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Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 06.09.2005 06:00

Ulrich W. Suter repräsentiert die ETH im Komitee "Forschungsstandort Schweiz für die Bilateralen"
„Ablehnung wäre ein dramatischer Rückschritt“

Am 25. September stimmt die Schweizer Bevölkerung über die Ausdehnung der Personenfreizügigkeit auf die neuen EU-Länder ab. Komitees aus verschiedenen Gesellschaftsbereichen setzen sich für ein „Ja“ ein, so auch das Komitee "Forschungsstandort Schweiz für die Bilateralen". Ulrich W. Suter, Vizepräsident für Forschung, vertritt darin die ETH. Er spricht über die Wichtigkeit der Abstimmung für die Forschung.

Interview: Ursina Wirz

„ETH Life“: Wo platzieren Sie die Schweizer Forschung im Vergleich mit der Forschung in den EU-Staaten?

Ulrich W. Suter: Wir sind ganz vorne mit dabei. (1)

Welche Rolle spielt dabei das Personenfreizügigkeitsabkommen?

Die Ausdehnung des Personenfreizügigkeitsabkommens ist für uns sehr wichtig. Mit den Bilateralen 1 kam eine grosse Veränderung. Als diese Verträge in Kraft getreten sind, hat sich der administrative Aufwand deutlich verkleinert. Es wurde für uns aber auch schwieriger, Personen aus Ländern ausserhalb der alten EU einzustellen. Es brauchte längere Prozesse. Dafür haben Personen aus den EU-Ländern sehr einfach Zugang gefunden zur ETH. Sie konnten ohne grosse Anstrengungen im Forschungsbereich angestellt werden.

Was bringen internationale Studierende, Mitarbeiter und Professoren der ETH Zürich?

Es geht darum, dass man mit den besten Fachkräften aus einem möglichst grossen geografischen Raum zusammenarbeiten kann. Sicher europaweit, am liebsten aber global. Forschung war schon immer eine globale Tätigkeit.

Wie profitiert der Forschungsstandort Schweiz und speziell die ETH Zürich von einer Ausweitung des Personenfreizügigkeitsabkommens auf die neuen EU-Länder?

Osteuropa ist schon jetzt gut vertreten an der ETH. Wir haben zum Beispiel viele Ungaren und Tschechen. Wenn diese Personen einen vereinfachten Zugang hätten, würde das administrative Kosten und Anstrengungen sparen. Ein „Ja“ am 25. September würde auch die Zusammenarbeit mit Schulen und Universitäten in den neuen EU-Ländern vereinfachen, die im Moment noch schwierig ist.


"Forschungsstandort Schweiz für die Bilateralen"

Der Austausch und die Zusammenarbeit mit der EU sind für die Forschung von grosser Bedeutung. Davon ist das Komitee "Forschungsstandort Schweiz für die Bilateralen" (3) überzeugt, wie gestern Montag in Bern an einer Medienkonferenz deutlich wurde. „Forschung geschieht in Netzwerken“, sagte die Waadtländer FDP-Ständerätin Christiane Langenberger, Präsidentin von Euresearch, einem Verein, der Schweizer Teilnahmen an den europäischen Forschungsprogrammen unterstützt. Eine Ablehnung des Abkommens hätte schwerwiegende Folgen und würde die Tür zum europäischen Forschungsplatz schliessen. Es bestehe sogar die Gefahr, so Langenberger, dass die EU die Bilateralen 1 kündige, was ein Ende der Teilnahme der Schweiz am Forschungsrahmenprogramm der EU zur Folge hätte.

„Ein Nein würde uns ins Mittelalter zurückversetzen“, meinte Beat de Coi, Geschäftsführer der CEDES Holding AG. Durch die Teilnahme an einem Forschungsprojekt der EU konnte sich seine Firma als Technologieführer etablieren. Das Komitee weist darauf hin, dass viele KMUs von der Teilnahme an Forschungsprojekten profitieren. Nicht zuletzt würden auch viele junge Wissenschaftler von einem Ja am 25. September profitieren. Schweizer würden bei der Stellensuche im Ausland nicht mehr diskriminiert, und auch der Austausch von Studierenden wäre unbürokratischer und somit einfacher, so Christiane Langenberger. Das Komitee „Forschungsstandort Schweiz für die Bilateralen“ besteht aus 35 Forschenden, darunter auch Nobelpreisträger Rolf Zinkernagel und Rektoren verschiedener Schweizer Universitäten (uw).




