel Geld ausgegeben. Schliesslich haben sie ein von der in vitro Aktivität her hoch wirksames Molekül erhalten, das dann Pharmakologen testeten. Nicht immer mit Erfolg. – Heute setzen sich in der Pharmaindustrie Chemiker und Pharmazeuten schon vom Anfang eines Projektes an zusammen.

Universität Zürich-Irchel: Im Sommer 2004 wird das Institut für Pharmazeutische Wissenschaften ausziehen. gross

Überhaupt: Die beiden Fachgebiete haben sich einander stark angenähert, verbindendes Glied ist das Bestreben von Erkenntnissen und Wissen auf molekularer Basis. Ein möglicher Ansatz für die Entwicklung von Arzneistoffen ist das Computer Modelling, das Visualisieren des Zielmoleküls am Bildschirm. Darauf folgt das systematische Auswerten der Daten, ein analytischer Prozess. Haben die Modellier ein Molekül gefunden, das auf dem Computer gute Wirksamkeit verspricht, dann machen sich die Chemiker an die Arbeit. Im Labor wird die Substanz hergestellt und analysiert. Das Testen der pharmakokinetischen und pharmakodynamischen Eigenschaften erfolgt parallel; es wird untersucht, ob das Molekül wirkt, wie es vom Körper aufgenommen, abgebaut und ausgeschieden wird. „Wir haben jetzt alle Institute unter einem Dach, keine Barrieren mehr, die uns räumlich trennen“, sagt François Diederich.

Zumindest demnächst. Denn bis zum Herbst 2004 bleibt das heutige Institut für Pharmazeutische Wissenschaften auf dem Campus der Universität Zürich-Irchel eingemietet (Stockwerkeigentum im Gebäude 17), während das Departement Chemie bereits auf dem Hönggerberg seine Labors betreibt (im Gebäude HCl).


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Die letzten beiden Finger entstehen auf dem Hönggerberg: Bald sind Chemiker und Pharmazeuten Nachbarn. gross

„Wir werden während den Sommerferien 2004 umziehen“, sagt Heidi Wunderli-Allenspach. „Die Planung der neuen Labors haben wir soeben abgeschlossen, die neuen Geräte werden in den nächsten Monaten bestellt.“ Der Umzug selbst, so vermutet Heidi Wunderli-Allenspach, werde etwa zwei Wochen dauern – vorausgesetzt, alles läuft nach Plan. „Zusammen mit dem Institut für Mikrobiologie des Departements Biologie und dem Departement Materialwissenschaften werden wir die neuen beiden Finger beziehen.“

Kritik an den Basler Plänen

Erneut fällt im Gespräch der Begriff „Life Sciences“ (3): „Dazu gehört die enge Zusammenarbeit von Chemie, den Pharmazeutischen Wissenschaften und der Pharmakologie für ein Produkt, dass für die Bevölkerung nützlich und wichtig ist“, definiert der Chemiker François Diederich, und die Biowissenschafterin Heidi Wunderli-Allenspach ergänzt: „Zu den Life Sciences gehören die Wissenschaften, die sich mit Leben in allen seinen Erscheinungsformen befassen, von der Biologie über die Physik und Chemie zur Werkstoffforschung.“ Das „Netzwerk Arzneimittel“, das D-CHAB, sei die Schnittstelle der Life Sciences. „Ich glaube, dass dieses Zusammengehen ein erfolgreiches Beispiel ist für das Engagement der Basis, der Professoren und der Schulleitung für eine moderne Forschung und Lehre“, findet François Diederich.

So frisch die Freude, ein erster Frust plagt: „Wir sind jetzt zusammen, und schon sind wir unglücklich über Bewegungen, die von der Politik der Wissenschaft aufgedrängt werden; ich spreche von der geplanten ETH-Erweiterung in Basel“, sagt François Diederich und findet: „Es wäre ein schwerer Fehler, wenn man es realisiert“ (4), (5). Denn: Gleichzeitig mit der Fusion zum neuen D-CHAB habe man die technische Chemie zum Institute of Chemical and Bioengineering umgewandelt, das Aufgabenspektrum entsprechend erweitert. Deshalb würde man mit der Umsetzung des geplanten Basler Institutes für „Bioengineering“ dem Zürcher Institut „einen harten Schlag versetzen.“

Neuer Lehrgang in Medicinal Chemistry

Diederich, noch bis Oktober 2004 Vorsteher des D-CHAB, bleibt dennoch zuversichtlich und hebt die Eigenentwicklung hervor: „In der Lehre haben wir die grosse Herausforderung angenommen, einen Studiengang in Medicinal Chemistry auf Masters-Stufe zu entwickeln“, sagt er. Heidi Wunderli-Allenspach, sie wird die Leitung des D-CHAB im 2004 übernehmen, erklärt: „Der Studiengang soll Grundlagen vermitteln, die in der Arzneimittelforschung gefragt sind.“ Medicinal Chemistry sei das Bindeglied zwischen den Pharmazeutischen Wissenschaften und der Chemie, der Studiengang eine ideale Karrierenchance für Studenten, die sich in Life Sciences weiterbilden wollten (6).

Das Institut für Bewegungs- und Sportwissenschaften – bis Ende 2002 bildete es zusammen mit dem Institut für Pharmazeutischen Wissenschaften das Departement Angewandte Biowissenschaften – wechselte übrigens Anfang Jahr zum Departement Biologie (7), welches neu den Studiengang in Bewegungswissenschaften und Sport anbietet (8).


Fussnoten:
(1) Departement Chemie: www.chem.ethz.ch
(2) Departement Angewandte Biowissenschaften: www.anbi.ethz.ch
(3) Life Sciences Zürich: www.lifescience-zurich.ch
(4) "Ein ETH-Departement in Basel?", ETHlife vom 17.Februar 2003: www.ethlife.ethz.ch/articles/tages/ETH_Basel.html
(5) "Stotternder Start für eine Basler ETH-Filiale", NZZ am Sonntag vom 16. Februar 2003: archiv.nzz.ch/books/nzzsonntag/0/$8OC3Z$T.html
(6) Einen idealen Einblick in die Arbeit gibt das "Journal of Medicinal Chemistry": pubs.acs.org/journals/jmcmar
(7) Departement Biologie: www.biol.ethz.ch
(8) Institut für Bewegungs- und Sportwissenschaften: www.ibsw.ethz.ch



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