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Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 02.10.2002 06:00

Nationalrat lanciert GenLex-Debatte
"Kühlen Kopf bewahren"

Hier werde sich jetzt ein mit Spannung erwarteter „Poliltthriller“ abspielen, sagte zum Auftakt der Nationalrats-Debatte zur GenLex gestern der Sprecher der Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur (WBK), Heiner Studer (EVP, AG). Bereits zu Beginn zeichnete sich ab, worum am meisten gerungen wird: um die Frage, ob im neuen Gentech-Gesetz neben dem Schutzgedanken die Forschungsinteressen genügend berücksichtigt seien.

Von Norbert Staub

„Wir haben eine Vorlage und können entscheiden“, sagte Heiner Studer und rief dazu auf, dem Ansinnen von Unzufriedenen auf FDP- und SVP-Seite, die den ganzen Gesetzgebungsprozess neu aufrollen wollten, nicht zu folgen und angesichts der heiklen und schwierigen Materie kühlen Kopf zu bewahren. Unter der Führung von Pierre Triponez argumentierten diese, das Gesetz laufe seiner ursprünglichen Idee völlig zuwider und sei zum "Verhinderungsgesetz" für die Gentech-Foschung mutiert.

Wertet das Gesetz in gegenwärtiger Form als Gentech-Verhinderungsinstrument: Christine Egerszegi (FDP, AG).

Entstanden ist die GenLex in der Tat als Gegenentwurf zur Genschutz-Initiative, die 1998 vom Volk wuchtig verworfen worden war. Dass zum Beispiel die Pflanzenwissenschaften der ETH Zürich in gewissen Bereichen grosse Mühe mit ihrem Nachwuchs bekunden, wertete Triponez als alarmierendes Signal, dass der Wissenschaft in diesem wichtigen Sektor in der Schweiz zunehmend Steine in den Weg gelegt würden. Ins selbe Horn stiessen der Waadtländer Nationalrat Jacques Neirynck (CVP, er brachte einen Rückweisungsantrag ein), der Neuenburger Claude Frey , die Aargauerin Christine Egerszegi (beide FDP) sowie mehrere Mitglieder der Liberalen Fraktion. Die Forschung werde mit einem solch restriktiven Gesetz wohl oder übel ins Ausland ausweichen müssen. Dem hielt Kommissionsmitglied Chiara Simoneschi (CVP, TI) entgegen, dass gerade der umstrittene Artikel 6, in welchem in mehreren Stufen der Freisetzung von gentechnisch veränderten Organismen zu Forschungszwecken geregelt wird, internationalem Standard entspreche.


Mehr Handlungsspielraum für die Forschung
Der Vorschlag der CVP-Nationalrätin Kathy Riklin lockert die der Forschung angelegten Fesseln erheblich, indem (a) die Freisetzung nicht mehr von der Bedingung abhängig gemacht werden soll, dass der Erkenntnisgewinn mit „natürlichen Organismen“ nicht möglich ist. Zudem soll die Freisetzung auch einen Beitrag zur Biosicherheitsforschung leisten, dies aber nicht ausschliesslich, wie im WBK-Entwurf vorgesehen. Weiter soll es (c) beim Verbot der gentechnisch eingebrachten Resistenzgene bleiben. Und schliesslich soll die Verbreitung von gentechnisch veränderten Organismen nicht absolut, sondern „mit höchster Wahrscheinlichkeit“ ausgeschlossen werden können.



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Bot mit ihrem Vorschlag Hand zum Kompromiss: die Zürcher CVP-Nationalrätin Kathy Riklin.

Die Gegner der Vorlage kritisieren zudem die aus ihrer Sicht, viel zu strenge, ja absurde und „weltweit einzigartige“ Haftungsregelung: „Das ist, wie wenn der Autohersteller für jene Schäden haftbar gemacht wird, die ein betrunkener Autofahrer verursacht“, sagte Frey.

"Titanenkampf" zwischen Pro und Kontra

Und Hansruedi Wandfluh (SVP, Bern) fehlt jegliches Verständnis für die in der GenLex geplante Regelung, dass Apotheker für bewilligte und fehlerfreie Produkte, die sie verkaufen und von Patienten falsch angewendet werden, haften sollen. „Das Unvorhersehbare muss vorhersehbar sein“, kritisierte die Basler Liberale Christine Wirz von Planta den Geist solcher Auflagen. Dennoch beschloss der Rat mit 119 zu 62 Stimmen, auf die Vorlage einzutreten; die Detailberatung wird heute Mittwoch fortgesetzt.

"Selten hat man ein so hartes Lobbying erlebt", blickte die Zürcher CVP-Nationalrätin Kathy Riklin auf die Ereignisse im Vorfeld zurück. Hier wüte ein regelrechter „Titanenkampf zwischen Gentechnophilen und Gentechnophoben“. Ihr Votum widerspiegelte die Position der CVP, die sich als Mittlerin zwischen den verhärteten Fronten versteht. Es überrascht deshalb nicht, dass ein Kompromissvorschlag von Kathy Riklin zum Artikel 6, der seit dem vergangenen Wochenende die Runde macht, bereits zum Auftakt der Debatte breite Beachtung fand (siehe Kasten).

Risiko, instrumentalisiert zu werden

Dieser Kompromissvorschlag führe „in die richtige Richtung“, hatte Rolf Probala, Leiter der Corporate Communications der ETH, bereits Ende letzter Woche erklärt. Die Nationalrätinnen Anita Fetz und Simonetta Sommaruga (SP) insinuierten daraufhin im Rat, ETH und die Schweizerische Akademie der Naturwissenschaften seien gegen die Rückweisung und für die vorliegende Fassung der Genlex.

Falsche Annahme: SP-Nationalrätin Anita Fetz.

"Dies ist ein Kurzschluss. Die Forscherinnen und Forscher äusserten sich nicht zum Gesetzgebungsprozedere, sondern nur zu den zentralen Forschunganliegen“, stellt Rolf Probala klar. Immerhin hat das offensichtlich wirkungsvolle Engagement der Forschenden bei der GenLex dazu geführt, dass Forschungsbelange jetzt mit im Zentrum der Debatte stehen. „Damit gehen sie auch das Risiko ein, von verschiedenen Seiten instrumentalisiert zu werden“, so Probala.




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