"Forschung kennt keine Landesgrenzen": Ulrich W. Suter, Vizepräsident für Forschung an der ETH Zürich. gross

Erhofft sich die ETH von der Erweiterung ein Sparpotential in der Anstellung von neuen Mitarbeitern?

Jeder Friktionsverlust ist ein Verlust. Administrativer Ärger kostet Geld, und diese Kosten könnten eingespart werden.

Was meinen Sie zum Vorwurf der Gegner des Abkommens, man wolle durch die Anstellung von Arbeitskräften aus Osteuropa Lohnkosten sparen?

Das ist überhaupt nicht wahr. Die Kosten werden durch die Bundesverwaltung im Quervergleich festgelegt. Man kann nicht einen Mitarbeiter aus Budapest billiger einstellen als einen Mitarbeiter aus Konstanz. Man versucht auch innerhalb der ETH durch Quervergleiche gerechte Löhne zu zahlen. Natürlich stehen die Löhne unter Druck, von der Industrie ausgehend, aber man kann nicht jemandem einen kleineren Lohn zahlen, bloss weil er aus Polen kommt. Doch das ist sowieso nicht der wichtigste Punkt in dieser Abstimmungsvorlage.

Was wären die Folgen einer Ablehnung für den Forschungsstandort Schweiz und speziell für die ETH Zürich?

Würde diese Vorlage abgelehnt, wäre die Möglichkeit gross, dass auch die Bilateralen 1 fallen würden. Das hiesse, unsere Zusammenarbeit mit den EU-Staaten würde wieder erheblich erschwert. Wir hätten dann keinen Zugang mehr zum europäischen Forschungsrahmenprogramm (2), für welches wir im Moment an 160 laufenden Projekten beteiligt sind - eine für uns sehr wichtige Zusammenarbeit. Mit der Annahme der Ausdehnung des Personenfreizügigkeitsabkommen auf die neuen EU-Länder könnte diese Zusammenarbeit weiter ausgedehnt werden. Eine Ablehnung wäre ein dramatischer Rückschritt.

Seit dem Eintreten der Bilateralen Verträge ist die Schweiz Mitglied in diesem Forschungsrahmenprogramm der EU. Wie sieht die Zukunft der Forschungszusammenarbeit aus?

Wir möchten mit den am besten geeigneten und interessierten Leuten Forschung betreiben. Diese Zusammenarbeit kennt keine Landesgrenzen.

In wie vielen Projekten dieses Forschungsrahmenprogramms ist die ETH mittlerweile federführend?

Die ETH ist im Moment „leading house“ in zwei Projekten. Diese Funktion können wir erst seit 2004 einnehmen. Unser Hauptinteresse besteht jedoch nicht darin, „leading house“ zu sein, sondern laufende Projekte mitzugestalten und Inhalte zu bestimmen. Eine zweite wichtige Rolle spielt das Geld, welches wir von der EU zur Verfügung gestellt bekommen für Forschungsprojekte innerhalb des Forschungsrahmenprogramms. Diese Mittel würden mit einer Ablehnung der Abstimmungsvorlage gefährdet. Vor dem Inkrafttreten der Bilateralen 1 waren wir nur Lohnforscher, eigentliche „Handlanger“, für Forschungsprojekte der EU. Wir waren zwar Partner, konnten aber nicht mitbestimmen.


Fussnoten:
(1) Eine Vergleichsdarstellung der Schweizer mit der internationalen Forschung findet man in der Medienmitteilung des Eidgenössischen Departements des Inneren zum Forschungsabkommen Schweiz-EU: Forschung/Vergleich
(2) Weitere Informationen zur Teilnahme der ETH am Forschungsrahmenprogramm der EU: www.euresearch.ethz.ch/
(3) Weitere Informationen zum Komitee "Forschungsstandort Schweiz für die Bilateralen": www.forschung-pro-bilaterale.ch



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